Kommentar Posten in der Koalition: Lob des Geschachers
Es geht um Posten und Macht. Und deshalb ist es richtig und wichtig, dass im Findungsprozess mit härtesten Bandagen gekämpft wird.
Heimat-Horst bei der Arbeit Foto: dpa
Postengeschacher. Posten. Geschacher. Pos! Ten!! Ge!!! Schach!!!! Er!!!!! POSTENGESCHACHER. Ja, es nervt. Jeden Tag mehr. Von der FAZ bis zur taz, vom Deutschlandfunk über den Spiegel bis hin zu populistischen Blogs, fast kein Medium kommt aus ohne den Vorwurf an die Parteispitzen von Union und SPD: Denen, heißt es, gehe es doch nur um ihre Posten. Um den Erhalt ihrer Macht, klar. Nur die naheliegende Gegenfrage stellt kaum jemand: Worum soll es den potenziellen Koalitionären denn sonst gehen als um Posten und um Macht?
Das aktuelle Gerangel um Ämter und Sitze mag manchmal geradezu unwürdig wirken – aber es ist nicht das große Problem der Politik. Nein, ganz im Gegenteil, es ist sogar ihre Grundvoraussetzung. Denn darum geht es doch beim Wettbewerb der Ideen: Nur wer sich am Ende durchsetzt, bekommt den erwünschten Gestaltungsspielraum.
Machtmissbrauch, den muss man Politikern vorwerfen. Ohne jeden Zweifel. Aber das darf man nicht mit Machtwillen verwechseln.
Die Kanzlerin hat in dankenswerter Offenheit im ZDF gesagt, natürlich sei sie angetreten, um diese wunderbare Position wieder auszufüllen. Da sie aber von den WählerInnen keine absolute Mehrheit bekommen hat, also keinen Freibrief zur Umsetzung ihrer politischen Versprechen, durfte sie nicht nur, nein, sie musste sogar teils schmerzhafte Kompromisse schließen. Das gehört zum kleinen Einmaleins der Demokratie.
Und dies stimmt keineswegs nur beim immer wieder eingeforderten Streit um die Inhalte, nein, fast noch wichtiger ist der Kampf um die Posten, um die Personen, die diese Inhalte dann auch umsetzen können.
Inhaltsloses Bashing
Was zum Beispiel hat die SPD gewonnen, wenn sie zwar die Benennung einer harten Obergrenze für Flüchtlinge im Koalitionsvertrag vermeiden konnte, dann aber ausgerechnet Horst „Obergrenze“ Seehofer als Innenminister für die Flüchtlingspolitik zuständig wird? Sehr wenig! Und was hat sie umgekehrt gewonnen, wenn der Kompromiss beim Arbeitsrecht mau erscheint, aber ein Sozialdemokrat dann als Minister für die Umsetzung verantwortlich wird? Sehr viel!
Darum ist es richtig und wichtig, dass mit härtesten Bandagen gekämpft wird, dass hier und da ein Konkurrent, ein Mitstreiter sogar ausgebootet wird.
Wer Politikern den unbedingten Willen zur Macht vorwirft, hat von Politik entweder nichts verstanden – oder er bedient bewusst das inhaltslose Bashing gegen „die da oben“. Und das ist in Zeiten immer stärker werdenden Populismus nicht nur unangemessen; es ist sogar brandgefährlich.
Kommentar Posten in der Koalition: Lob des Geschachers
Es geht um Posten und Macht. Und deshalb ist es richtig und wichtig, dass im Findungsprozess mit härtesten Bandagen gekämpft wird.
Heimat-Horst bei der Arbeit Foto: dpa
Postengeschacher. Posten. Geschacher. Pos! Ten!! Ge!!! Schach!!!! Er!!!!! POSTENGESCHACHER. Ja, es nervt. Jeden Tag mehr. Von der FAZ bis zur taz, vom Deutschlandfunk über den Spiegel bis hin zu populistischen Blogs, fast kein Medium kommt aus ohne den Vorwurf an die Parteispitzen von Union und SPD: Denen, heißt es, gehe es doch nur um ihre Posten. Um den Erhalt ihrer Macht, klar. Nur die naheliegende Gegenfrage stellt kaum jemand: Worum soll es den potenziellen Koalitionären denn sonst gehen als um Posten und um Macht?
Das aktuelle Gerangel um Ämter und Sitze mag manchmal geradezu unwürdig wirken – aber es ist nicht das große Problem der Politik. Nein, ganz im Gegenteil, es ist sogar ihre Grundvoraussetzung. Denn darum geht es doch beim Wettbewerb der Ideen: Nur wer sich am Ende durchsetzt, bekommt den erwünschten Gestaltungsspielraum.
Machtmissbrauch, den muss man Politikern vorwerfen. Ohne jeden Zweifel. Aber das darf man nicht mit Machtwillen verwechseln.
Die Kanzlerin hat in dankenswerter Offenheit im ZDF gesagt, natürlich sei sie angetreten, um diese wunderbare Position wieder auszufüllen. Da sie aber von den WählerInnen keine absolute Mehrheit bekommen hat, also keinen Freibrief zur Umsetzung ihrer politischen Versprechen, durfte sie nicht nur, nein, sie musste sogar teils schmerzhafte Kompromisse schließen. Das gehört zum kleinen Einmaleins der Demokratie.
Und dies stimmt keineswegs nur beim immer wieder eingeforderten Streit um die Inhalte, nein, fast noch wichtiger ist der Kampf um die Posten, um die Personen, die diese Inhalte dann auch umsetzen können.
Inhaltsloses Bashing
Was zum Beispiel hat die SPD gewonnen, wenn sie zwar die Benennung einer harten Obergrenze für Flüchtlinge im Koalitionsvertrag vermeiden konnte, dann aber ausgerechnet Horst „Obergrenze“ Seehofer als Innenminister für die Flüchtlingspolitik zuständig wird? Sehr wenig! Und was hat sie umgekehrt gewonnen, wenn der Kompromiss beim Arbeitsrecht mau erscheint, aber ein Sozialdemokrat dann als Minister für die Umsetzung verantwortlich wird? Sehr viel!
Darum ist es richtig und wichtig, dass mit härtesten Bandagen gekämpft wird, dass hier und da ein Konkurrent, ein Mitstreiter sogar ausgebootet wird.
Wer Politikern den unbedingten Willen zur Macht vorwirft, hat von Politik entweder nichts verstanden – oder er bedient bewusst das inhaltslose Bashing gegen „die da oben“. Und das ist in Zeiten immer stärker werdenden Populismus nicht nur unangemessen; es ist sogar brandgefährlich.
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Kommentar von
Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters
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