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Kommentar FlughafenpleiteLübeck hat ausgeflogen

Esther Geisslinger
Kommentar von Esther Geisslinger

Der Regionalflughafen Lübeck-Blankensee meldet Insolvenz an. Zunehmend wird klar: Niemand braucht dieses Prestigeprojekt.

Hat als Einziger profitiert: der Billigflieger Ryanair. Bild: ap

K IEL taz Es geht um Geld, aber auch um Gefühle: Seit Jahren steuert der Regionalflughafen Lübeck-Blankensee tiefer und tiefer in die roten Zahlen, dennoch hielten weite Teile von Politik und Bevölkerung an dem defizitären Betrieb fest, unterstützt von CDU und FDP im schleswig-holsteinischen Landtag. Noch 2010 stemmte sich eine Mehrheit der Lübecker gegen die Abwicklung des damals städtischen Flughafens, als entschiede sich das Wohl der Hansestadt auf dem Rollfeld.

Jetzt aber meldet ein Notgeschäftsführer Insolvenz an. Auch wenn die 100 Beschäftigten hoffen, dass ihre Arbeitsplätze gerettet werden – die Politik hat signalisiert, dass es diesmal weder von städtischer noch von Landesseite Hilfe gibt. Damit gestehen die Verantwortlichen ein, was schon lange klar war: Diesen Flughafen braucht kein Mensch. Profitiert hat nur der Billigfluganbieter Ryanair.

Über 700.000 Passagiere fertigte Lübeck-Blankensee in seinem besten Jahr 2005 ab, zuletzt waren es gut halb so viele. Ryanair verlangte als wichtigster Kunde Vorzugsbehandlung und den Bau neuer Startbahnen, drückte aber gleichzeitig die Preise, bis am Ende der Flughafen sogar Geld verlor, wenn er Ryanair-Flüge abfertigte. Die Hoffnung, durch Masse doch wieder in die Gewinnzone zu fliegen, ließ Ryanair platzen: Statt neue Ziele anzufliegen, kappte die Gesellschaft sogar Verbindungen ab Lübeck.

Für den Deal mit dem Billigflieger hat sich Lübeck jede Menge Ärger eingehandelt. Gerichte beschäftigen sich mit Klagen gegen den Ausbau, ein benachbartes Naturschutzgebiet und zahlreiche Anwohner leiden unter dem Krach der Urlaubsjets. Auch finanziell steht die Stadt schlecht da. Als Eigentümerin häufte sie Schulden auf und verschenkte 2012 den Betrieb für einen symbolischen Euro. Der damalige Investor gab das Unternehmen zwischenzeitlich weiter, die jetzigen Eigentümer sind abgetaucht.

Wie genau es nun weitergeht, ist noch unklar. Zurzeit geht der Betrieb weiter, alle geplanten Flüge starten von dem Platz, der 1917 als militärischer Fliegerhorst eingeweiht wurde. Im Zweiten Weltkrieg startete Nazi-Deutschland von hier die Luftinvasion von Dänemark und Norwegen, nach dem Krieg flogen Versorgungsfrachter nach Westberlin. 1987 erlangte der Platz traurige Berühmtheit, weil der damalige Ministerpräsident Uwe Barschel mit einem Kleinflug abstürzte.

Das Ansehen, das Lübeck sich mutmaßlich vom Flugplatz erhofft hat, gab es übrigens nie. Ryanair, dessen Geschäftsmodell darin besteht, von Rollfeldern jenseits der Metropolen zu starten, nannte den Standort großzügig „Hamburg.“

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Esther Geisslinger
Schleswig-Holstein
Jahrgang 1968. Ist in der taz als Landeskorrespondentin für Schleswig-Holstein zuständig von Flensburg bis Elmshorn, von Fischerei bis Windkraft, von lokalen Streitigkeiten bis Landtagsdebatten. Schwerpunkte: Soziales, Gesundheitspolitik
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