Kommentar Proteste gegen TTIP: BürgerInnen? Igitt!
Die Bürgerinitiative „Stopp TTIP“ hat mehr als 3,2 Millionen Unterschriften gesammelt. Kein hochrangiger EU-Politiker will sie annehmen.
B rüssel ist die europäische Hauptstadt der LobbyistInnen, aber nicht für alle gibt es einen Zugang zu den Zentren der Macht. Wer von einem großen Konzern oder einem mächtigen Wirtschaftsverband geschickt wird, findet schnell und unkompliziert Gehör bei Europas politischen Spitzen.
Haben InteressenvertreterInnen dagegen direkte Botschaften von BürgerInnen im Gepäck, lässt die Europäische Kommission sie lieber vor der Tür stehen. BürgerInnen? Igitt! Das ist die vorherrschende Haltung in Brüssel, die auch TTIP-GegnerInnen zu spüren bekommen.
Die AktivistInnen der europäischen Bürgerinitiative „Stopp TTIP“ haben in 23 Ländern mehr als 3,2 Millionen Unterschriften gesammelt. Das dokumentiert die massenhafte Ablehnung eines Projekts, das im Geheimen verhandelt wird und nach den spärlichen Informationen Unternehmen noch mehr Einfluss verschaffen soll.
Die AktivistInnen wollten Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker oder anderen politischen RepräsentantInnen die Unterschriften übergeben. Die langen Listen mit Namen belegen, dass gegen TTIP eine breite Protestbewegung entstanden ist. Das sollte auch die Offiziellen interessieren.
Doch die europäischen Spitzenpolitiker haben für so etwas keine Zeit. Nach langem Hin und Her hat die Kommissionsverwaltung einen Beamten zu den VertreterInnen der Bürgerinitiative geschickt. Bezeichnend: Bürokratie statt Beteiligung. So wird Europa sicher nicht demokratischer – und das muss es werden.
Dazu müssen sich auch schnellstens Regeln ändern: Die Kommission erkennt die Bürgerinitiative „Stopp TTIP“ nicht an, weil ihr Anliegen nicht den Regularien entspricht. Denn danach dürfen BürgerInnen die Initiative für etwas starten, aber nicht gegen etwas. Sie können Unterschriften für ein Freihandelsabkommen sammeln, aber nicht gegen Verhandlungen über einen geplanten Pakt wie TTIP. Das ist absurd.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee