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Kommentar MietpreisbremseFreie Bahn für Mondpreise

Kommentar von Martin Reeh

Die SPD setzt auf eine Mietpreisbremse, schiebt sie dann aber auf die lange Bank. So können Immobilienbesitzer noch einmal kräftig zuschlagen.

Trostlos sind die Wohnverhältnisse in Köln-Chorweiler. Die Mieten steigen trotzdem. Bild: dpa

B ei der Mietenpolitik ist Geschwindigkeit entscheidend. Der Gesetzgeber kann das Ansteigen der Mieten entscheidend begrenzen, einmal angestiegene Mieten aber kaum auf das alte, niedrigere Niveau zurücksetzen. Besonders fatal ist es daher, eine Maßnahme wie die Mietpreisbremse frühzeitig anzukündigen, dann aber auf die lange Bank zu schieben, sodass vor Inkrafttreten viele Immobilienbesitzer noch kräftig zuschlagen können.

Für die Union ist die Mietenfrage nicht wichtig. Sie ist eine Partei der Dörfer, Vororte, Klein- und Mittelstädte. Die besonders von Mietsteigerungen betroffenen Innenstädte der Metropolen hat sie längst an SPD, Grüne und Linke verloren. Sie kann dort weder viel gewinnen noch verlieren. Mit ihrem monatelangen Ausbremsen der Mietpreisbremse können CDU und CSU aber nicht nur Immobilienlobbyisten zufriedenstellen, sondern auch der SPD schaden.

Die Sozialdemokraten haben in der Großen Koalition primär auf zwei Vorhaben gesetzt: die Rente mit 63 für ihre Facharbeiterklientel und den Mindestlohn für prekär Beschäftigte. Ob die SPD 2017 aus ihrem 25-Prozent-Getto ausbrechen kann, hängt aber davon ab, ob die Lohnsteigerungen bis dahin nicht von den Mietsteigerungen aufgefressen wurden. Bisher deutet in den Innenstädten wenig auf eine Entspannung des Mietmarktes hin.

Dazu zählt auch das jetzige Zugeständnis an die Union, dass die Mietpreisbremse für Neubauten überhaupt nicht gelten soll. Bereits der alte Entwurf sah vor, Vermieter bei der Erstvermietung einer neuen Wohnung gesetzlich nicht einzuschränken. Jetzt sind auch danach Mondpreise möglich. Kommt diese Fassung durch, helfen nur umfangreiche kommunale Wohnungsbauprogramme gegen hohe Neubaumieten. Die will bisher aber nicht einmal die SPD.

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Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.
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7 Kommentare

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  • Das Wort "Mondpreis" tut so, als würden die Vermieter die Mieten willkürlich festlegen. Das stimmt aber nicht. Die Mieten können immer nur so lange steigen, wie es zahlungskräftige Menschen gibt, denen die entsprechende Immobilie den aufgerufenen Preis wert ist. Denn günstigerer Ersatz ist in jedem Fall vorhanden. Der liegt halt im Zweifel nur nicht so schön.

     

    Das Problem ist daher nicht der allgemeine Mangel an bezahlbarem Wohnraum oder die Gier der Vermieter, sondern der unrealisierbare Anspruch, dass Jeder da wohnen können soll, wo er will - auch wenn das zufällig soundsoviele Andere auch wollen. Die Lagen mit den - vermeintlichen - Mondpreisen sind nämlich durchweg solche, wo man jede Wohnung auch fünfmal (oder häufiger) vermieten könnte, wenn es nur nach der Nachfrage ging - und Jeder der Interessenten wäre natürlich davon überzeugt, dass er den Zuschlag auch "verdient" hätte. Nur kann man eben eine Wohnung oder ein Haus immer nur einmal vermieten, und deshalb wird der Wunschtraum auch durch Mietobergrenzen oder ein paar öffentlich gesponserte Objekte hier und da nicht zur Wirklichkeit.

  • 7G
    738 (Profil gelöscht)

    Vermietung ist Business, der Vermieter möchte mit seinen Immobilien Geld verdienen. Wenn die Politik billige Wohnungen will, muss sie dafür Geld locker machen und gebundenen Wohnungsbau subventionieren. Auf den Vermieter rumzuhacken ist billig - die orientieren sich einfach am Markt.

  • lobby worked!

    btw Mieten steigen auch im "CDU-Land", es sei denn in der Flughafenschneisse oder in den Bereichen in denen öffentlicher Wohnungsbau Einhalt gebietet! Die "Mietpreisbremse" ist ein Placebo für die nächste Wahl!

  • die mieten werdenauch mit mietpreisbremse nicht sinken, das hat einfach andere ursachen, wohnen ist ein markt und daran wird auch eine bremse nichts ändern, es braucht städtebau (erweiterung des angebots), verbesserung der wohnsituation auf dem land ( begrenzung der nachfrage) und ein verbot großer firmen wie gafah etc. (entneoliberalisierung, verbesserte waffengleichheit zwischen mietern und vermietern). ob das umsetzbar ist, ich zweifel dran. die bremse ist nur ein trostpflaster....

  • Wenn die Preise zu hoch sind mietet keiner die Wohnung. Irgendwann ist die oberste Preisgrenze erreicht.

    Dann löst sich die Problematik auch. Da der Vermieter ja seine Wohnung vermieten will wird er austesten wie weit er gehen kann, aber irgendwann ist eben Schluß.

  • Die SPD will gar nicht wissen, wie sehr sie sich zerlegt.

    Nahles, Gabriel & Co sind so an ihrer Macht interessiert, dass sie nicht merken, wie lächerlich sie in der deutschen Öffentlichkeit rüberkommen.

    Dass man(n) den nächsten Kanzler stellt, halte ich für einen Vollwitz- Ursula freut sich schon..

    Ich weiß nicht, ob die SPD bei der nächsten BTW überhaupt noch das Projekt 18 schafft..;=))

    Dann wird man wohl die Grünen ins Koalitionsboot holen müssen- oder AfD.

     

    Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten. Und wer war dabei? Die grüne Partei.

     

    Die alte Dame SPD, was ist nur aus die geworden..?

  • Bald haben hoffentlich auch die letzten "kleinen Leute" kapiert, dass die SPD auch hier die Politik des Geldes macht.

    Wer hat euch verraten??

    Sozialdemokraten.

    Alles wie immer.

    Wenn die endlich auch weg wären. wäre die Lage besser.

    Hoffnungsloser Laber- und Täuschungsverein.

    Die Kleinbürger "oben" in der SPD sind so aufstiegsgeil, dass sie mit jedem Ministerium oder jedem Konzern (Gazprom) "eingefangen" werden können.

    Und da soll die "Linke" schmuddelig oder chaotisch sein?

    Die werden abgelehnt, weil die Etablierten Angst haben, sie nicht korrumpieren zu können.