Kommentar Schufa: Kaffeesatzleserei statt Vertrauen
Wer erfahren will, was die Schufa so alles über einen speichert, hat es schwer. Verbraucherfreundlichkeit sieht anders aus.
E gal ob Kredit, Mobilfunkvertrag, Onlineeinkauf oder Wohnungssuche – an der Schufa und ihrer Bewertung der eigenen Zahlungsfähigkeit ist kein Vorbeikommen. Dabei gibt sich die Auskunftei gerne zahm, wirbt mit dem Slogan „Wir schaffen Vertrauen“. Doch das Gegenteil ist richtig: Beim Verbraucher schafft die Schufa vor allem Misstrauen.
Natürlich gibt es Bereiche, in denen die Informationen der Auskunftei wichtig sind. Das Geschäft mit der Kreditvergabe gehört dazu. Nicht umsonst schreibt der Gesetzgeber vor, dass eine Bank die Bonität des Kreditnehmers prüfen muss, bevor Geld fließt. Doch im Gesetz steht weder, dass er dafür die Schufa nutzen, noch, dass überhaupt eine Auskunftei eingeschaltet werden muss.
In der Praxis machen es sich die meisten Banken zu leicht: Das Ergebnis der Schufa-Abfrage ist nur ein paar Mausklicks entfernt. Ist es gut, hat der Kunde eine Chance, ist es zu schlecht, war’s das dann mit dem Kredit. Einen individuellen Blick auf den Interessenten? Vielleicht mal durchrechnen, was er mit dem Geld eigentlich machen will, wie seine Einkünfte und Ausgaben sonst sind? Fehlanzeige.
ist Redakteurin für Netzökonomie der taz.
Dazu kommt: Die Schufa stellt nicht nur die harten wirtschaftlichen Daten bereit, wie geplatzte Kredite oder Zahlungsunfähigkeit. Sie ist vor allem bekannt für ihre Kaffeesatzleserei in Form des Scores, einer Art Prognose darüber, ob der Kunde wohl zahlen wird. Zu häufig umgezogen, noch nie einen Kredit aufgenommen, zu jung? Dann die Onlinebestellung bitte nur mit Vorkasse. Und der Vermieter will doch lieber den Bewerber mit dem 99-Prozent-Score.
Wer erfahren will, was die Schufa so alles über einen speichert, und vor allem, was dieser Zahlenwust eigentlich zu bedeuten hat, dem legt die Schufa weitere Steine in den Weg. Vertrauen geht anders.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte
Schwarz-Grün als Option nach der Wahl
Söder, sei still!