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Kommentar Parlamentswahl in PolenEntspannter, offener, freizügiger

Kommentar von Gabriele Lesser

Erstmals wird eine antiklerikale und zugleich proeuropäische Partei ins Warschauer Abgeordnetenhaus einziehen. Das schien bis kurz vor der Wahl als unmöglich.

D as Wahlergebnis in Polen zeigt: Dieses Land hat sich verändert. Polen ist nicht mehr nur konservativ und katholisch. Zehn Prozent der Wähler haben sich für die linke, antiklerikale Protestpartei von Janusz Palikot entschieden. Das schien noch am Tag vor den Wahlen unmöglich.

Palikot-Themen wie die Rechte von Minderheiten interessierten die Parteien allenfalls in Sonntagsreden oder EU-Gremien. Das galt auch für die Linksallianz. Nach Palikots Erfolg werden die anderen Parteien nicht mehr an seinen Themen vorbeikommen.

Das spiegelt den Wandel, den Polens Gesellschaft durchgemacht hat. Die junge Generation sieht auf ihren Reisen, dass es anderswo entspannter, offener, freizügiger zugeht, als das in ihrer katholisch geprägten Gesellschaft bislang üblich war. Auch daher finden sie die Happenings und Tabubrüche Palikots erfrischend.

Bild: privat
GABRIELE LESSER

ist Polen-Korrespondentin der taz.

Alle anderen Parteien forderten im Wahlkamp entweder Kontinuität, Stabilität und Berechenbarkeit wie die regierenden Bürgerlichen und die Bauern - oder setzten auf Konfrontation mit Deutschland und Russland, wie die Rechtsnationalen von Recht und Gerechtigkeit. Das Wahlergebnis zeigt auch, dass diese politischen Ziele noch immer die Masse der polnischen Wähler ansprechen.

Trotzdem können die zehn Prozent für Palikot als Zäsur in Polens politischem Leben gewertet werden. Denn nun wird zum ersten Mal eine antiklerikale und zugleich proeuropäische Partei ins Warschauer Abgeordnetenhaus, den Sejm, einziehen. Ob sie Erfolg haben wird, hängt in großem Maße davon ab, ob die bunte Schar ein gemeinsames Programm findet. Auch Parteidisziplin wird nötig sein.

Doch Palikot ist ein erfahrener Politiker. Kaum jemand hätte ihm zugetraut, dass er aus dem "Haufen bunter Vögel" - Lesben, Schwule, Geschäftsleute, Studenten und Feministinnen - eine Partei formen könnte. Er hat es geschafft. Und die Chance, dass er das Bündnis auch zu weiteren Erfolgen führen kann, besteht.

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Auslandskorrespondentin Polen
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2 Kommentare

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  • AG
    Anders Gesehen

    Palikot Entspannter?? Er verhaelt sich primitiv und niveaulos. Wenn er viele Leute beleidigt und erniedrigt, wollen wir das als eine entspannte Haltung ansehen? Was sagt das ueber uns? Palikot ist ein gutes Beispiel von Post-politik, alles ist fuer ihn nur ein Spiel der Macht wegen. Tja, jetzt haben wir Tranvestiten und Lesben/Schwulen im Parlament. Schade, dass ihre einzige Kompetenz und Erfahrung sind, dass sie halt Tranvestiten und Lesben/Schwulen sind.

     

    Offener? Wenn Palikot anatiklerikal ist, heisst es, er sei offener?

     

    Palitkot im Parlament zeigt Schwaeche der Demokratie, Dummheit der polnischen Gesellschaft und auch Taz Autorin, die sich ueber so etwas freut.

  • L
    links

    Die Einordnung von Palikots Partei ins linke Spektrum halte ich für falsch. Sie ist für Bürgerrechte, Bürokratieabbau, eine Trennung von Staat und Kirche und liberale Drogen- und Abtreibungsgesetzgebung, aber sie tritt nicht für soziale Gerechtigkeit und Umverteilung ein. Stattdessen findet sich in ihrem Parteiprogramm die Forderung nach Steuersenkungen und einer deutlichen Senkung des Staatsdefizites, nach einem höheren Renteneintrittsalter und zahlreichen Erleichterungen für Unternehmen. Das ist auch kein Wunder, schließlich kommt Palikot aus der nationalliberalen PO.