Kommentar PISA-Studie 2016: Lernresistent
In der deutschen Bildungslandschaft herrscht Bequemlichkeit statt Aufbruchstimmung. Und das, obwohl großer Nachholbedarf besteht.
S o richtig haut die jüngste Pisa-Studie, verantwortet von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, wohl keinen mehr vom Hocker. Warum auch? Seit Jahren verändert sich das Abschneiden der deutschen SchülerInnen in der wichtigsten internationalen Bildungsstudie nicht mehr wesentlich: Man hat es sich irgendwo im oberen Mittelfeld bequem gemacht und liegt stets ein paar beruhigende Punkte über dem OECD-Durchschnitt. Und hey, im Bereich Lesekompetenz sind „wir“ seit der Einführung der Studie im Jahr 2000 sogar so gut wie noch nie.
Dabei gibt es eigentlich allen Grund, sich aufzuregen: Die Pisa-Studie ist vom „Impulsgeber“, als die sie konzipiert worden war, zu einer Zustandsbeschreibung geworden. Und sie beschreibt dabei Zustände, an denen seit Jahren – trotz Pisa – erfolglos herumgedoktert wird: Erfolg in der Schule ist noch immer zu sehr mit der sozialen Herkunft verbunden. Ein Migrationshintergrund ist noch immer ein Nachteil. Mädchen sind noch immer schlechter in Naturwissenschaften als Jungen.
Nun hat man ja durchaus versucht, auf Pisa zu reagieren. Die Förderung von Gemeinschaftsschulen ist ein Beispiel, Ganztagsangebote sind ein anderes. Dass gerade auch Kinder aus benachteiligten Familien davon profitieren, hatte kürzlich erst wieder eine Studie zur Berliner Gemeinschaftsschule gezeigt. Allerdings wird die inklusive Bildung schon seit Jahren, und auch jetzt wieder, als Wunderheilmittel angepriesen – und es tut sich dann doch wenig. Was natürlich auch damit zu tun hat, dass Konzept und Wirklichkeit oft nicht übereinstimmen und die Personalsituation in vielen Bundesländern desolat ist. Doch gemeinsam lernen, idealerweise in der Ganztagsschule, bringt eben nichts, wenn kompetentes Lehrpersonal fehlt.
Pisa 2015 sagt also erneut, was alle seit Langem wissen. Nur wird offenbar mal wieder niemand schlauer daraus. Schon gar nicht die Schüler.
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