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Kommentar Schweizer Spitzel in NRWBeim Geld hört die Freundschaft auf

Kommentar von Otto Diederichs

Die Empörung über einen „platzierten“ Informanten in der Finanzverwaltung von NRW ist groß. Und doch wird alles weitergehen wie bisher.

Schweizer Schoki – garantiert spionagefrei Foto: dpa

D eutschland und die Schweiz sind befreundete Staaten. Also sind auch die deutschen und die eidgenössischen Geheimdienste befreundet. Und wenn man in diesem Gewerbe einen befreundeten Geheimdienstler dabei erwischt, wie er in fremden Zuständigkeiten wildert, bleibt die Reaktion darauf gewöhnlich nach außen hin unsichtbar. Hinter vorgehaltener Hand heißt es vielleicht: „Du bist aber ein Böser. Geh' mal lieber schnell wieder nach Hause“. Und seinem Chef sagt man mit erhobenem Zeigefinger: „Nicht noch mal!“ Aber diesmal ist es anders – und das lässt auf richtige Verärgerung schließen.

Doch von vorn: Seit dem Jahr 2006 kaufen mehrere Bundesländer – allen voran Nordrhein-Westfalen – in der Schweiz und Liechtenstein unter der Hand immer mal wieder CDs mit den Bankdaten von deutschen Steuersündern. Der Vorgang war auch hierzulande anfangs nicht unumstritten. Doch da auf diesem Wege größere Milliardensummen zurück in deutsche Steuerkassen flossen und ängstlichere Steuersünder sich lieber gleich selbst anzeigten um Strafgelder zu vermeiden, sah man über rechtliche Bedenken geflissentlich hinweg.

Die Schweizer hat es offenbar mehr gewurmt und so beauftragten sie den Agenten Daniel M., eine Liste mit den Namen und persönlichen Daten deutscher Steuerfahnder zu vervollständigen. Er tat, was in diesem Gewerbe üblich ist: Er bot einem Informanten Franken gegen Informationen über deutsche Steuerfahnder an.

Offenbar war er erfolgreich, denn bereits mehrere Fahnder erhielten in der Schweiz Haftbefehle wegen „nachrichtlicher Wirtschaftsspionage“ und „Verletzung des Bankgeheimnisses“. Daniel M. wurde wegen Spionage verhaftet. NRW-Finanzminister Walter-Borjans (SPD) empört sich: „Solche Räuberpistolen (müssen) unterbleiben“. Man müsse schnell zu einer konstruktiven Zusammenarbeit kommen.

Nun wird es noch einige Tage öffentlich so weitergehen und dann wird man sich einigen. Zumindest für einige Zeit und danach geht wohl alles klandestin weiter. Beim Geld hört eben jede Freundschaft auf.

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6 Kommentare

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  • „Solche Räuberpistolen (müssen) unterbleiben“

     

    Richtig! Deutschland muss aufhören illegal erlangte Daten zu kaufen (und somit die Räuberpistole stecken lassen).

    Erst selbst gegen das Gesetz verstoßen und dann Anklage erheben.

     

    Deutschland, du armes Land...

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @Ted:

      Und die Schweiz muss aufhören mittels Lockspitzeln andere zu kriminellen Handlungen zu verleiten.

      Ach ja. Und sie muss aufhören anderen bei schwerem Steuerbetrug zu helfen oder sie dazu anzustiften.

      • @60440 (Profil gelöscht):

        Es ist die Rede von dem einen "Lockspitzel", meiner Meinung nach auch gerechtfertigt. Es wurden aus Sicht der Schweiz Straftaten begangen, die sie aufklären wollen. Ich sehe ihn eher als verdeckten Ermittler.

         

        Der Steuerbetrug sollte unterbunden werden, aber nicht durch kriminelles Verhalten.

        Zuerst sollte man sich in Deutschland mal anschauen, was gegen den Steuerbetrug getan wird, welche Mittel angesetzt werden und wie kontrolliert wird. Hier wird nicht genug dagegen getan (kostet ja zuviel), deshalb nimmt man den einfachen Weg.

      • @60440 (Profil gelöscht):

        "mittels Lockspitzeln andere zu kriminellen Handlungen zu verleiten" - Das ist wirklich eine herzige Formulierung, so ein bisschen wie aus dem protestantischen Katechismus.

         

        Nicht wirklich gerichtsfest "ich bin gar nicht kriminell, ich wurde durch einen Lockspitzel verleitet", aber herzig.

      • @60440 (Profil gelöscht):

        Man könnte noch weiter gehen: die Finanzminister müssen aufhören zu glauben, daß Ihnen ein Anteil der Einkommen der "Bürger" in beliebiger Höhe quasi per natürlichem Recht zusteht...

        • @Wurstprofessor:

          Dem Finanzminister steht nicht ein Anteil in "beliebiger" Höhe per natürlichem Recht zu sondern ihm steht ein definierter Anteil per gesetztem Steuerrecht zu.

          Oder wollen Sie sagen, dass Steuerhinterziehung doch nur Notwehr sei? Das Problem ist dann nur, dass sich nur Wohlhabende auf diese Art wehren können.

          Wenn dann der Staat wegen fehlendem Geld nicht mehr funktioniert, kann das den oberen 10%

          egal sein, dem Rest nicht.