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Kommentar Selbstfahrende AutosNiemand will es gewesen sein

Kommentar von Svenja Bergt

Bisher ist die Schuldfrage bei Unfällen einigermaßen überschaubar. Wenn die Software am Steuer sitzt, wird es viel komplizierter.

Hände weg vom Lenkrad? Beim selbstfahrenden Auto ist das zumindest zeitweise eine Option Foto: dpa

H acker, die Flotten selbstfahrender Autos aus der Ferne selbst steuern. Hersteller und Versicherungen, die so viele Daten aus den Autos ziehen, dass sie das Fahrverhalten besser kennen als der Fahrer selbst. Es gibt diverse Gründe, die gegen mit Software vollgestopfte, automatisierte Autos sprechen. Doch die Diskussion, die gerade mit Blick auf den bevorstehenden Gesetzentwurf geführt wird, hat damit leider nicht viel zu tun. Sondern mit etwas viel Banalerem: der Haftungsfrage.

Das Problem in Kürze: Niemand will schuld sein, wenn etwas passiert. Klar, das ist nicht anders als jetzt auch schon, doch derzeit verteilt sich die Zahl der potenziellen Unfallverursacher meist auf einen eher übersichtlichen Kreis. War es der von rechts oder die von links? Doch wenn die Software am Steuer sitzt, wird alles viel komplizierter.

Hat zum Unfallzeitpunkt tatsächlich gerade die Software gelenkt? Und warum hat sie den Querverkehr nicht gesehen? Dreck auf der Kamera? Fehler im Algorithmus? Hintertür in der Software, die gerade ein Angreifer ausgenutzt hat? Viel Spaß dabei, wenn am Ende Richter beurteilen müssen, ob ein Programmierfehler vorlag.

Wenn Verkehrsminister Dobrindt also die Fahrenden zu einem „Mindestmaß an Aufmerksamkeit“ verpflichten will, entspricht das zwar dem Forschungsstand, denn vom selbstständigen Fahren sind die Autos noch weit entfernt. Doch es hat einen weiteren Effekt: Es nimmt die Hersteller aus der Pflicht. Das ist eine industriefreundliche, aber keine gute Idee.

Denn Software tendiert dazu, Fehler zu haben. Die Frage ist nur, ob mehr oder weniger. Selbst in einem AKW wurde schon Schadsoftware entdeckt. Wer Auto-Software so sicher wie irgend möglich machen will, muss daher auch die Fahrzeughersteller in die Pflicht nehmen. Sie müssen den Quellcode offenlegen, ihn überprüfbar machen, mit externen Hackern zusammenarbeiten. Mehr Transparenz – für die Autokonzerne wäre es mal was Neues.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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10 Kommentare

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  • Es wäre schon praktisch gewesen, wenn der Autor des Kommentars sich zunächst ein paar grundlegende Rechtskenntnisse angeeignet hätte.

     

    Das BGB hat sich in (fast) 120 Jahren als vorzüglich geeignet erwiesen, Antworten auf Fragen zu geben, an die im 19. Jhdt. noch niemand gedacht hat. Automatisierte Prozesse gibt es mittlerweile und zunehmend in zahllosen Lebensbereichen, selbstfahrende Autos bilden da einen (kleinen) Ausschnitt. Die damit zusammenhängenden Rechtsfragen werden seit längerem diskutiert; welche Antwort die Rechtsprechung am Ende geben wird, ist zwar noch ungewiss, die Instrumente sind aber vorhanden.

     

    Im Übrigen ist es natürlich ein typischer Beissreflex, aber grundfalsch zu glauben, eine fortbestehende Verantwortlichkeit des Fahrzeugführers ändere etwas an der Verantwortlichkeit des Software-Herstellers; dazu muss man nur zwischen Außenhaftung und Innenverhältnis unterscheiden können.

     

    Allein in Allem: Ein "typisch deutscher" Text, in dem Angst vor Veränderungen und Ahnungslosigkeit eine unheilige Allianz eingehen - so etwas kennt man sonst eher aus rechtsgerichteten Milieus.

  • Was ist daran eigentlich kompliziert?

    Bei uns gibt es die Halterhaftung - das gilt auch für teilweise oder ganz selbstfahrende Autos. Natürlich gibt es Leute, die dies abschaffen wollen und dieses Risiko auf die Unfallopfer abschieben möchten - aber das ist schlicht unverschämt.

    Der Halter haftet also über seine Haftpflichtversicherung - ob Schuld oder nicht Schuld. Wenn dann das System Schuld war, kann die Versicherung den Hersteller in Regress nehmen - auch das ist bislang schon so wenn z.B. das ABS-System einen Herstellungsmangel gehabt hat.

    Es gibt also keine neuen juristischen Probleme bei der Haftung für selbstfahrende Autos - nur unverschämte Forderung nach einer durch nichts begründeten Haftungsreduktion.

    • @Velofisch:

      Der Halter kann dem Verkäufer genausowenig den Fehler nachweisen, wie er VW den Abgasbetrug nachweisen konnte. Auf der Basis kann man rechtsstaatlich keine Haftung oder gar strafrechtliche Täterschaft aufbauen.

    • @Velofisch:

      Eine verschuldensunabhängig Haftung geht viel zu weit. Dann brauchen sich Fahrradfahrer und Fussgänger garnicht mehr an die Verkehrsregeln halten. Bisher wird die Halterhaftung duch das eventuelle Mitverschulden des anderen Unfallteilnehmers reduziert. Von daher halte ich Ihren Vorschlag für nicht gangbar.

  • Eigentlich ist der Gesetzentwurf ziemlich dumm. Aber Herr Dobrindt hat damit ja hier hinreichend Erfahrung.

     

    Welchen Grund gibt es für den Käufer ein autonom fahrendes System zu kaufen, bei dem er im Schadensfall in Haftung steht, weil im qua Gesetz die Verletzung seiner Aufsichtspflicht unterstellt wird? Richtig überhaupt keinen. Es geht hier lediglich darum ein Produkt beim Kunden reifen zu lassen und diesem die Haftung aufzudrücken. Man müsste schon von ähnlicher Schläue wie Herr Dobrindt sein um so ein Produkt zu kaufen.

  • Grundsätzlich bin gegen selbstfahrende Autos, weil ich es gruselig finde, dass ich mein Leben einem Computer anvertraue, der womöglich gehackt oder mit irgendwelcher Schadsoftware belastet ist. Auch sehe ich einen Computer noch nicht mit der Komplexität des Straßenverkehrs fertig werden. Aber auch mir ist klar, dass sich diese Entwicklung nicht aufhalten lässt, deswegen sollten doch wenigstens die Hersteller gesetzlich in die Pflicht genommen werden alles für den Schutz der Verkehrsteilnehmer zu unternehmen. Da sehe ich aktuell mal wieder den Gesetzgeber hinterherhinken.

  • Also ich muss als Radfahrer nach wie vor für meinen Vordermensch, die hinter mir aufbrausenden Drängler und die ÜBerholer, die nicht kuckenden Abbieger und die Fußgänger aufpassen.

    • @nzuli sana:

      Wenn Sie (wie von der Strassenverkehrsordnung vorgesehen und durch die Rechtsprechun bestätigt) unter allen Umständen einen Sicherheitsabstand von 1.5 Meter zu Fussgängern einhalten, sind diese eigentlich nicht mehr so sehr gefährdet.

      • @TurboPorter:

        Das BGH hat 70 cm zum Gehweg als ausreichend erachtet, wenn man auf der Fahrbahn fährt.

         

        (Seltsamerweise reich ja, da Radwege sichere sind, als die Fahrbahn, dort 0 cm Abstand, um mit 60 km/h an Fußgängern vorbeizufahren ... oder etwa nicht?)

    • @nzuli sana:

      Richtig. Das geht mir als Autofahrer genauso.