Kommentar Rückeroberung von Kobani: Ein wichtiger Sieg für die Kurden
Die Kurden haben einen Teil von Kobani zurückerobert. Ein Erfolg, der sich bereits an anderen Fronten des Krieges bezahlt macht.
L ange hat man von Kobani, der kurdischen Stadt unmittelbar an der türkisch-syrischen Grenze, die seit Monaten von Milizionären des sogenannten Islamischen Staats (IS) belagert wird, nichts mehr gehört. War der Kampf der Kurden im letzten September noch ein Thema für die Medien weltweit, wurde es anschließend still um Kobani.
Der Grund dafür war ziemlich simpel: Nachdem es den Kurden dank amerikanischer Luftunterstützung wider alle Erwartung gelungen war, ihre Stadt gegen den IS zu halten, passierte in den vergangenen Monaten nicht mehr allzu viel. Doch im mörderischen Stellungskrieg, im Kampf von Straße zu Straße, von Haus zu Haus können die Kurden jetzt einen eindrucksvollen Erfolg melden: Mindestens 80 Prozent des Stadtgebiets und einige umliegende Dörfer sind wieder in ihrer Hand.
Bislang haben die Dschihadisten trotz all ihrer Brutalität, mit der sie nicht nur in der Grenzstadt Kobani, sondern in ganz Syrien und auch im Irak Angst und Schrecken verbreiten, sich an dem relativ kleinen Kobani die Zähne ausgebissen. Das ist für die Kurden nicht nur ein sehr großer militärischer, sondern auch ein großer psychologischer Erfolg, der sich bereits an anderen Fronten des Krieges bezahlt macht.
Der Nimbus des unaufhaltsamen Vormarsches des Islamischen Staats ist unterdessen dahin. Auch um das von Jesiden bewohnte Sindschar-Gebirge im Nordirak, das ebenfalls monatelang von IS-Dschihadisten belagert und beschossen wurde, ist es gelungen, eine Bresche in den Belagerungsring zu schlagen. Nordirakische Kurdentruppen, die Peschmerga, sind dabei, die Jesiden von den Bergen zu holen.
Das sind Erfolge für die Kurden, die allerdings noch weit entfernt von dem sind, was die kurdische Minderheit in Syrien anstrebt. Die syrischen Kurden wollen ein selbst verwaltetes Autonomiegebiet entlang der türkischen Grenze, das bislang aus drei Enklaven besteht, von denen Kobani in der Mitte liegt.
Nach wie vor ist die Stadt von IS-Kämpfern weiträumig umzingelt. Eine Verbindung zu den kurdischen Gebieten im Osten und Westen ist nur über die Türkei möglich, die eine wechselseitige Unterstützung durch kurdische Kämpfer aber verhindert. Eine Lösung liegt deshalb noch in weiter Ferne, vom Rest Syriens oder des Irak gar nicht zu reden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund