Kommentar Selbstfahrende Autos: Niemand will es gewesen sein
Bisher ist die Schuldfrage bei Unfällen einigermaßen überschaubar. Wenn die Software am Steuer sitzt, wird es viel komplizierter.
H acker, die Flotten selbstfahrender Autos aus der Ferne selbst steuern. Hersteller und Versicherungen, die so viele Daten aus den Autos ziehen, dass sie das Fahrverhalten besser kennen als der Fahrer selbst. Es gibt diverse Gründe, die gegen mit Software vollgestopfte, automatisierte Autos sprechen. Doch die Diskussion, die gerade mit Blick auf den bevorstehenden Gesetzentwurf geführt wird, hat damit leider nicht viel zu tun. Sondern mit etwas viel Banalerem: der Haftungsfrage.
Das Problem in Kürze: Niemand will schuld sein, wenn etwas passiert. Klar, das ist nicht anders als jetzt auch schon, doch derzeit verteilt sich die Zahl der potenziellen Unfallverursacher meist auf einen eher übersichtlichen Kreis. War es der von rechts oder die von links? Doch wenn die Software am Steuer sitzt, wird alles viel komplizierter.
Hat zum Unfallzeitpunkt tatsächlich gerade die Software gelenkt? Und warum hat sie den Querverkehr nicht gesehen? Dreck auf der Kamera? Fehler im Algorithmus? Hintertür in der Software, die gerade ein Angreifer ausgenutzt hat? Viel Spaß dabei, wenn am Ende Richter beurteilen müssen, ob ein Programmierfehler vorlag.
Wenn Verkehrsminister Dobrindt also die Fahrenden zu einem „Mindestmaß an Aufmerksamkeit“ verpflichten will, entspricht das zwar dem Forschungsstand, denn vom selbstständigen Fahren sind die Autos noch weit entfernt. Doch es hat einen weiteren Effekt: Es nimmt die Hersteller aus der Pflicht. Das ist eine industriefreundliche, aber keine gute Idee.
Denn Software tendiert dazu, Fehler zu haben. Die Frage ist nur, ob mehr oder weniger. Selbst in einem AKW wurde schon Schadsoftware entdeckt. Wer Auto-Software so sicher wie irgend möglich machen will, muss daher auch die Fahrzeughersteller in die Pflicht nehmen. Sie müssen den Quellcode offenlegen, ihn überprüfbar machen, mit externen Hackern zusammenarbeiten. Mehr Transparenz – für die Autokonzerne wäre es mal was Neues.
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