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Kommentar Iranisches AtomprogrammDen Worst Case verhindern

Tobias Schulze
Kommentar von Tobias Schulze

Nach dem Deal ist vor dem Deal: Weil der Iran gegen das Atomabkommen verstoßen hat, beginnt für die deutsche Außenpolitik die Arbeit.

Erst Anfang Juni war Außenminister Heiko Maas bei Präsident Hassan Rohani in Iran Foto: Iranian Presidency Office via AP

D ie Welt konnte dem Scheitern des Iran-Abkommens zusehen wie einem Unfall in Superzeitlupe. Dass es zum Aufprall kommen würde, war schon erkennbar, als die USA vor über einem Jahr aus dem Vertrag ausstiegen und neue Sanktionen gegen den Iran einsetzten. Die Europäer versuchten zwar noch monatelang, deren Auswirkungen abzufedern und den Iran im Abkommen zu halten. Dafür ist die EU aber wirtschaftlich und politisch zu schwach.

Was die Internationalen Atomenergiebehörde am Montag vermeldete, hatte sich also abgezeichnet: Der Iran besitzt wieder mehr angereichertes Uran als erlaubt. Dass er die Atombombe bauen kann, ist wieder wahrscheinlicher. Das Atom-Abkommen ist tot.

Nur weil die Bundesregierung und die europäischen Partner einmal scheiterten, sollten sie jetzt aber nicht aufgeben. Auf die Anhänger des Abkommens wartet eine neue Aufgabe, dieses Mal mit größeren Chancen auf Erfolg: Sie müssen den Worst Case verhindern.

Wie der aussehen würde? Der Iran stellt immer mehr, auch hochangereichertes Uran her. Aus dem Atomwaffensperrvertrag steigt er aus. Saudi-Arabien reagiert, indem es sich eine eigene Atombombe besorgt. Die USA reagieren, indem sie iranische Nuklearforschungsanlagen bombardieren. Die Situation in der Region eskaliert, der Nahe und Mittlere Osten hat seinen nächsten Krieg, zurück bleibt verbrannte Erde – und das ist nicht als Metapher gemeint.

Es gibt auch ein Best-Case-Szenario

So muss es nicht kommen. Es gibt auch ein Best-Case-Szenario: Der Iran reichert nicht noch mehr Uran an und missachtet auch keine weiteren Auflagen des Abkommens. Er belässt es bei symbolischen Verstößen, die die Hardliner im Land befriedigen sollen.

Neue Sanktionen sind zwar trotzdem unausweichlich. Die Regierung in Teheran bleibt aber grundsätzlich gesprächsbereit. In zwei Jahren, Inshallah, haben die USA dann einen neuen, demokratischen Präsidenten. Alle Beteiligten einigen sich zusammen auf einen neuen Anlauf. Das Atomabkommen lebt wieder.

Deutschland und seine europäische Partner könnten darauf hinwirken, dass sich der Iran für den zweiten Weg entscheidet. Was dafür zu tun ist? Sie müssen einen Fahrplan aufstellen hin zur Wiedereinsetzung des Abkommens. Sie müssen mehrere Außenminister zusammen nach Teheran schicken und so den Willen zur Kooperation demonstrieren. Und sie müssen die schlimmsten Folgen der nun kommenden, neuen Sanktionen abfedern – indem sie zum Beispiel weiterhin versuchen, zumindest den Handel mit humanitären Gütern wie Arzneimitteln zu ermöglichen.

Auch diese Aufgabe ist nicht ohne. Dieses Mal geht es aber nicht darum, ein starres Abkommen mit klarem Regelwerk einzuhalten. Es geht nur darum, ein paar Monate lang für eine halbwegs erträgliche Stimmung zu sorgen. Zumindest dafür könnte die Macht der Europäer ausreichen.

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Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.
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10 Kommentare

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  • Mann sollte nicht unterschlagen, dass die schwach angereicherte Uranmenge auch deshalb ansteigt, weil die US Sanktionen einen Transport dieses Materials ausser Landes und damit einen Verkauf verhindern. Das schwach angereicherte Uran ist für Kernwaffen untauglich, insofern wird das vorgebliche Ziel der "Welt" vom Iran nicht angetastet.

  • Ich finde es eine Illusion, zu glauben, daß irgendein*e Präsident*in der 'Demokratischen Partei' automatisch wieder auf das alte Abkommen mit dem Iran zurückkommen würde. Der Druck Israels wird auch (und grade!) bei den 'Democrats' wahrgenommen, und auch die Rüstungsindustrie, die vom Krieg lebt, will keinen Frieden.



    Die Europäer könnten stattdessen mit einer eigenen Handelsplattform den zivilen Handel mit dem Iran abwickeln, und so die US-Sanktionen ins Leere laufen lassen. Ich bezweifele, daß die USA den kompletten Handel mit der EU sanktionieren würden. Man müsste einfach mal aus dem Schatten der transatlantischen Nostalgie treten, und die USA als das sehen, was sie sind: ein eigennütziger Riese, dem man nicht ständig servil hinterherlaufen müsste! Europas Interessen sind mitnichten identisch mit den US-Interessen!!

    • @dodolino:

      Man könnte noch mehr tun. D kann als Staat Waren einkaufen und an den Iran liefern (Medikamente). Da D keine Geschäfte in den USA abwickelt wüsste ich nicht, wie sie sanktioniert werden könnten.

  • was heißt denn: "mehr als erlaubt"? Wenn USA aus dem Vertrag aussteigen und ein Land trotz Einhaltung der vereinbarten Regeln die verbliebenen Vertragspartner die vereinbarten wirtschaftlichen Öffnungen nicht einhalten können oder wollen – wo ist denn dann bitte die Instanz, die etwas erlauben kann?



    Der Kommentar sieht doch ganz danach aus, dass Iran zum Schurkenstaat gemacht werden soll, egal, was die ehemaligen Vertragspartner treiben. Damit wird der Desintegration der internantionalen Ordnung das Wort geredet.

  • Zum einen sind die Europäer viel zu schwach, etwas in dieser Richtung zu bewerkstelligen, zum Anderen sollten sie genau überlegen, ob die weitere Einhaltung des Atom Deals in irgend einer Weise überhaupt zielführend wäre!

    Das einzige, was wirklich sehr deutlich hervorgetreten ist, ist der Versuch des Irans, mit der Wiederaufnahme der Urananreicherung ein Erpressungsscenario aufzubauen!



    Macht ihr nicht was wir wollen, bauen wir uns eine Atombombe und benutzen sie!

    Der Iran vertritt gewisse Allmachtsgelüste in der Region und darüber hinaus, wie man bereits lesen konnte, wenn es auch schon eine Weile her ist, in dem der Iran Sprengköpfe in Nord Korea testete!

    Auch wenn man sich nicht wirklich mit dem Regierungsstiel Trumps abfinden möchte, sollte man in Bezug auf den Iran lieber it anderen Maßstäben daran gehen und die Sanktionen der USA unterstützen!!!

    • @urbuerger:

      Na sowas, jetzt ist also der gestattete Betrieb der Anreicherungsanlagen eine Erpressung? Warum nennen Sie die Sanktionen und die Erpressung der USA gegenüber den anderen Unterzeichnern nicht beim Namen?

      Das schwach angereicherte Uran darf ja wegen der Sanktionen auch nicht ausser landes gebracht werden oder verkauft werden. Der Bau von Kernwaffen ist mit schwach angereichertem Uran nicht möglich.

      Zu Ihren übrigen Ausführungen verweise ich auf Aussagen des US Präsidenten, in denen er Iran völkerrechswiedrig mit Vernichtung gedroht hat.

    • @urbuerger:

      Bitte geben Sie mir einen Beleg, woher Sie das mit den iranischen Sprengköpfen her haben, die in Nord-Korea getestet wurden. Da habe ich noch nie von gehört... ?!?

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @dodolino:

        Nicht ganz, aber so ähnlich:

        www.mena-watch.com...apfen-pjoengjangs/

        • @88181 (Profil gelöscht):

          Danke! Liest sich interessant, hat aber neben den Fakten natürlich auch einige spekulative Elemente. Eigentlich aber logisch, daß sich die 'Schurkenstaaten' gegen den verbünden, der sie 'Schurke' nennt...