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Kommentar Pariser RegierungskriseFrankreich braucht keine Agenda 2010

Hat Frankreich den Wettkampf der Nationen verloren? Doch wenn das Modell Deutschland siegt, wer soll dann noch die produzierten Waren kaufen?

Frankreichs Ex-Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg kritisierte die Sparpolitik.

Frankreich geht es schlecht. Die Arbeitslosenrate ist doppelt so hoch wie in Deutschland, die Wirtschaft stagniert, und das Staatsdefizit wächst. Ein Ende der Tristesse ist nicht abzusehen.

Für viele Bundesbürger ist dies der ultimative Beweis, dass die Agenda 2010 richtig war, die dafür gesorgt hat, dass die deutschen Reallöhne seit Jahren stagnieren. Denn „wir“ sind exportstark, während den Franzosen die Auslandsmärkte wegbrechen.

Gleichzeitig steuert der deutsche Staatshaushalt auf eine schwarze Null zu, während die Franzosen immer neue Schulden aufhäufen.

Im Wettbewerb der Nationen scheinen die Deutschen gesiegt zu haben, weswegen sie nur zu gern Ratschläge erteilen: Die Franzosen sollten sich auch eine Agenda 2010 zulegen – also ihre Löhne und Staatsausgaben senken. Nach dem Motto: Was gut für Deutschland ist, ist gut für die Welt.

Das klingt zwar logisch, ist aber logisch unmöglich. Denn wenn alle Eurostaaten Deutschland kopieren, Lohndumping betreiben und zu aggressiven Exportnationen mutieren, bleibt eine Frage ungelöst: Wer soll die Güter kaufen? Die europäischen Arbeitnehmer sind offenbar nicht gemeint, denn sie sollen ja auf einen Teil ihrer Gehälter verzichten. Aber wer dann? Die Chinesen? Die Absatzkrise ist gewiss.

Momentan verfolgt Deutschland ein seltsames Geschäftsmodell: Man liegt mitten in Europa, glaubt aber, auf die Eurostaaten verzichten und ganz auf die Märkte in Übersee setzen zu können. Doch Fakt ist: Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal geschrumpft. Die Eurokrise ist längst in der Bundesrepublik angekommen.

Selbst neoliberale Nobelpreisträger sind inzwischen alarmiert, dass Deutschland die Eurozone völlig falsch steuert. Die internationalen Ökonomen warnten die Kanzlerin am Wochenende davor, den Sparkurs in Europa fortzusetzen. Auch EZB-Chef Draghi lässt erkennen, dass er die deutsche „Austeritätspolitik“ nicht für sinnvoll hält.

Aber was wäre die Alternative? Viele Deutsche denken insgeheim, dass der Zusammenbruch droht, sobald der Sparkurs aufgegeben wird. Dabei wäre ein Konjunkturpaket ein Segen – auch für die deutschen Arbeitnehmer. Denn dazu würde gehören müssen, dass die Deutschen wieder mehr importieren. Dies geht nur, wenn die deutschen Löhne endlich wieder steigen.

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58 Kommentare

 / 
  • ahja - der kleine Schein -

    war schon schwer - gell!

    ;-)2.0

     

    en passant

     

    na gut -

    daß mir dank einleuchtender

    Überschrift - woll -

    der Beitrag vom Schirm gerutscht war -

     

    und - nach gefühlt 3 Std scrolling -

    wie recht sie doch hat - die Ulrike H.

     

    aus einer Ökonomie gebaseten Betrachtung zerrt jeder so seinen ihm bekannten Ziegelstein raus und erklärt ihn gleich zur

    "Mauer der Weisen" -

    klar - und Kalle Marx die n-te darf nicht fehlen -

     

    nur -

    die Gründe mal in die nächste, die to-do-Runde -

    daß die Eu-weiten Diskrepanzen evident & home-made sind -

    daß die Hartz-IV-verbrecherische

    Schleifung des Sozialstaats

    ( DIE Errungenschaft Europas -

    Bourdieu) - vor allem in 'schland

    die Verheerungen durch die Troika -

    (La Solaria läßt grüßen)

    der Ausverkauf der Ressourcen -

    etc usw usf -

    all das mit den bekannten Folgen

     

    davon/dazu -

    vorreitend& stark 'schland befeuert - die Grundparameter sind -

    wer wollte das ernsthaft/ernstzunehmen bezweifeln!?

    über die Änderung des Handwerkzeugs wird dann trefflich zu streiten sein -

    aber - "Europa hat ja gar nichts an " -

    (das teutsche Fläggchen inmitten deckt eben nur wenig -

    luck auffe Katte!;-)

    dahinter führt nichts zurück.

  • Kleiner Nachtrag zur Innovationskraft der dt. Industrie: D liegt weltweit an Platz 3 der Patentanmeldungen (12%), F weit dahinter mit 5%. Die NL liegen zwar bei nur 3%, bezogen auf die Einwohnerzahl jedoch ein hervorragender Wert.

  • Das deutsche Modell ist vor allem bei den sozialen Folgekosten längst ein Flop. Solange die Menschen sich bei den Urnen für CDU, CSU und SPD entscheiden, wird ihnen diese Rechnung nicht präsentiert. Die kommt dann irgendwann als Megakrise daher. Warum Frankreich davon lernen soll, ist dann auch egal. Bei neoliberalen Modellen spielt das eigentliche Funktionieren sowieso keine Rolle. Die meisten Ideologen dieser Richtung verweisen auf keynsianische Modelle in den 1960er und 70er Jahren. Ihre eigenen Flops thematisieren sie nie, ist auch besser so, denn ihre Ansätze sind im Kern nur Umverteilungsmechanismen. In Deutschland sind in Wirklichkeit eher 4,5 bis 6 Mio. Menschen ohne Arbeit, viele davon unterbezahlt, nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Und die Überschüsse im Haushalt sind wahrscheinlich auch manchem Buchungstrick geschuldet.

     

    Frankreich hat sicherlich Probleme, aber die würden mit Agenda-Lösungen noch viel größer werden, außerdem sind Franzosen nicht bereit, sich dem Staat und einer Elite so unterzuordnen, wie es Deutsche tun. Wir hatten auch ein gescheitertes, linkes DDR-Projekt, das hält hier manche Erinnerung und Angst wach.

     

    Das ist in Frankreich nicht so. Dort denken die Menschen nicht in deutschen Bahnen. Sollte Hollande so einen Kurs probieren, könnte er eine Reaktion erhalten, die ihn komplett lediert.

  • Kürzlich sollen ja Menschen beim "Selfie-Knipsen" rücklings Klippen hinab gestürzt sein. Der Kapitalismus ist auf einem ähnlichen Weg. Aber tolle Fotos werden bleiben.

    • @lichtgestalt:

      Der Weg muss aber ganz schön lang sein, schließlich wird dies schon seit Jahrhunderten vorausgesagt. Nostradamus, äh Marx lässt grüßen.

  • @MRO und DJ

     

    Die Wechselkurse zum Euro wurden anhand VERGLEICHBARER Produkte in den Mitgliedsstaaten fest gezurrt.

    Man hat ein Inflationsziel von 1,9% vereinbart. Von da an sollten in der gesamten Eurozone die Preise jährlich um 1,9% steigen. Wenn man wie DE dieses Inflationsziel dauernd unterläuft, indem man die Löhne nicht dem Produktivitätsfortschritt anpasst und z.B. sich FR GENAU an die Vereinbarung hält, dann führt das dazu, dass eben die vergleichbaren Produkte aus DE immer billiger werden. Die Franzosen verkaufen immer weniger ihre eigenen Produkte - auch im außereuropäischen Ausland!

    Welches Produkt bei gleicher Qualität kaufen Sie denn? Natürlich kaufen Sie das, welches 20% günstiger ist. Das ist auch den Leuten nicht anzulasten, denn es ist eine rein rationale Entscheidung.

    Wir haben nun mal einen offenen europäischen Binnenmarkt.

    Es geht nicht darum, die Exporte zu drosseln, sondern darum durch eine Erhöhung der Kaufkraft der Menschen mehr zu importieren. Wir können unendlich viel exportieren, wenn wir unendlich viel importieren. Das Problem sind die Export-ÜBERSCHÜSSE! Denn diese bedeuten für die Importländer Defizite, d.h. SCHULDEN! Zugleich haben wir in DE seit Jahren eine lausige Binnenkonjunktur. Wir machen wirklich alles falsch, sorry! Wir haben unsere Nachbarn nieder konkurriert - entgegen der Vereinbarung über das Inflationsziel.

    Es geht immer um eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung!

    Dass es Unternehmen gibt die gute Löhne zahlen, streite ich gar nicht ab. Aber insgesamt sind die Löhne hier viel zu niedrig! Denn höhere Löhne führen zu einer höheren Importquote - und genau das ist notwendig!

    LG Traumschau

    • @Traumschau:

      Wenn die Kunden bei vergleichbarer Qualität das Produkt kaufen, welches 20% günstiger ist, müsste es F, IT und Co. doch hervorragend gehen. Ich verstehe Ihr Argument nicht so ganz...!?

      • @MRO:

        Wäre ja auch zu schrecklich, wenn Sie das Argument verstehen würden.

        Denn dann müßten Sie ja womöglich Ihre Meinung ändern.

        • @Anjetta Christner:

          Wenn Sie mit Ihren persönlichen Angriffen fertig sind, können wir gerne wieder sachlich werden. Ich gehe aufgrund Ihres Kommentars davon aus, dass auch Sie der Meinung sind, dass dt. Produkte im Internat. Vergleich zu billig sind. Ich kann Ihnen diesbezüglich. empfehlen, ein Vertriebspraktikum bei einem x-beliebigen mittelständischen Maschinenbauer mit hoher Exportquote zu machen. Es wird Ihnen die Augen öffnen, versprochen

  • Frau Herrmanns Dauer-Plädoyer : Konjunkturpakete , und : deutsche Löhne hoch !

    Was sie dabei nicht anspricht : In welchen Ländern alle sollen Konjunkturmaßnahmen gefahren werden und mit welchem Geld ?

    Zu den Löhnen in D : Die BuReg. kann dazu allenfalls an Stellrädchen bei den Sozialabgaben und bei der Lohnsteuer drehen ,... mit sehr heiklen Folgen . Wird also zweifellos nicht in Betracht gezogen werden .

    Was die Lohnsteuer betrifft : D lebt bei der Infrastruktur nicht erst seit vorgestern von der Substanz ; anders wären ja auch die schwarzen Zahlen bei den Staatshaushalten nicht möglich .

     

    Im übrigen : Konjunkturmaßnahmen haben in der Vergangenheit noch nie zu einem selbsttragenden Wirtschaftsaufschwung geführt . Wer in d i e s e r tiefgreifenden Krise dafür plädiert , müßte sie konsequenterweise auf Dauermaßnahmen stellen . Mit Geld aus dem Drucker ...

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Wettkampf der Nationen? Hat jemand einen Preis ausgelobt?

    • @90191 (Profil gelöscht):

      Yep. Wir haben zur Zeit die Ehre und das Vergnügen, an einer Art weltweiten "Hunger Games" teilzunehmen. Der Sieger darf als Belohnung überleben. (Aber ob der Preis dann letztendlich wirklich ausgezahlt werden wird, wage ich zu bezweifeln.)

      • @Anjetta Christner:

        Einen Wettkampf der Nationen gibt es schon, seitdem es Nationen, Königreich etc. gibt. Das ist keine spezielle Erfindung des Kapitalismus.

  • Die Südländer, insbesondere Spanien und Frankreich habe es in dem letzten Jahren schlicht und einfach verpasst, eine wettbewerbsfähige Industrie aufzubauen. Selbst wenn D von heute auf morgen die Exporte massiv drosseln und die Löhne anheben würde, die Südländer wären gar nicht in der Lage, mittelfristig einzuspringen. Nebenbei: kein Spanier wird gezwungen, einen BMW oder eine dt. Werkzeugmaschine zu kaufen. Immerhin hat die span. Regierung eingesehen, die Schuld nicht bei anderen zu suchen. F ist es selbst überlassen, welchen Weg es gehen möchte.

    • @MRO:

      Bezog sich auf den Kommentar von Traumschau

  • Vielen Dank Frau Herrmann!!

    Sie bringen es auf den Punkt!

    Die neoliberalen Ökonomen haben nicht begriffen, dass Wettbewerbsfähigkeit ein relatives Konzept ist und deshalb nicht alle ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen können! Was die einen gewinnen müssen die anderen verlieren. Wenn Deutschland darauf setzt, dass die Welt sich bis zum Sankt Nimmerleinstag verschuldet, um unsere absurd hohen Überschüsse abzunehmen, dann führt das eben zu den Ergebnissen, die wir in Frankreich, Spanien, etc. besichtigen können. Wir haben unsere Nachbarn, die zugleich unsere Kunden sind, über unser Lohndumping nieder konkurriert!

    Wir haben bereits Deflation in Europa! Wenn die neoliberale Agenda jetzt auch noch in FR und IT durchgeführt wird, ist eine Depression m.E. unausweichlich!

    Der Versuch das massive Nachfrageproblem angebotsorientiert lösen zu wollen, wird scheitern bzw. ist bereits gescheitert!

    Die Löhne in DE müssen hoch! FR kann nichts tun, wenn WIR unseren Kurs nicht ändern!

    LG Traumschau

    • D
      D.J.
      @Traumschau:

      Die Löhne in der exportorientierten dt. Industrie s i n d i.A. hoch, Skandallöhne werden eher im Dienstleistungssektor gezahlt. Freilich ließe sich bei Leiharbeit so manches verbessern.

  • Marx soll prophezeit haben, daß der Kapitalismus daran scheitern würde, daß ihm die Konsumenten ausgehen. Ich finde es bemerkenswert, daß Marx das bereits im 19. Jahrhundert verstanden hat. Doch womöglich ist es noch bemerkenswerter, daß es im 21. Jahrhundert immer noch so viele NICHT begriffen haben.

     

    Im Kapitalismus müssen Unternehmen Produkte produzieren, die sich die eigenen Mitarbeiter in der Regel nicht leisten können, d. h. sie müssen die Produkte möglichst teuer verkaufen und die Mitarbeiter möglichst schlecht bezahlen. Sonst bleibt nämlich kein Profit übrig. (Oder "nicht genug".) Das Gleiche gilt für Länder analog.

     

    Solange das nur einer macht, funktioniert es, und dieser eine steht (zunächst) mal gut da. Wenn ALLE das machen, führt es in die Katastrophe. Im Moment ist es Deutschland, das international den Akkord hochtreibt und sich irre was darauf einbildet. Aber wenn ALLE damit anfangen, den Akkord hochtreiben zu wollen, dann ist ja doch klar, was passiert: der Akkord, d.h., das, was zu leisten ist, wird halt immer höher. Der Verdienst bleibt jedoch gleich (oder sinkt sogar, weil es immer genügend gibt, die so verzweifelt sind, daß sie versuchen, noch mehr für noch weniger zu arbeiten - gilt für Länder wie für Individuen). Das Konkurrenzprinzip wird uns noch umbringen. Wortwörtlich.

    • @Anjetta Christner:

      Ja, darauf warten wir nun auch schon seit 150 Jahren, aber der Kapitalismus will und will nicht verrecken. Wie unfair!

      • @Friedrich:

        Ist das jetzt ironisch?

         

        Äähm, falls nicht, ich sage NUR, daß ich es für offensichtlich halte, daß der Kapitalismus ein System ist, das sich zwangsläufig selbst zerstört, früher oder später. Ich sage NICHT, daß das, was danach kommt (was immer das sein mag), notwendigerweise besser sein wird. Wäre zwar schön, aber es wäre m. E. unredlich zu verschleiern, daß das vermutlich von den Entscheidungen abhängen wird, die wir alle treffen.

    • @Anjetta Christner:

      Nur so aus Interesse: Für welches Jahrhundert hat Marx denn das Scheitern des Kapitalismus prophezeit?

      • @MRO:

        Extrem gute Frage, aber ich habe leider keine Ahnung.

         

        Übrigens hätte ich mich an seiner Stelle da auch nicht festgelegt. Es ist verhältnismäßig einfach, zu sehen, daß das Fundament eines Hauses nicht stabil gelegt wurde. Aber es ist eine ganz andere Sache (und möglicherweise ganz unmöglich, da schließlich noch von anderen Faktoren abhängig) vorauszusagen, wann genau das Haus tatsächlich zusammenbrechen und in welchem Teil man dann noch am relativ sichersten sein wird.

  • Erstaunlich, was hier alles als wirtschaftlicher Sachverstand verkauft wird. Kommen wir doch mal zu den Fakten.

    Deutschland ist traditionell ein Exportland, weil sehr hohe Anteile der Industrieproduktion im Bereich der Investitionsgüter angesiedelt sind. Da braucht auch keiner nach mehr Kaufkraft schreien, denn der deutsche Haushalt braucht keine Werkzeugmaschinen und auch keine Druckstraßen (um mal zwei Beispiele zu nennen). Verkaufsargument weltweit ist dabei nicht der Preis, sondern die Qualität (gilt auch für eines der wenigen wichtigen Konsumgüter, was aber im gewerblichen Bereich auch ein Investitionsgut ist: das Auto.) Deutsche Wirtschafts- und Exportstärke an Lohndumping festzumachen, ist daher grober Unfug.

    Frankreich krankt nicht an zu hohen Löhnen, sondern an einem ausufernden Staatsanteil am Bruttoinlandsprodukt und einem völlig überregulierten Arbeitsmarkt, da es seit Jahrzehnten keine funktionierende Tarifpartnerschaft gibt. Grundlage für eine wirtschaftliche Gesundung wäre also eine staatliche Entschlackungskur, nicht Senkung von Löhnen.

    • @OutbackerAS:

      "Frankreich krankt nicht an zu hohen Löhnen, sondern an einem ausufernden Staatsanteil ..."

      Mal unterstellt , F könnte es binnen Kurzem schaffen , den Staatsanteil - sagen wir - um ein Fünftel zu verringern . Was wären die unmittelbaren Folgen ? Die Arbeitslosigkeit würde um 1 Million steigen , die Kaufkraft und das BIP sinken , die Staatsverschuldung leider nicht . Und das Dumme : die französischen Autos wären dann immer noch keine BMWs , Audis , Daimlers - ...wobei , und das ist tragisch , die Märkte für alle langlebigen Gebrauchsgüter eh gesättigt sind und auch bleiben werden (Stichwort Überkapazitäten) , nicht zuletzt wegen der sinkenden Gesamtkaufkraft in der EU (und anderswo).

  • Im gestrigen Spot der tagesschau.de wurde Montebourg als "extrem links" bezeichnet - sicher ein emotionaler verunsicherter Reflex.

    Dabei wollte er etwas Konjunkturbelebung.

    Tja, Merkel ist eben "Socialist european".

  • Die Frage ist nicht allein : Ist Frankreich noch zu retten ? Sondern : Sind wir alle noch zu retten ?

    Das Jahr 2008 markiert für das kapitalistische Wirtschaftssystem einen Epochenbruch . Das System hatte sich mangels ausreichender realer Kapitalakkumulation auf immer höher werdenden Stelzen über Wasser gehalten , auf Stelzen fiktiven Geldes aus simulativer Wertschöpfung , das neben wachsender Staatsverschuldung aus Kreditkettenbriefen generiert worden war . Um im Bild zu bleiben : die Stelzen versanken im 2008 Sumpf . Ein Teil des fiktiven Geldes wurde als Giftmüll versteckt bei EZB , in 'bad banks' , in Konzernbilanzen ,wo es als Zeitbombe weiter tickt .

    Der Grund für den (globalen!) Pumpkapitalismus der letzten ca 30 Jahre vor 2008 liegt in der technischen Revolution , zu der die Entwicklung der Mikroelektronik geführt hat . In den kapitalistisch hoch entwickelten Ländern bewirkte diese , dass ungeheure Mengen an Arbeitskraft in Produktion und Verwaltung überflüssig geworden sind , mit der Folge von Arbeitslosigkeit , Sinken der Löhne/Gehälter , Sinken der Gesamtkaufkraft .

    Der Prozess der Abschmelzung von kapitalverwertbarer Arbeitskraft ist unter dem Zwang der globalen Konkurrenz unumkehrbar . Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bedeutet makroökonomisch Kostensenkung , sprich : 1. weiteres Überflüssigmachen von Arbeitskraft , 2. Senkung der Löhne und Gehälter, 3. sprich : tendenziell weitere Senkung der Gesamtkaufkraft .

     

    Das System also in der Sackgasse ? Sieht sehr danach aus ...

    • @APOKALYPTIKER:

      Schon die Erfindung des Rads war ein Jobkiller erster Güte. Danach kamen Manufakturen, industrielle Arbeitsteilung, Fordsche Massenproduktion - die Verarmung der Massen, Hungersnöte nahmen rapide zu.

      Eine Effizienzsteigerung der Produktion hat bisher noch immer insgesamt zu mehr Wohlstand geführt.

       

      Mein Rat: Überprüfen Sie Ihre entgleisten Theoriekonstrukte zuweilen anhand der Wirklichkeit.

      • @Huitzilopochtli:

        Ach ja , die Wirklichkeit . Haben Sie in den letzten Jahren den Eindruck gewonnen , die Macher_Innen an den entscheidenden Schaltstellen in der Welt hätten ein Konzept gefunden , wie aus der Krise herauszufinden sei ?

        Aber lassen wir's heute dabei , ... und überprüfen unsere "entgleisten Theoriekonstrukte" in fünf Jahren noch mal "anhand der Wirklichkeit" .

    • @APOKALYPTIKER:

      Man muss einfach fleißig arbeiten. Wenn ich in China ein Angebot einhole, kommt das flink. Der Club Méditerranée, den die Altlinke für das Wirtschaftsdisaster als Modell nimmt, ist nur ein Teil der Welt. Starre Arbeitsgesetze, zu hohe Steuequoten, ineffiziente Staatsfirmen, nehmen wir mal Alitalia. Vielleicht leben die Reichen im Zukunft in Asien und die Armen in Südeuropa. Selbst Äthiopien hat ein Wirtschaftswachstum von 7%. Da können mich doch diese sklerotischen Länder in Europa den Buckel runterrutschen. Die Menschen da sterben sowieso aus.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Reißt die Grenzen nieder!

     

    One World, one mankind, no nations!

  • "Nach dem Motto: Was gut für Deutschland ist, ist gut für die Welt.

    Das klingt zwar logisch, ist aber logisch unmöglich."

    Treffer ! Das ist - kurz und knapp - auch die Beschreibung der Sackgasse , in der der Kapitalismus festsitzt .

    • D
      D.J.
      @APOKALYPTIKER:

      Da sitzt er schon seit 200 Jahren. Gääähhn.

      • @D.J.:

        Gut, hin und wieder ist er mal aufgestanden und hat Krieg gemacht. Scheint im jedesmal den Arsch zu retten.

      • @D.J.:

        Sie wollen wahrscheinlich sagen , es werde auch wieder aufwärts mit ihm gehen . Weil : das war ja immer schon so , ... - sozusagen : der ewige Kapitalismus !

        Hätte der gewitzte Analytiker (Berufsoptimist) dafür auch ein paar Gründe ?

        • @APOKALYPTIKER:

          Na ja, bisher hat sich kein anderes System bewährt, daher ist die Annahme vom D.J. sicher nicht ganz falsch.

          • @MRO:

            Was D.J. hier - wörtlich interpretiert - annimmt , ist kontrafaktisch .

            Und der Barwert Ihres Argumentes bzgl. "andere Systeme" lautet : der Menschheit wird auch in Zukunft nichts anderes mehr einfallen als Kapitalismus und der (angebliche und gescheiterte) Kommunismus/Staatssozi

            alismus .

            Was meinen Sie ? Wie lange wird es dauern , bis GR , I , SP , PO , F bei uns auf der Insel D angekommen sein werden ?

  • Danke für die komprimierte & völlig zutreffende Zusammenfassung der Problematik. Fünf Minuten Hören eines öffentl-rechtlichen Info-Radiosenders auf dem Weg zur Arbeit reichten heute mal wieder um den bedauernswerten Zustand des wirtschaftspolitischen Sachverstandes in den Wirtschaftsredaktionen zu erleben.

     

    Wellen von an deutschen Unis in neoliberaler Wirtschaftssideologie geschulter Absolventen verbreiten die immer wiederkehrenden Rezepte Löhne runter, Flexibilsierung, Deregulation bar jeder Erkenntnisse aus den letzten Krisen des entwickelten Casinokapitalismus.

     

    Melden Sie sich öfter mal zu Wort, bitte.

  • natürlich muss gespart werden. Die unverträglichen französischen Sozialpartner haben das Land in den Ruin getrieben. Wenn Frankreich effizienter wäre, wäre der Handelsüberschuss mit Deutschland geringer. Ihre Argumentation ist unlogisch: Denn eigentlich leben alle reicheren Nationen im Überfluss. Wieso also ein neues Auto kaufen, zB? Niemand braucht das. Trotzdem verkauft Deutschland Autos. Das Wort Austeritätspolitik ist Euphemismus. D h Geld drucken. Wie die USA? Ok, die haben Wirtschaftswachstum aufgrund von Arbeitsmarktliberalität, geringerer Standards (alles ist billiger) und Fracking.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Gabriel Renoir:

      "Denn eigentlich leben alle reicheren Nationen im Überfluss. Wieso also ein neues Auto kaufen, zB? Niemand braucht das."

      Falsch. Im Überfluss lebt nur ein bestimmter Teil dieser Nationen. Wenn Sie auch nur Durchschnittswerte betrachten, geht es allen in den besagten Ländern gut.

      Und die meisten Menschen, die einen Gebrauchtwagen kaufen, tun dies nicht wegen der Wiederverwendungsmentalität.

      Zu behaupten, der Konsumbedarf in den entwickelten Ländern wäre gedeckt ist Schmarrn.

      • @10236 (Profil gelöscht):

        Sicher leben alle im Überfluß. Eine Haushaltshilfe in Aethiopien hat 20$/Monat+Essen+Unterkunft. Alles ist relativ.

      • @10236 (Profil gelöscht):

        So ein Gschmarri. Der Konsumbedarf ist auf jeden Fall gedeckt, der Konsumwille jedoch nicht. Lohndumping-Laender sind z.b. China, Indien, Brasilien,...

        Das Problem das wir in D und generell in Europe haben ist dass alle reich sein wollen und sich alles was sie sehen mit nem Fingerschnipp leisten wollen. Natürlich gibt's auch ne ungleiche Verteilung des Reichtums aber im internationalen Massstab ist das doch eher ein Witz. Wobei natürlich die ewige 'Ich-hab-so-wenig' Illusion die ungleiche Verteilung noch beschleunigt

  • Die ewige Mär vom Lohndumping. Lohndumping gibt es in D, ja, aber gerade in der starken Exportindustrien wie Chemie, Autmobilbau, Metall- und Elektroindustrie wird vergleichsweise gut bezahlt. Haben Sie eine eigentlich eine Idee, was ein Facharbeiter bei BASF oder VW verdient? Maschinen aus D sind im intern. Vergleich noch immer hochpreisig, verkaufen sich aber trotzdem hervorragend, weil sie eben besser sind. Mit Lohndumping hat das nun überhaupt nichts zu tun.

    • @MRO:

      Leider sind nicht alle Arbeitnehmer in D bei BASF oder VW. Mit der Niedriglohnpolitik wurde auch auf die Schaffung von Arbeitsplätzen im Dienstleistungssektor gezielt, die wohl einen großen Anteil ausmachen dürften und schlecht bezahlt werden. Und daneben noch die Zeitarbeit, die die Tariflöhne aushebelt. Sehen Sie mal in die Stellenangebote, ob Sie dort überhaupt was anderes finden als Zeitarbeit für Jobsuchende, die nicht übermäßig qualifiziert sind.

      • @sema:

        Hinsichtlich des Dienstleistungssektors stimme ich mit Ihnen überein. Dieser ist jedoch nicht für die Exportstärke Deutschlands verantwortlich.

        • @MRO:

          Darum geht es doch gar nicht. Lohndumping ist einfach ein großes Problem in D, das verdeckt wird durch die Mär der "guten Konjunktur", was bedeutet, dass es eigentlich immer mehr Menschen wirtschaftlich schlecht geht, während wenige profitieren. Auf lange Sicht gesehen driften wir auf eine Verelendung großer Bevölkerungsteile zu, so wie ich das sehe, vor allem wenn Länder wie F jetzt bei dieser Politik nachziehen.

          • @sema:

            Wenn es darum nicht geht, können wir uns ja darauf einigen, dass die Exportstärke Deutschlands nicht auf Lohndumping zurückzuführen ist.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @MRO:

      Ich glaube, dass die von Ihnen erwähnte Exportindustrie verstärkt mit Leiharbeitern arbeitet. Ist vielleicht kein direkter Lohndumping, verschafft aber, verglichen z.B mit Frankreich wo Leiharbeiter 10% *mehr* verdienen müssen, einen Kostenvorteil.

      • @10236 (Profil gelöscht):

        Der hohe Anteil der Leiharbeit in D ist in der Tat ein Problem, das angegangen werden muss, ob dies aber zu einem so großen Wettbewerbsvorteil führt? Aber nochmal, wenn man Lohndumping als Ursache für die Exportstärke Deutschlands ansieht, müsste das doch heißen, dass Maschinen, Autos etc. aus Deutschland deutlich billiger sind als aus anderen Ländern? Nun ist aber genau das Gegenteil der Fall, auch im direkten Vergleich zu F. Geht es der franz. Automobilindustrie etwa so schlecht, weil VW, BMW u. Co. soviel günstiger als Peugeot, Renault und Co. sind? Wohl nicht, oder? In F sind es wohl eher strukturelle Probleme, Bürokratie, übertriebene Arbeitnehmerschutzbestimmungen etc.

        • @MRO:

          Dieses Argument verstehe ich jetzt nicht so ganz. Welche Rolle spielen Bürokratie und übertriebene Arbeitnehmerschutzbedingungen für den Export, wenn sich solches nicht letzten Endes im Preis niederschlägt?

          Das muss ja nicht heißen, dass diese Produkte so viel billiger sind, es reicht, wenn ein Markenprodukt mit gutem Ruf nicht teurer ist als eines, dass über weniger gute Reputation verfügt. Und klar ist auch, dass der durchschnittliche deutsche Arbeitnehmer in den letzten Jahren viel hinnehmen musste, was Arbeitnehmerschutz und Lohn betrifft. Und wie ich vorher schon erwähnte: nicht viele Arbeitnehmer sind bei BMW,VW oder BASF fest angestellt. Solche gehören eher zur glücklichen Ausnahme.

          • @sema:

            Diese Argumente bezogen sich auf die generelle wirtschaftliche Lage Frankreichs und nicht auf explizit auf die Exportschwäche Frankreichs. Zu den Löhnen: in den exportstarken Industrien wird größtenteils nach Tarif bezahlt. Das sind zwar dann eher selten VW Löhne, von Lohndumping kann aber auch da keine Rede sein. Hinsichtlich der Wettbewerbssituation ist festzustellen, dass dt. Maschinen und Anlagen fast immer deutlich teurer als ausländische Wettbewerbsprodukte sind, Preisgleichheit ist da eher die Ausnahme ( rund 20 Jahre persönliche Erfahrung im Machinen- und Anlagenbau). Der dt. Maschinenbauer verkauft seinen Maschinen nicht über den Preis,

            sondern über die Qualität.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Der eigenartige Stolz auf nationale Exportleistung, der in Medien und in großen Teilen der Bevölkerung vorhanden ist, zeugt von tiefer ökonomischer Unkenntnis. Die Vergleiche mit der "schwäbischen Hausfrau" und die Überzeugung, mit der Lohn-/Konsumzurückhaltung zum Erfolg (oder zumindest zur Stabilisierung) der eigenen Wirtschaft beigetragen zu haben, wird sich in den nächsten Jahren ins Gegenteil verkehren, wenn die Auslandsnachfrage schwächelt und der Binnenmarkt es, mangels Kaufkraft, nicht ausgleichen kann.

    Dass es noch Menschen gibt, die den Franzosen das gleiche Rezept (Agenda 2010) ausstellen, ist wohl ein Witz. Zum einen würde es einige der deutschen komparativen Vorteile wieder Aufheben, zum anderen (wie im Artikel richtig geschrieben), die Kaufkraft eines weiteren EU-Landes schwächen. Und bei der ganzen Misere darf man nicht vergessen, dass die realen Einzelhandelsumsätze in Frankreich in den letzten 15 Jahren um 40% zugenommen haben. Bei uns liegen die auf dem Niveau von Afang der 90er.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Wäre diese klare Aussage ihres Postings doch endlich in die Köpfe der Menschen zu bekommen, wäre vieles einfacher. Leider hilft jedoch gegen das Mantra-artige herunterbeten des Zauberwortes Sparen keine Pille mehr. Es hat sich gleichzeitig mit der schlechten Schulbildung und der Verarmung weiter Teile des Mittelstandes in unseren Köpfen etabliert und viele glauben tatsächlich, was ihnen da immernoch über die Agenda 2010 erzählt wird. Die wahren Auswirkungen in Bezug auf den Arbeitsmarkt, den Untergang des Mittelstandes und den Verlust von echten Arbeitsplätzen im Tausch gegen prekäre Sklavenlohnhaltung und die Folgen, die auf uns warten wenn all diese schlecht verdienenden in die Rente kommen, das alles will jetzt noch niemand sehen.

      • @Stina Pfaff:

        Ein schlechter Verdienst in Dtschld sind 1100 netto. Ich kenne Leute, die das haben. Wenn jetzt Kinder dazukämen, würde über Sozialhilfe etc unterstützt. Was das Ganze jetzt mit Sklavenlohnhaltung zu tun hat, weiß ich nicht. Auch mit 1100 kann man leben, wenn auch keine großen Investitionen machen. Eine Haushaltshilfe in Addis Abeba bei einer lokalen Familie hat 20$ im Monat +Essen, Zimmerchen+Klamotten. Da wäre ihr Begriff eher angebracht, aber selbst diese Haushaltshilfe zieht diese Situation dem Nichts, Hunger, der Straße vor. Ich kenne persönlich diesen Fall. Sie scheinen mir etwas Nordwest-Europa-zentriert zu sein. Die Erde besteht aus ca 180 Staaten. Da können Sie zT wirklich Sklavenhaltung finden, zT. Wenn ich in bestimmten Ländern von 360€ Hartz4+freie Wohnung +freie Krankenversicherung erzähle, - ein Paradies für diese Leute. Ihr ganzer Beitrag trifft vielleicht für 10% der Weltbevölkerung zu. Die restlichen 90% vergessen Sie.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Wenn es hier einen "Like-Knopf" geben würde, würd ich den jetzt gern drücken!

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Sorry, falschen Link angeklickt. Mein Dank (siehe oben) für den Beitrag sollte ausdrücklich Ihnen gelten aber die Artikel von Ulrike Herrmann oder gelegentliche Wortmeldungen meines früheren Profs Rudolf Hickel auf den taz-Wirtschaftsseiten verdienen ebenfalls Beifall.