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Kommentar Landraub in UngarnOrbán kann nur gewinnen

Ralf Leonhard
Kommentar von Ralf Leonhard

Ungarns Premierminister will mit dem Enteignungsgesetz seine Wähler bedienen. Wenn die EU dagegen angeht, wird Orbán sich als Patriot feiern lassen.

Ungarns Premier Victor Orbán zieht wieder einmal eine nationalistische Karte. Bild: dpa

E in Häuschen im Grünen für das Wochenende oder die Pension. Diesen Wunsch haben sich viele Deutsche und Österreicher in Ungarn erfüllt. Kaufen durfte man zwar ab 1994 nicht mehr. Doch mit einem legalen Nutzungsvertrag auf 50 Jahre oder Lebenszeit konnte man bis 2002 Quasi-Eigentum erwerben.

Die meisten von ihnen steckten ihr Erspartes in Haus und Garten, renovierten einen heruntergekommenen Bauernhof oder ersetzten eine Bruchbude durch eine neue Datscha.

Ungarns Premier Viktor Orbán wird seinen Landsleuten in den kommenden Jahren viel abverlangen: in der medizinischen Versorgung, mit dem Abbau von föderalen Strukturen und weiteren Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Da kommen nationalistische Maßnahmen gut an.

Seit Monaten läuft die Propagandamaschinerie, wonach Ausländer sich des besten Landes bemächtigt hätten. Mehr als eine Million Hektar seien in ausländischer Hand – erworben zu Schnäppchenpreisen und mit dubiosen Methoden. Dass Nießbrauchverträge bis vor zwölf Jahren legal waren und im Ausland als Alternative zu Kauf oder Pacht beworben wurden, spielt da keine Rolle.

Orbán weiß, dass ihn die Annullierung solcher Verträge zu Hause noch populärer macht. Wer könnte widerstehen, wenn er ein Haus, das er als Ruine gegen Marktpreis abgetreten hat, renoviert und wertgesteigert zurückbekommt oder eine fremde Ernte einfahren kann?

Man darf davon ausgehen, dass die Enteignung vor den Gerichten hält. In den höchsten Instanzen sitzen mehrheitlich von Orbán ernannte Richter. Und wenn die EU die Rücknahme der klar gegen die Rechtssicherheit verstoßenden Gesetze verlangt, kann sich der Premier wieder einmal als heldenhafter Patriot im Kampf gegen Brüssel inszenieren. In jedem Fall bleibt er der politische Gewinner.

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Ralf Leonhard
Auslandskorrespondent Österreich
*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.
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11 Kommentare

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  • ich kann nicht verstehen dass das ungarische volk sich das alles von orban gefallen lässt, er gehört einfach abgesägt und ein neuer gewählt. orban führt in ungarn die steinzeit wieder ein, er geht nicht vor sondern zurück. die eu-gelder kommen nicht an die richtigen stellen an oder stecken sich die politiker in eigene taschen rein

  • Huch? Die taz ist für internationale Schiedsgerichte (als die EU), die finsteren internationalen Investoren gegen demokratische, vor nationalen Gerichten nicht zu beanstandende Entscheidungen helfen? Das ist doch böse, böse, böse und untergräbt die demokratische Souveränität!

  • Wenn die EU mal ein Machtwort spricht, von wegen Handelsfreiheiten, dann wird Orbán nicht mehr wie ein Sieger aussehen...

  • [...] Kommentar gekürzt. Bitte vermeiden Sie Beleidigungen.

    Orbán enteignet kein Wochenendhäuschen oder Pensionen der Ausländer. Die Ungarn sind froh und dankbar deutschen und anderen „Einwanderern“, die ihre Häuser in Ordnung halten. Orbán enteignet nichts. Es wurden in der Wendezeit mit Hilfe von Winkeladvokaten landwirtschaftliche Flächen armer Ungarn für ein Äpel und ein Ei an habgierige Österreicher mit (illegalen und im Grundbuch nicht eigetragen) Verträgen „verkauft“. Diese Verträge sind null und nichtig. Deshalb die große Jammerei der Österreicher, die übrigens Ungarn immer noch betrachten als seien sie ihre Kolonie.

    • @slevogt:

      1 Mio ha, das sind 100 km2. Das ist weniger als 0.2% der gesamten landwirtschaftlichen Fläche Ungarns (über 50.000 km2). Diesen Pippifax könnte Orban einfach ignorieren, um die Rechtssicherheit aufrecht zu erhalten. Kommt aber gut um die nationalistische Stimmung in Ungarn weiter aufzuheizen. Und die FIDESZ ist ja ohnehin nur Durchlauferhitzer für die Nazis von der Jobbik.

    • 4G
      4225 (Profil gelöscht)
      @slevogt:

      Es geht ja um landwirtschaftliche Flächen. Österreicher haben es in der Regel anders gemacht. Es wurde einfach ein Strohmann eingeschaltet, der die Flächen offiziell gekauft hat. Im Innenverhältnis hat der Strohmann gegenüber dem Österreicher ein Darlehen in Höhe des Kaufpreises des Grundstückes bestätigt, aus dieser vollstrecken kann, falls der Strohmann das Grundstück an sich zieht

      • @4225 (Profil gelöscht):

        Haben Sie überhaupt verstanden, was Ihnen @Kaboom mitteilen will ?

        • @lions:

          Sorry, zurücknehm! der Beitrag von @ Kaboom galt nicht Ihnen.

  • Die EU muss aufhören, Ungarn mit Samthandschuhen anzufassen. Sanktionen müssen her, damit Herrn Orban klar wird, wer hier Koch ist und wer Kellner.

  • Sehe ich nicht so. Der Verlust an intern. Vertrauen kann doch nicht als Gewinn gewertet werden. Dass der ausländische Landraub gemessen an der gesamten Anbaufläche im Promille-Bereich liegt, damit werden sich gewiss noch ein paar helle Ungarn befassen.

  • 4G
    4225 (Profil gelöscht)
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