Kommentar Präsidentenwahl Tschechien: Schafft den Unsinn ab!

Die Direktwahl macht den Präsidenten zu einem mächtigen Volkstribun. Miloš Zeman hat gerade wieder gezeigt, wie falsch das Verfahren ist.

Blick auf den Hradschin, im Vordergrund Möwen

Unten sitzt das „Prager Kaffeehaus“ – und dort oben im Hradschin ein Volkstribun, der spaltet Foto: dpa

Als Tschechien im Jahr 2012 die Direktwahl des Präsidenten einführte, sah man diesen Schritt landesweit als Bereicherung für die Demokratie. Zwei Präsidentschaftswahlen später möchte man nur laut rufen: Schafft diesen Unsinn wieder ab! Was man schon nach den letzten Wahlen 2013 geahnt hat, hat sich gerade wieder bestätigt: Die Direktwahl spaltet das Land und sagt nichts aus über den Zustand der Demokratie. Was wir in Tschechien in den vergangenen Tagen und Wochen beobachten durften, war eine Mischung aus „Einer wird gewinnen“ und „Tschechien sucht den Superstar“.

Tschechien ist eine parlamentarische Republik, in der ein Präsident relativ wenig Vollmachten hat. Die Idee dahinter: der Präsident soll den Staat nicht lenken, sondern ihn nach außen repräsentieren. Die Direktwahl aber macht den Präsidenten zum Volkstribun, in dem der Wähler seine eigenen Wünsche und Hoffnungen reflektiert. Das nimmt dem Amt genauso an Würde wie das Buhlen der Kandidaten um die Gunst des Volkes im Wahlkampf.

Die Erfahrungen in Tschechien haben zudem gezeigt, dass der Präsident seine Wahl per Volksabstimmung als Argument nutzt, viel politischer zu sein, als es die Verfassung vorsieht. Immerhin, so das Argument, genieße man ja die Legitimität des Volkes.

Die Praxis hat allerdings gezeigt, dass die Direktwahl das Volk eher spaltet. Wer glaubte, dass sich die Tschechen nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse im Sinne der Staatlichkeit in die Arme fallen, irrt. Das mag aber vor allem an Miloš Zeman liegen. Der ließ noch am Wahlabend verlauten, jetzt sei es Zeit, dass seine Gegner, für die er sogar eigens den Kampfbegriff „Prager Kaffeehaus“ gemünzt hat, endlich die Klappe hielten.

Damit hat er für seine zweite Amtszeit schon jetzt die Weichen gestellt. Dem alten Mann, das hat die erste Amtszeit bewiesen, bereitet es offensichtlich Freude, die Spaltung der Gesellschaft weiter zu vertiefen. Die direkte Form seiner Wahl verschafft ihm dafür nur noch mehr Munition.

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