Kommentar Groko und Klima: Mr. Energiewende auf Bewährung
Sigmar Gabriel hat alles in der Hand, um die Energiewende voranzubringen. Der künftige „Superminister“ wird es aber nicht allen recht machen können.
D en Titel „Mister Energiewende“ haben schon viele beansprucht. Aber erst Sigmar Gabriel kann ihn ausfüllen. Denn nie zuvor waren die institutionellen Bedingungen, in Deutschland Energiepolitik aus einer Hand zu machen, besser. Und das, obwohl der Koalitionsvertrag, was dieses Thema angeht, eine einzige Enttäuschung ist. Jetzt kommt es darauf an, wie ernst Gabriel es meint.
Seine Ausgangslage ist vielversprechend: Nach dem SPD-Mitgliedervotum und der sozialdemokratischen Handschrift im Koalitionsvertrag kann er vor Kraft kaum laufen; Sein „Superministerium“ garantiert ihm als Vizekanzler Einfluss; nebenan hat er ein Umweltministerium, dessen neue Chefin ihm den Job verdankt; und mit Peter Altmaier einen erklärten Fan der Energiewende im Kanzleramt.
Gabriel ist so mächtig, dass ihm kaum jemand ins Handwerk pfuschen kann. Auch nicht Hannelore Kraft, die von ihrer Ablehnung der Großen Koalition zähneknirschend zur Zustimmung wechseln musste.
Allerdings wird Super-Siggi die Energiewende kaum so machen, wie die Ökos sie sich vorstellen. Für ihn ist klar, dass die Kohle erst mal am Netz bleibt, dass Offshore-Wind wichtig bleibt, der die großen Konzerne begünstigt, dass Industrie und Gewerkschaften nicht allzu sehr protestieren dürfen. Die Träume von einer dezentralen Energieerzeugung haben es unter Gabriel erst mal schwer.
Die große Gefahr einer Energiewende à la Gabriel: Für die Genossen ist sie Industriepolitik, die die alten Branchen nicht überlasten darf, und kaum Aufbruch in die Green Economy. Die SPD-Klientel ist eher über Jobs als über neue Windräder zu begeistern, und von den Ökos kommen keine Stimmen für die SPD. Wenn Gabriel Jobs und Umwelt verbindet, kann er erfolgreich sein. Wenn nicht, drohen der Energiewende schwere Zeiten.
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