Kommentar Merkels USA-Reise: Kuschen statt Snowden
Die Kanzlerin hat in Washington klar gemacht, dass die NSA-Affäre keine Rolle mehr spielt. Die Aufklärung des Spionageskandals - politisch zu riskant.
D ie Bundesregierung hat in Sachen NSA-Aufklärung kapituliert. Falls die Große Koalition jemals Interesse hatte, Licht in die Affäre zu bringen, dann ist es versickert. Kanzlerin Merkel hat in Washington klar gemacht, welche Rolle die NSA-Affäre noch spielt. Sie hat milde gemahnt, dass die USA doch künftig freundlicherweise beachten sollten, dass in Deutschland deutsches Recht gilt und die generalstabsmäßige Spionage der NSA dazu nicht so recht passt. Konsequenz? Keine.
Der Deal um das Freihandelsabkommen geht ungestört weiter. Dem Untersuchungsausschuss wird per Rechtsgutachten bedeutet, dass eine Anhörung von Edward Snowden nicht dem deutschen Staatswohl diene. Und: Akten über die Verhandlung über das No-Spy-Abkommen, von dem sich die USA längst verabschiedet haben, darf der Ausschuss auch nicht benutzen.
Bei Obama ein paar müde Proteste, zu Hause wird der Untersuchungausschuss amputiert. So sieht die Aufklärung des größten Spionageskandals seit Jahrzehnten durch die Große Koalition aus. Die Opposition aus Grünen und Linkspartei rudert empört und hilflos mit den Armen. In der NSA-Affäre zeigt die übermächtige Große Koalition ihr hässliches Gesicht.
Faktisch akzeptiert die Bundesregierung, dass die USA über eine Art Gewohnheitsrecht verfügen und deutsche Politiker, Unternehmen und Bürger ausspionieren dürfen. „Deutschland kann sich keinen besseren Partner wünschen als die Vereinigten Staaten“ – so Merkel im Januar. Aufklärung, die politisch etwas kosten könnte, passt da nicht. Asyl für Snowden, der offenbar eher eine Geisel Putins denn dessen Gast ist? Zu gefährlich. Deutschland ist der einfussreichste Staat der EU und einer der wenigen, die einen begrenzten Konflikt mit den USA riskieren können. Was Merkel & Co tun, ist kläglich.
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