Kommentar Migranten bei der Polizei: Gefährliche Monokultur
Gut ausgebildete Jugendliche aus Einwandererfamilien wollen nicht in die Sicherheitsbehörden oder in die Medien. Sie wollen Geld verdienen.
M ehr Beamte mit Migrationshintergrund bei Polizei und Verfassungsschutz – das war mal eine der zentralen Forderungen, die der Bundestags-Untersuchungsausschuss zur NSU-Affäre in seinem Abschlussbericht erhoben hat. Parteiübergreifend war sich der Ausschuss vor einem Jahr darin einig, dass die Voreingenommenheit der Beamten, welche fast unisono die Angehörigen der NSU-Opfer verdächtigten und die rechtsextreme Gefahr dramatisch unterschätzten, auch der Monokultur in ihren Behörden geschuldet war.
Doch passiert ist seitdem wenig. Noch immer finden sich bei Polizei und Verfassungsschutz kaum Mitarbeitende aus Zuwandererfamilien, jedenfalls deutlich weniger als im Durchschnitt der Bevölkerung. Das ist fatal. Denn nur, wenn sich in den Sicherheitsbehörden die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegelt, bleiben diese in der Lage, die Risiken und Gefahren richtig einzuschätzen, die dieser Gesellschaft drohen. Journalisten sollten es sich aber nicht so einfach machen und nur mit dem Finger auf die Behörden zeigen. Denn in den Redaktionen deutscher Zeitungen und TV-Sender sieht es nicht viel besser aus. Mitarbeitende mit Migrationshintergrund sind auch hier rar gesät.
Weist man darauf hin, klagen Verleger gern, es gebe einfach zu wenig qualifizierte Bewerber mit Migrationshintergrund für den Job. Ähnlich argumentieren auch Polizei und Polizeigewerkschaften.
Dass vielen gut ausgebildeten Jugendlichen aus Einwanderfamilien eine Karriere bei den Sicherheitsbehörden oder in den Medien nicht attraktiv erscheint, ist Teil des Problems. Sie streben, als Bildungsaufsteiger, lieber in Berufe, die mehr Geld und Prestige versprechen. Ändern kann man das nur, wenn man sich noch mehr als bisher um diese Menschen bemüht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“