Kommentar Rechte Proteste in Dresden: Den öffentlichen Raum gekapert
Rechte haben am Tag der Deutschen Einheit in Dresden eine erschreckende Präsenz gezeigt. Und die Symbolik des Gedenktages in ihr Gegenteil verkehrt.
E s waren nur wenige hundert Menschen, die in Dresden dafür gesorgt haben, dass dieser Tag der Deutschen Einheit in nachdrücklicher Erinnerung bleiben wird. Doch auf die Zahl kommt es nicht an. Diesen Rechtsradikalen ist es gelungen, an einem Tag den öffentlichen Raum zu erobern, an dem nicht nur die deutsche Öffentlichkeit genau hinschaut.
An diesem 3. Oktober haben diese Menschen, bei denen man sich angesichts ihres Verhaltens davor scheut, sie Demonstranten zu nennen, eine Präsenz erreicht, die schaudern lässt. Die Bilder der Pöbler, die nun in die Welt gehen, werden nicht dazu beitragen, Deutschland als ein friedliches Land darzustellen. Es mag pathetisch und staatstragend klingen, aber es stimmt: Sie haben der Bundesrepublik Deutschland Schaden zugefügt.
Gedenktage und Denkmäler dienen in einer Gesellschaft vor allem der Selbstvergewisserung über grundsätzliche Werte. Das ist beim Berliner Holocaust-Mahnmal prinzipiell nicht anders als beim Tag der Einheit. Das eine wurde als eine Verpflichtung des Staats und seiner Bürger dafür errichtet, den Massenmord nicht zu vergessen.
Der 3. Oktober, so seltsam auch sein Datum anmutet und so gewöhnungsbedürftig diese Feiern ablaufen, fungiert als Merkzeichen für die wiedergewonnene Souveränität in einem Staat und angesichts der Diktatur in der DDR auch als Freiheitssymbol.
Wer diesen Tag dazu nutzt, um auf schwerwiegende Probleme in Deutschland aufmerksam zu machen, tut Gutes. Wer ihn aber benutzt, um seinen Hass auf die Politiker herauszuschreien, dem kommt es darauf an, die Symbolik des 3. Oktobers umzukehren und gesellschaftliche Grundsätze in ihr Gegenteil zu verkehren. Deshalb handelt es sich bei den herausgebrüllten Protesten 2016 nicht um ein Randphänomene von marginaler Bedeutung. Wer so mit der Demokratie und seinen gewählten Vertretern umgeht, dem ist wesentlich Schlimmeres zuzutrauen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu