Kommentar ICE-Brand: Prinzip Abwälzen
Auf Unfälle wie den Brand im ICE am vergangenen Freitag ist die Bahn nicht genügend vorbereitet. Denn der Profit steht im Vordergrund.
D ie Schnellstrecke der Bahn zwischen Köln und Frankfurt am Main bleibt nach dem Brand des ICE 511 am Freitagmorgen nicht wie zunächst angekündigt bis zum Montag, sondern voraussichtlich noch die gesamte Woche gesperrt.
„Voraussichtlich“ heißt im Bahnsprech nicht, dass sie vielleicht eher wieder offen ist. Stattdessen kann es gut sein, dass die Sache noch ein bisschen länger dauert.
Bei der Bahn gilt das Prinzip Abwälzen. Ob Elbhochwasser, kaputte Signalanlage oder Gleissanierung, die Reisenden müssen die Folgen tragen: Verspätungen, Zugausfälle, Umleitungen. Die Züge aus Köln nach Frankfurt werden über Koblenz und Mainz umgeleitet.
Das Feuer im ICE war am Freitagmorgen bei Dierdorf in der Nähe von Neuwied in Rheinland-Pfalz ausgebrochen. 510 Passagiere wurden aus dem Zug gebracht. Fünf Menschen erlitten nach Polizeiangaben leichte Verletzungen. Auslöser des Brandes war nach ersten Erkenntnissen der Bundespolizei ein technischer Defekt. Die Ermittlungen zur genauen Ursache dauerten am Sonntag an, wie ein Sprecher der Bundespolizei sagte. "Das kann der Trafo gewesen sein, das kann auch etwas anderes gewesen sein." (dpa)
Hunderttausende direkt Betroffene müssen mindestens 80 Minuten länger für die Fahrzeit einplanen. Und unzählige andere werden auch länger brauchen. Wenn es im Netz irgendwo hakt, dann hakt es auch an vielem anderen Stellen.
Gegen Unfälle kann sich die Bahn nur bedingt schützen. Zurzeit sieht es so aus, als sei ein technischer Defekt Ursache für den Brand, den niemand voraussehen und verhindern konnte. Den BahnmanagerInnen ist nach jetzigem Stand deshalb kein Vorwurf zu machen. Dass das Feuer aber derartige Folgen hat und die Strecke mehr als eine Woche nicht befahrbar ist, schon.
Die Bahn tut so, als wäre das Schicksal und nicht zu ändern. Ist das wirklich so? Das glaubt doch kein Mensch. Der Verdacht drängt sich auf, dass die Bahn auf solche Vorfälle nicht genügend vorbereitet ist, weil sie mehr Profit abwerfen soll.
Die Folgen des Unfall zeigen wieder einmal, wie fragil das Bahnnetz ist. Das Management und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sind nicht dazu in der Lage, einen reibungslosen Ablauf im Normalbetrieb zu gewährleisten. Stattdessen gehen sie mit Absichtserklärungen hausieren. So wollen sie bald den „Deutschlandtakt“ einführen, bei dem Züge aufeinander abgestimmt fahren. Doch ohne eine schnelle und große Offensive für die Erneuerung der Bahn wird das nichts.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben