Kommentar NSA-Ermittlungen: Der General, der lieber schweigt
Generalbundesanwalt Range hat es verdaddelt. Er erklärt nicht, wieso die Grundrechte der Kanzlerin wichtiger sind als die der Restdeutschen.
J a, kann denn niemand Harald Range zehn Minuten Medientraining verpassen? Tatsächlich war der Generalbundesanwalt sogar mal Pressesprecher – und uns überkommt da nur Mitleid mit den Kollegen, die zu Ranges Sturm-und-Drang-Zeiten in den 1970ern bei der Staatsanwaltschaft Göttingen wahrscheinlich null Auskunft auf die einfachsten Fragen der Welt bekommen haben.
Ja, es ist aufregend, wenn Kameras einen anstarren. Aber es ist unerträglich, dass der oberste Strafverfolger der Republik viel zu aufgeregt ist, wenn die Öffentlichkeit zuschaut.
Als sich Range Ende 2013 coram publico verhaspelte, er habe keine Anhaltspunkte, dass die „Nasa“ den deutschen Telefon- und Internetverkehr überwache, juxte nicht nur die „heute-show“. Diese Woche geriet der Fortgang der NSA-Ermittlungen oder Doch-nicht-Ermittlungen dann zum definitiven PR-GAU des Generals.
In den „Tagesthemen“ hatte der 66-Jährige Gelegenheit, vor Millionen für seine Sache zu lobbyieren. Hier hätte er nach dem ganzen Hü und Hott, ob seine Behörde ermittelt oder nicht, Caren Miosga und also den Deutschen erklären können, warum die Grundrechte von Millionen Bürgern weniger wert sind als die von Angela Merkel.
Wie ferngesteuert
Wieso der Generalbundesanwalt wegen des Abhörens des Kanzlerinnenhandys ermittelt, aber keinen Anfangsverdacht hegt, dass die US-Behörden lauschenderweise „Straftaten gegen konkrete Personen“ verübt hatten, ließ Range ebenfalls unbeantwortet.
Stattdessen stanzte er wie ferngesteuert, eine Befragung Merkels stehe „nicht auf der Agenda“. Und auf die Frage, wieso alles ein halbes Jahr gebraucht habe, sagte er: „So schnell geht das nicht mit der Einleitung eines Verfahrens.“ Gauner möchte man sein, in dieser Generalbundesanwaltsrepublik.
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