Kommentar Gaslieferung in die Ukraine: Fata Morgana Fracking-Offensive
Die Europäer sind auf russisches Gas angewiesen. Da hilft der hektische Ausbau von Fracking gar nichts. Aber auch Gazprom braucht Europa.
G azprom hat den berühmten Gashahn vorübergehend tatsächlich zugedreht. Nach dem Abschuss eines Militärflugzeugs mit 49 Toten und der massiven Verschärfung im Ukrainekonflikt war eine Einigung in dem seit Monaten schwelenden Gasstreit auch nicht zu erwarten. So ist ein weiteres Ultimatum verstrichen. Und Gazprom reagierte darauf mit der Unterbrechung der Gaslieferung.
Die russischen Gasmänner zeigen ihren gewaltigen Bizeps und signalisieren, dass Ultimaten keine beliebige Deadline sind. Natürlich werden die Verhandlungen trotzdem weitergehen, weil sowohl der wichtigste Erdgaslieferant als auch das wichtigste Transitland aufeinander angewiesen sind und jeweils genügend Quälpotenzial besitzen, um die andere Seite an den Tisch zu zwingen.
Die Eskalation im Gasstreit hat darüber hinaus direkte Folgen für die EU. Gerade haben die Europäer ihre Strategie zur Energiesicherheit beschlossen und Energiekommissar Oettinger fordert Notfallpläne und Stresstests für Europas Gasversorgung.
Es sind gespenstische Szenarien, wenn immer wieder hochgerechnet wird, wie viele Monate der Kontinent ohne russisches Gas durchhalten könnte. Dabei ist offensichtlich, dass die Europäer kurz-, mittel- und auch langfristig auf russisches Gas angewiesen sind. Ein Drittel des EU-Verbrauchs deckt Russland.
Das ist eine gewaltige Abhängigkeit, sie ist aber zugleich beruhigend, weil sie beide Seiten zur Vernunft zwingt. Der Glaube, mit dem hektischen Ausbau von Terminals für Flüssiggas oder – noch absurder – mit einer großen Fracking-Offensive sich von dieser Abhängigkeit zu befreien, ist eine Fata Morgana. Und: Die Gasreserven Europas sind vergleichsweise gering, die russischen sind gigantisch. Man muss die Abhängigkeit als Chance sehen. Gazprom braucht den europäischen Markt.
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