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Kommentar Friedensnobelpreis 2017Yes, Ican

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Der Friedensnobelpreis für die Kampagne zur weltweiten Ächtung von Atomwaffen ist ein gutes Zeichen. Nur bewirken wird er nichts.

Verlegung einer mobilen Startrampe für die atomwaffenfähige Interkontinentalrakete Topol-M in Alabino, Russland – Archivfoto aus dem Jahr 2009 Foto: dpa

D er Friedensnobelpreis 2017 für die International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (Ican) ist eine gute Wahl des Nobelpreiskomitees. Es ist der Versuch einer symbolischen Intervention, wieder einmal. Nicht ein Lebenswerk wird geehrt, sondern ein konkretes Anliegen wird unterstützt.

Mit dem Preis unterstützt das Nobelpreiskomitee ausdrücklich den im Juli von der UN-Generalversammlung gegen den Willen aller offiziellen und inoffiziellen Nuklearmächte von 122 Staaten verabschiedeten Vertrag zur weltweiten Ächtung von Atomwaffen. Der Vertrag ist noch nicht in Kraft, weil ihn derzeit noch nicht ausreichend Länder ratifiziert haben. Und wenn er denn in Kraft tritt, wird er die Realität wenig bis gar nicht verändern. Nicht, weil er schlecht konzipiert wäre – sondern weil die reale Macht der Verweigerer einfach zu groß ist.

Das Ziel einer atomwaffenfreien Welt ist so alt wie die Atomwaffen selbst, erst recht nach ihrem ersten Einsatz durch die USA 1945 in Hiroshima und Nagasaki. Barack Obama hatte sich das Ziel 2009 kurz nach seinem Amtsantritt als US-Präsident in seiner Prager Rede zu eigen gemacht – dabei blieb es dann aber auch.

Der Nukleardeal mit Iran, außenpolitischer Meilenstein von Obamas Amtszeit, steht mit seinem Nachfolger auf der Kippe. Und mit Donald Trumps Drohung „völliger Zerstörung“ Nordkoreas ist ein neuer Tiefpunkt seit Ende des Kalten Krieges erreicht. Seit der im Systemkonflikt zwischen Ost und West grundsätzlich bestehenden Androhung wechselseitiger Zerstörung hat kein Führer eines demokratischen Staates mehr den Einsatz von Atomwaffen zum Erreichen politischer Ziele offensiv ins Spiel gebracht.

Ican feiert: Beatrice Fihn, ihr Mann Will Ramsay (r.) und Daniel Hogsta nach Bekanntgabe des Nobelpreises Foto: dpa

Der Nobelpreis versucht, in dieser Situation ein Zeichen der Solidarität mit all jenen zu senden, die sich mit dem Ende der Abrüstungsziele nicht abfinden wollen, die mit allen Mitteln das Gegensteuern versuchen. Das ist gut. Nobel, möchte man sagen. Es ist ein Preis, den die westlichen Regierungen keineswegs pflichtschuldig feiern können wie den an Kolumbiens Präsidenten Juan Manuel Santos im vergangenen Jahr – denn er betrifft sie selbst, die Verweigerer.

Er ist auch nicht, wie seinerzeit die Preise für Jimmy Carter (2002) oder Al Gore (2007), ein direkt und fast ausschließlich gegen den Machthaber im Weißen Haus gerichtetes Statement einer europäischen Institution. Es ist ein Preis, der tatsächlich im Namen der Weltbevölkerung für den Einsatz für ein überlebenswichtiges Ziel vergeben wird.

Nur: Bewegen könnte er nur dann etwas, wenn er in den Ländern der Verweigerer selbst benutzt würde, um die eigenen Regierungen unter Druck zu setzen. Zum Beispiel in Deutschland, das, würde es den Vertrag unterzeichnen, die Stationierung von US-Atomwaffen auf deutschem Boden untersagen und die nukleare Zusammenarbeit im Rahmen der Nato aufgeben müsste. Das ist mehr als unwahrscheinlich.

Der Nobelpreis ist eben doch nur das: ein Preis.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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7 Kommentare

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  • Der BAN Treaty, der bei den Vereinten Nationen am 7. Juli beschlossen wurde und den seither mehr als 50 Laender unterzeichnet haben, ist ein Meilenstein in der Geschichte der Abruestung. Waere er irrelevant, haetten vor allem die USA nicht so erbittert versucht, die Verhandlungen zu verhindern. Ohne die jahrelange Lobby-Arbeit von ICAN, für die die IPPNW - internationale Aerzte für die Verhütung des Atomkrieges der Geburtshelfer war, haette es den Erfolg nicht gegeben. Es hat zudem mutiger Regierungen wie der von Oesterreich bedurft , die sich nicht länger bevormunden lassen wollen durch die Atomwaffenstaaten und Vasallen in der NATO. Warum sollte Deutschland nicht einschwenken und den Vertrag unterzeichnen? Durch den Trump-Nationalismus ist es ohnehin Zeit für eine Emsnzipation von den USA. Dass die Bubdesrepublik Seutschland einen internationalen Vertag nicht unterzeichnet, ist nicht nur ein einmaliger Vorgang sondern erbaermlich. Ja, es ist eine Schande für unser Land. Der Nobelpreis wird der überlebenswichtigen Arbeit gegen Atomwaffen neuen Auftrieb geben. Was steht auf dem Spiel? Es geht um alles, was uns lieb ist, einfach um alles.

    Dr.Lars Pohlmeier - IPPNW

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Naja, das ist wenigsten viel besser als der Dalai Lama oder Mutter Theresa.

    Es war ja schon zu vermuten, dass sich das"Frieden" in "Friedensnobelpreis" eigentlich auf das Jenseits bezieht.

  • Dank einiger Fehlentscheidungen in den vergangenen Jahren hat der Friedensnobelpreis leider nicht mehr den gleichen Stellenwert, wie die anderen Preis-Kategorien.

    Ohnehin besteht wenig Hoffnung, dass D. Trump und Kim Jong Un diese Preisverleihung zum Anlass nehmen, ihre jeweilige Politik zu überdenken.

  • 3G
    36387 (Profil gelöscht)

    Dieser Preis zeigt wieder einmal:

     

    Das Leben ist schön, aber niemand hat versprochen, dass es einfach ist.

     

    Schön:

     

    Es ist absolut notwendig, Atomwaffen zu ächten!

     

    Nicht wegen Nagasaki und Hiroshima ... der rassistische Blutdurst des japanischen Volkes einschließlich einer religiös überhöhten Niemals-aufgeben-Einstellung hätten bei nicht vorhanden sein einer atomaren Option dazu geführt, dass hunderttausende amerikanische Soldaten und Millionen Japaner im Kampf um jede Insel, jeden Ort, jede Straße, jedes Haut abgeschlachtet worden wären.

     

    Sondern, weil es die Gefahr gibt, dass

     

    a) durch einen Fehlentscheidung bzw. technische Fehler (siehe September 1983 - Stanislaw Petrow).

     

    b) durch apokalyptische Terroristen und/oder (halb-)staatliche Entscheidungsträger

     

    die menschliche Gesellschaft mittels einem größeren Einsatzes von Nuklearwaffen vernichtet wird.

     

    Nicht einfach:

     

    Der Fähigkeit zur gegenseitigen totalen Vernichtung hat den 3. Weltkrieg bisher verhindert und wird auch einen 3. Weltkrieg zwischen den USA und China verhindern.

     

    Klar ist auch - schauen wir uns alle jetzigen - Konflikte an:

     

    Wenn Südkorea und Japan etc. pp. nicht von den amerikanischen Atomwaffen geschützt wären, wäre der Koreakrieg nicht seit 1953 ein kalter Krieg.

     

    Indien und Pakistan führen keinen Krieg gegeneinander, seit dem Sie Atomwaffen haben.

     

    Israel verdankt seine Existenz den eigenen (bekanntlich nicht bestätigten) Atomwaffen.

     

    Würden morgen also alle Atomwaffen verschwunden sein, würde die Anzahl der konventionellen Kriege erheblich steigen.

     

    Also, ICAN hat garantiert nicht im letzten Jahr mehr für den Weltfrieden gesorgt, als andere, aber es ist ein gutes Zeichen!

     

    Und wir können ja schlecht Kim Jong-un den FNP geben, auch wenn der bisher unterbleibende Angriff von NK an SK sicherlich der größte Beitrag zum Weltfrieden in 2016 war.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @36387 (Profil gelöscht):

      Das mit Hiroshima und Nagasaki machen sie sich ein bßchen einfach, denke ich.

       

      Die erste Warnung hätte einfach auch in einer Demonstration der Bombe über im Ozean vor der Küste Japans, etwa vor Tokyo, geschehen können. Da hätte ganz Tokyo die Drohung gesehen und das Militär hätte die Nachricht nicht verheimlichen können, wie das bei der Bombe von Hiroshima passiert ist. Unter anderem deswegen ist es ja erst zum Einsatz der zweiten Bombe gekommen.

       

      Die Kapitulation der Japaner ist in erster Linie daran gescheitert, dass die amerikanische Führung unbedingt den Kaiser absetzen wollte. Der war aber derjenige, der eine Kapitulation hätte unterschreiben müssen.

       

      General MacArthur hat später den Genralstab davon überzeugen können, dass es nicht funktioniert, den Kaiser abzuschaffen, weil dieser notwendig war, um die sog. nationale Einheit zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass die Entwaffnung friedlich vonstatten geht und dass es keine gewaltätigen Partisanenbewegungen gibt, um die alte Ordnung wiederherzustellen.

       

      Wenn nach dem Mauerfall die PDS verboten worden wäre, hätte es wohl auch Gewalt von der orthodoxen Linken gegeben und es ist am Ende doch auch der PDS zu verdanken, dass der Nachgang der Wende ohne stalinistische Partisanen einen friedlichen Lauf nahm (abgesehen von Rostock-Lichtenhain etc.).

       

      Angesichts dessen, dass auch in Europa viele Staaten eine konstitutionelle Monarchie haben, angefangen mit England, ist es mir völlig unverständlich, dass sich die US-Militärführung entschied, bevor sie den Kaiser akzeptiert, erst zwei Städte auszulöschen und unzählige Menschen für ihr Leben lang zu schädigen, auf Generationen hin.

       

      Dass Sie das so einfach abtun und die historisch inkorrekte Rechtfertigung des Militärapparates benutzen, entspricht zumindest nicht meiner Form der Empathie (die nicht mit Sympathie zu verwechseln ist).

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @85198 (Profil gelöscht):

        Die USA waren zu der Zeit auch ein Apartheidstaat mit Rassentrennung, nur dass nach dem 2. Zusatzartikel jeder Amerikaner das recht hat, unter Waffen zu stehen ("to bear arms" bedeutete wohl eigentlich "unter Waffen stehen" und nicht "Waffen tragen").

         

        Ich interpretiere die Instrumentalität des Massenmordes, mit der das US-Militär agierte, auch rassistisch, denn innerhalb der USA waren alle japanischstämmigen Japaner*innen in Konzentrationslager/Internierungslager gesperrt worden. Wir haben an der Uni kritisch darüber diskutiert in meinem Studium, welcher Begriff zutrifft und die Argumente sprachen eher für den ersten Begriff.

         

        Auch durfte nicht für den Tenno gelten, was für Georg VI. rechtens war. Auch England war eine imperialistische, rassistische Großmacht, die in der ganzen Welt Krieg geführt hat und den Dreieckshandel mit den USA geführt hat.

         

        Dass eine konstitionelle Monarchie den Japanern erst versagt wurde, um sie dann - nach Hiroshima und Nagasaki - doch anzuerkennen, hat für meine Begriffe viel mit dem Amerikanismus zu tun, der spezifisch amerikanischen Form des Nationalismus, die die rassistische kulturelle Arroganz beinhaltet, Amerika sei das Größte oder wie Trump es ausdrückt: "America first!".

  • Westerwelle wollte die US-Atomwaffen in Deutschland verbieten.

    Secretary Hillary Clinton und Frau Merkel +CDU spielten aber nicht mit.