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Kommentar FlüchtlingsgipfelDeutschland einfach härter machen

Kommentar von Ulrich Schulte

Die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder loben sich für einen Kompromiss, der kein Lob verdient. Er ist gleich mehrfach perfide.

Schon mal kein Fehlanreiz: improvisierte Flüchtlingsunterkünfte. Foto: dpa

S o ein Wort können sich wirklich nur Bürokraten ausdenken. Kalt, technisch und unpersönlich klingt es, aber irgendwie auch präzise und scheinbar wahr. Dieses Wort war der Kanzlerin, dem Grünen Winfried Kretschmann und den anderen Ministerpräsidenten bei ihrem großen Asylkompromiss sehr wichtig, es fällt gleich mehrfach in ihrem Beschluss. Fehlanreize.

Fehlanreize also gelte es für Asylbewerber tunlichst zu vermeiden, was übersetzt bedeutet: Wir müssen Deutschland einfach unfreundlicher und härter machen, dann kommen weniger Hilfesuchende zu uns. Dass die CSU und Merkels CDU so denken, ist keine Überraschung. Aber auch die Sozialdemokraten und die Grünen stimmen dieser Analyse zu, auch wenn sie das nicht ganz so laut sagen. Das ist der große Konsens der deutschen Politik, der sich Donnerstagnacht offenbarte.

Jener ist gleich mehrfach perfide. Zunächst arbeiten Merkel und die Länderchefs mit einer handfesten Unterstellung. Viele Flüchtlinge suchen doch gar nicht Schutz, sie wollen etwas bei uns abgreifen - unseren Reichtum, unser Geld, unsere Sozialleistungen. Wer so denkt, sollte sich kurz vor Augen führen, wie tief empfunden Not sein muss, wenn Menschen freiwillig ihre Familie, ihre Freunde und ihre Heimat zurücklassen, um auf eine lebensgefährliche Reise zu gehen.

Solche Menschen mögen nach deutschem Recht keinen Asylgrund haben. Aber mindert das ihren Mut, den Aufbruch zu wagen? Oder ihr Recht, ihr Glück zu suchen? Merkels ganz große Koalition hat sich nicht nur dafür entschieden, Armutsflüchtlinge zu entmutigen. Nein, jetzt werden ein paar Schikanen in Gesetzestexte gegossen. Der Staat wird Asylbewerber bis zu sechs Monate in völlig überfüllte Erstaufnahmeeinrichtungen sperren, nicht nur drei wie bisher. Dies wird das Chaos vor Ort nur vergrößern, da sind sich viele Experten einig.

Eine fatale Logik

Das kleine Taschengeld, mit dem sich Flüchtlinge bisher einen Kinobesuch, die Busfahrt in die Innenstadt oder ein Eis an der Ecke kaufen können, wird gestrichen. Stattdessen wollen Merkel und die Ministerpräsidenten Sachleistungen oder Gutscheine gewähren. Mal abgesehen davon, dass es schon recht widerwärtig ist, 143 Euro im Monat in einem reichen Land als luxuriösen „Fehlanreiz“ zu definieren: Dieser bürokratische Unfug wird die gestressten Helfer vollends in den Wahnsinn treiben.

Bekommt jeder einen Zigarettengutschein, auch die Nichtraucher? Muss jeder ins Kino, auch die, die nicht wollen? Hilft eigentlich ein Gutschein-Schwarzmarkt in Unterkünften? Ist das alles nicht etwas irre? Das sind so Fragen, die die Entscheider im Kanzleramt lieber nicht beantworten wollten.

Eine Idee aber ist besonders abstoßend. Merkel und die Länder wollen abgelehnten Asylbewerbern, die nicht freiwillig ausreisen, jede Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz streichen - bis auf das „unabdingbar Notwendige“. Will der Staat in Zukunft also verzweifelten Menschen, die sich ihm nicht unterordnen, das Existenzminimum kürzen? Das wäre in der Tat eine interessante Rechtsauslegung, vermutlich bleibt diese Klausel deshalb bewusst schwammig.

Dann könnte der Gesetzgeber sich zum Beispiel auch überlegen, Hartz IV-Bezieher, die einen ungeliebten Job nicht annehmen, aus ihrer Wohnung zu werfen. Motto: Wer nicht hören will, wird eben obdachlos, wieder ein Fehlanreiz weniger.

Eine solche Logik aber wäre fatal. Die Stärke eines Rechtsstaates zeigt sich gerade in seinem Umgang mit Schwachen, die Menschenwürde gilt auch für diejenigen, die Gesetze nicht achten. Merkel, Kretschmann und die anderen Ministerpräsidenten loben sich im Moment für einen Kompromiss, der kein Lob verdient.

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37 Kommentare

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  • was noch gesagt gehört:

    wo hat sich eigentlich der kompromiß versteckt?

    ich kann keinen entdecken. sondern nichts anderes als die fortsetzung der asyl+flüchtlingspolitik seit den frühen 70-gern des letzten jahrhunderts.

  • Sündenböcke und Rechtstaatlichkeit

     

    Einen Augenblick war es soweit, Deutschland hat sich an rechtsstaatliche Prinzipien gehalten und Menschen in Not aufgenommen. Jetzt macht man die Flüchtlinge wieder zu Sündenböcken und diffamiert sie schamlos. Das mit dem Taschengeld ist eine unglaubliche Sauerei. Die "Rechten" haben wieder die Meinungshoheit übernommen. Schade.

  • Ich habe weniger Angst vor Flüchtlingen, als vor Flüchtlingsfeinden.

    Mich wundert das allerdingss nicht. Seit Jahrzehnten hält man in Deutschland an einer Gastarbeiter Politik fest, weil die Mehrheitsgesellschaft keine Einwanderer wollte und will. Aber gerade das Wort "Gastarbeiter" impliziert doch schon seit Jahrzehnten Ausgrenzung?

     

    Jetzt also Flüchtlinge, welche in der Mehrheit auf Grund der menschenverachtenden und aggressiven westlichen Außenpolitik fliehen, wird mit Unterstellungen gearbeitet. Ich erinnere einmal daran, wie viele hunderte von Milliarden haben die Bankenrettungen dem Steuerzahler bisher gekostet? Was kostet den Steuerzahlern, der Betrug mit dem Abgaswerten bei der deutschen Automobilindustrie?

     

    Wäre dem Westen Drohnen über Ihre Städte, zerstörte Infrastrukturen lieber? Im Übrigen von den ca. 60 Millionen Flüchtlinge weltweit, kommt oder schafft es nur ein geringer einstelliger Prozentsatz in den Westen?

     

    Wir rücken mit drei Feuerwehrwagen aus, um ein kleines Kätzchen in Deutschland zu retten, wir bauen Tunnel damit Tiere nicht den gefährlichen Weg über die Straße nehmen müssen, aber wir lassen Boote mit hunderten von Menschen schlicht und ergreifend im Mittelmeer und anderswo absaufen? Ist das unter Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Westen zu verstehen? Theodor W. Adorno hat schon vor einem halben Jahrhundert einen sehr klugen Gedanken zum Thema formuliert: "Ich habe keine Angst vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten."

    • @heino Ewerth:

      zu den ersten Absätzen: die Bankenrettung hat den Steuerzahler bisher noch nichts gekostet, weil man das Hilfs-Geld verliehen hat, mit Zinsen. Der VW-Skandal kostet höchstens indirekt, weil VW ev. weniger Gewinn macht, Steuergelder werden aber nicht fließen....von daher kann ich nicht ganz nachvollziehen, was diese Vergleiche sollen.

  • "Dann könnte der Gesetzgeber sich zum Beispiel auch überlegen, Hartz IV-Bezieher, die einen ungeliebten Job nicht annehmen, aus ihrer Wohnung zu werfen. Motto: Wer nicht hören will, wird eben obdachlos, wieder ein Fehlanreiz weniger."

     

    Könnte er das?

    Nee, das macht er. Das ist spätestens dann der Fall, wenn der HartzIV-Bezieher eine Wohnung hat, die der willkürlichen Festlegung der zuständigen Hartz-Behörde zu teuer erscheint. Dann wird demjenigen schon lange nicht mehr die volle Miete bezahlt. Wenn er dann Kürzungen hinnehmen muss (die auch bis zu 0 € gehen können), dann ist er seinen Wohnsitz los.

     

    Deshalb ist dieser Satz besonders bedenklich und eine Vorlage für alle Rechtspopulisten:

    "Will der Staat in Zukunft also verzweifelten Menschen, die sich ihm nicht unterordnen, das Existenzminimum kürzen? Das wäre in der Tat eine interessante Rechtsauslegung, vermutlich bleibt diese Klausel deshalb bewusst schwammig."

     

    Dieser Staat macht es. Er macht es mit seinen Einwohnern, die 30, 40 Jahre lang in die Sozialversicherungskassen eingezahlt und ihre Steuern gezahlt haben, wenn diese nicht nach einem Jahr Arbeitslosigkeit bereit sind, für z.B. 450 € brutto Scheiße in Darmstadt zu schaufeln.

    Wer also sich jetzt über die geplante Regelung aufregt, ohne gleichzeitig den Supermissstand HartzIV zu ktitisieren, bzw. wie in diesem Artikel sogar noch so tut, als sei ein hier lebender HartzIV-Bezieher priviligiert gegenüber einem zukünftig Abzuschiebenden, der beweist das Gegenteil.

    Wenn dies erst eingeführt werden soll, dann ist der HartzIV-Bezieher zur Zeit tatsächlich benachteiligt gegenüber jedem, der die BRD eigentlich verlassen müsste.

     

    UND DAS IST DANN WIRKLICH UNTRAGBAR!

    • @Age Krüger:

      es handelt sich bei diesem Artikel um einen Lobyismus für Flüchtlinge und eben nicht um einen Lobbismus für Arme (welcher Herkunft auch immer).

      Ein klassischer Doppelstandart.

       

      Daher die verzerrte Wahrnehmung.

      Tatsache ist, dass viele Arme in diesem Land, aus unterschiedlichen Gründen, selbst unter dem physischen Existenzmnimum dahin vegetieren.

       

      Verfechter einer Rot/Grünen Politik, die Harz4-Zumutungen erst möglich gemacht haben, müssen dafür blind sein. Vorallem dann wenn sie sich wie immer als moralischer aufspielen wollen.

       

      So aber bestätigt man erst Menschen mit fremdenfeindlichen Ressentiments.

       

      Man erzeugt den Eindruck, dass gesellschaftlich getragener Bereitschaft zur Hilfe für Notleidende sich nur auf Flüchtlinge erstreckt aber dass dem eigene Leid keine Beachtung geschenkt wird.

       

      Jeder Asyl-Lobbyismus, der die Lage der Schwächsten in diesem Land ignoriert oder verneint, schadet der eigenen Sache.

      • @Seifenblase:

        nein.

        es handelt sich um einen kommentar zu einer politik, die sich offenkundig darauf verlassen kann, dass sich immer wieder recht viel etliche finden, die rumnölen, es würde "dem eigene Leid keine Beachtung geschenkt".

        • @christine rölke-sommer:

          "dem eigene Leid keine Beachtung geschenkt".

           

          Aber genau dies geschieht.

           

          Jenseits der Willkommenskultur gibt es tatsächlich noch anderes Elend - hauptverursacht von Rot/Grün.

           

          Scheinbar leben wir in verschiedenen Welten.

           

          Ich kenne solche Menschen.

          Fragen Sie doch einfach mal bei den Tafeln oder den Wohlfahrts-verbänden nach.

          • @Seifenblase:

            weiß nicht, in welcher welt Sie leben.

            ich lebe in einer, in der es beides gibt: asylsuchende/flüchtlinge+wanderarbeiterinnen und hatz4.

            und in einer, in der sich an hatz4 auch dann nichts änderte, wären sämtliche asylsuchenden/flüchtlinge+wanderarbeiterinnen verschwunden - das muß schon auf anderem wege erreicht werden (selbst der rechtsweg hilft da nur begrenzt - sage ich, die es erfreulich findet, dass es bei hatz4 bis zur vorlagefrage wesentlich weniger lang gedauert hat als beim asylbewleistungsG). darüber, dass mann sich gegen "die fremden" ausspielen läßt, erreicht mann jedenfalls garnichts - außer womöglich noch mehr sanktionsregime.

            • @christine rölke-sommer:

              Es geht mir nicht um Ausspielen von Harz4ern und Flüchtlingen.

               

              Ich entdecke hier nur eine gewisse Bigotterie der grünen Klientel.

               

              Längst gibt es Obdachlosigkeit, die durch Leistungskürzungen oder Bezug von Harz4 verursacht wurde.

              Und auch Gutscheine. Haben Sie etwa das unwürdige Bildungspaket vergessen ?

               

              Weiß der Autor darüber nicht Bescheid, oder noch schlimmer will er davon nichts wissen ?

               

              Ich wiederhole nochmals :

              Jeder Asyl-Lobbyismus, der die Lage der Schwächsten in diesem Land ignoriert oder deren missliche Lage nicht sehen will, schadet der eigenen Sache.

              • @Seifenblase:

                entdecke ich da eine gewisse bigotterie?

                oder einfach nur blankes nicht-wissen? Kombiniert mit denk-verweigerung?

                 

                obdachlosigkeit, die "durch Leistungskürzungen oder Bezug von ...verursacht wurde" gab es bereits zu zeiten des BSHG von 1961, gutscheine und andere entwürdigende praktiken inklusive.

                und in historischer betrachtung kämen wir zu dem ergebnis, dass es dies bereits unter dem fürsorgegesetz von 1924 gab.

                 

                'fürsorge' ging in 'schland nämlich schon immer davon aus, dass die ihr unterworfenen etwas erhielten, was ihnen eigentlich garnicht zustünde. weshalb es legitim war, sie nach besten kräften zu schuriegeln und sie im zweifel auf eine diät zu setzen, die "das zum Lebensunterhalt Unerläßliche" genannt wurde (§25 BSHG).

                 

                gestritten wurde schon immer darum, wer es verdient habe, auf diese diät gesetzt zu werden und wer eher nicht. das könnte man lobbyismus nennen - oder auch den versuch, sich (für sich selbst und/oder seine klientel) mit der herrschaft gut zu stellen. nicht auf diät gesetzt zu werden ist schließlich ein sehr berechtigtes anliegen - zumal in zeiten, in denen Ihnen der eine+andere wissenschaftler (politiker/lobbyist) vorrechnet, wieviel platz nach unten im regelsatz noch wäre. und so konnte die herrschaft sich auch schon immer darauf verlassen, dass sich genügend pappnasen fänden, die bereit wären, fremde auf null-diät zu setzen, so sie selbst nur weitgehend verschont blieben – eine rechnung, die bekanntlich nicht und nie aufgeht. die aber zu solch idiotischen vorwürfen wie „Jeder Asyl-Lobbyismus, der die Lage der Schwächsten in diesem Land ignoriert oder deren missliche Lage nicht sehen will, schadet der eigenen Sache.“ führt.

                • @christine rölke-sommer:

                  "Will der Staat in Zukunft also verzweifelten Menschen, die sich ihm nicht unterordnen, das Existenzminimum kürzen? Das wäre in der Tat eine interessante Rechtsauslegung, vermutlich bleibt diese Klausel deshalb bewusst schwammig."

                  Frage dazu : Tut er es nicht schon längst ?

                   

                  "Dann könnte der Gesetzgeber sich zum Beispiel auch überlegen, Hartz IV-Bezieher, die einen ungeliebten Job nicht annehmen, aus ihrer Wohnung zu werfen. Motto: Wer nicht hören will, wird eben obdachlos, wieder ein Fehlanreiz weniger."

                   

                  Gibt es nicht schon jetzt eine Kausalität zwischen Harz4 und Obdachlosigkeit (gerade bei Familien und BezieherInnen in der Grundsicherung im Alter und ich meine seit Harz4 )?

                   

                  "Stattdessen wollen Merkel und die Ministerpräsidenten Sachleistungen oder Gutscheine gewähren."

                  Ist das nicht schon Gang und Gebe in Harz4 ?

                   

                  " Mal abgesehen davon, dass es schon recht widerwärtig ist, 143 Euro im Monat in einem reichen Land als luxuriösen „Fehlanreiz“ zu definieren: "

                  Wer hat am lautesten geschrieen, dass das Betreuungsgeld (erst 100 dann 150 Euro) Fehlanreize böte ?

                   

                  Wenn dieses Land es nicht schafft, die Armen und Notleidenden mit Würde zu versorgen, wird es ein Treten nach unten und ein Rechtsruck geben.

                   

                  "oder einfach nur blankes nicht-wissen? Kombiniert mit denk-verweigerung?" Danke, für ihren Kommentar.

                  • @Seifenblase:

                    ich schrub:

                    obdachlosigkeit, die "durch Leistungskürzungen oder Bezug von ...verursacht wurde" gab es bereits zu zeiten des BSHG von 1961, gutscheine und andere entwürdigende praktiken inklusive.

                    und in historischer betrachtung kämen wir zu dem ergebnis, dass es dies bereits unter dem fürsorgegesetz von 1924 gab.

                    ich hätte auch schreiben können: das ist gang und gäbe seit mann begann, hospiz wie gefängnis in ein arbeitshaus umzuwandeln. also seit der frühen neuzeit.

                    wo genau da die kausalität liegt, bliebe noch herauszuarbeiten.

                    im gesetz (jetzt SGB) liegt die kausalität nicht... da müssen Sie schon woanders suchen.

                    und solange Sie (und andere) das nicht tun, wird es "ein Treten nach unten und ein Rechtsruck geben".

                     

                    und nun dürfen Sie weiter auf asyl-lobbyisten schimpfen...

                    mir geht das glatt am tuches vorbei.

                    • @christine rölke-sommer:

                      "und nun dürfen Sie weiter auf asyl-lobbyisten schimpfen..."

                       

                      Ich bin sehr wohl in der Lage zwischen Asyl-Lobbyisten mit und ohne Doppelstandarts zu unterscheiden.

                       

                      Erstere werden meine Kritik immer als Beschimpfung begreifen.

                      • @Seifenblase:

                        ich hab da so meine zweifel....

                         

                        daher noch mal klartext:

                        die kürzung von HLU/Alhi (hilfe zum lebensunterhalt) im schlimmsten fall auf null ist keine erfindung der rot-grünen koalition. dies 'instrument' zur 'wieder/eingliederungshilfe' ist wesentlich älteren datums... es kam mit der umwandlung von hospiz+gefängnis ins arbeitshaus in die welt und wurde seither beständig ausgebaut.

                        das zum einen.

                        zum anderen: wer genau was an dieser großartigen novellierung von BSHG und SGB verbockt hat, läßt sich in den materialien zum gesetzgebungsprozess im detail nachlesen. aber auch ohne nachlese kann ich sagen: CDU/CSU und FDP haben das jeweils ihrige dazu beigetragen - so dass am ende hatz4 als das werk einer ganz-ganz-großen koalition anzusehen ist.

                        was es nicht besser macht.

                        aber verstehen hilft, wie deppert es ist, den autor einen asyllobbyisten mit doppelten standards zu schimpfen, weil er die anwendung dieses instruments auf asylsuchende/flüchtlinge besonders perfide nennt.

                        das ist es nun mal, denn asylsuchenden/flüchtlingen, deren antrag (möglichst offensichtlich unbegründet) abgelehnt wurde (muß noch nicht mal bestands/rechtskräftig+vollziehbar sein), wird es in zukunft bei strafe von abschiebehaft verwehrt sein, unter brücken zu schlafen und sich bettelnd woandershin durchzuschlagen. und auch ein hungerstreik wird geradewegs in die abschiebehaft führen. wie auch das einlegen von rechtsmitteln - auch erfolgreichen - mit dem verbleib in der sog. erstaufnahmeeinrichtung bis zum abschluß des verfahrens bestraft wird.

                         

                        manche werden das gut finden.

                        ich find's nicht gut.

    • @Age Krüger:

      ich versuch's mal so:

      der satz ist nicht "bedenklich", sondern der versuch, sich einer situation von rechtlosigkeit im wege eines hinkenden vergleichs anzunähern.

      das muß notwendig scheitern...

      denn in der rechtlosigkeit gibt es keine hierarchie, kein mehr oder weniger an rechtlosigkeit.

  • Zu dem Satz: Die Stärke eines Rechtsstaates zeigt sich gerade in seinem Umgang mit Schwachen,

     

    Das stimmt eher nicht, darin zeigt sich die Stärke des Sozialstaates. Die Stärke des Rechtsstaates zeigt sich daran, dass die Gesetze für alle gleich gelten, dass die Justiz nicht für den Papierkorb arbeitet, sondern Entscheidungen der Gerichte auch umgesetzt werden. Wenn also über alle Instanzen die Ausreisepflicht festgestellt wurde, dann ist es keine Schwäche des Rechtsstaates, wenn diese dann auch durchgesetzt wird.

  • Linker Miserabilismus in der TAZ! Das geht gar nicht, wo man sich doch mittlerweile sogar am Patriotismus versucht.

    http://taz.de/Die-eine-Frage/!5229545/

  • they made their world so hard

    every day we got to keep on fighting

    they made their world so hard

    every day the people are dying

  • Nanu? Bis gestern tönte die TAZ noch ganz anders.

    http://taz.de/Kolumne-Knapp-ueberm-Boulevard/!5231199/

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Gestern war der Artikel geschrieben von jemanden der Dinge zu ende denkt. Und heute eben nicht.

  • taz: "Dann könnte der Gesetzgeber sich zum Beispiel auch überlegen, Hartz IV-Bezieher, die einen ungeliebten Job nicht annehmen, aus ihrer Wohnung zu werfen. Motto: Wer nicht hören will, wird eben obdachlos."

     

    Hier scheinen sich taz-Journalisten kaum von anderen Journalisten zu unterscheiden. Ist das jetzt einfach nur Nichtwissen oder ist das nicht wissen wollen? Man kann sich ja einmal auf dem Altonabloggt von Inge Hannemann umschauen, da kann man schwarz auf weiß lesen, wie mit Hartz IV-Beziehern umgegangen wird.

     

    Altonabloggt: "Durch die Möglichkeit der Sanktionen kann den Menschen derzeit ihr Existenzminimum bis auf null gekürzt werden. Diesen Menschen bleiben nur die Möglichkeiten der Verschuldung, des Hungerns oder andere Wege, um ihr Überleben zu sichern."

     

    "Wir müssen Deutschland einfach unfreundlicher und härter machen" - ist für Hartz IV-Bezieher seit vielen Jahren bittere Realität. Es ist doch merkwürdig, dass man Armut und Elend in der eigenen Bevölkerung seit Jahren nicht sieht oder nicht sehen möchte. Vielleicht wird aber jetzt, wo man täglich sieht, wie Flüchtlinge hin- und hergeschoben werden, auch einmal an die 5 Millionen Hartz IV-Bezieher (davon 1,6 Millionen Hartz IV Kinder) gedacht, die wir in Deutschland haben und die wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden.

  • "Merkel und die Länder wollen abgelehnten Asylbewerbern, die nicht freiwillig ausreisen, jede Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz streichen – bis auf das „unabdingbar Notwendige“. Will der Staat in Zukunft also verzweifelten Menschen, die sich ihm nicht unterordnen, das Existenzminimum kürzen?"

    Der Staat könnte sie auch gleich abschieben, aber ich habe den Eindruck, das wäre auch nicht in ihrem Sinne. Mit welchem Argument sollte man denn Menschen, die gegen das Gesetz verstoßen und sich illegal in Deutschland aufhalten, irgendwelche über dem Existenzminimum liegenden Leistungen gewähren? Ich verstehe nicht mal ansatzweise, wo die Kritik hier überhaupt ansetzt.

    "Dann könnte der Gesetzgeber sich zum Beispiel auch überlegen, Hartz IV-Bezieher, die einen ungeliebten Job nicht annehmen, aus ihrer Wohnung zu werfen."

    Nein, könnte er nicht. Sofern die Wohnung platzmäßig angemessen ist, hat jeder Hartz IV Bezieher einen Anspruch auf Übernahme von Wohn-und Heizkosten. Ein abgelehnter Asylbewerber hat überhaupt keine Ansprüche, die über die in den Grundrechten verankerten Menschenrechte hinausgehen, weil er keine Bürgerrechte genießt. Die Idee, man müsse Menschen aus der EU Asyl gewähren, führt widerum das ganze EU-Recht ad absurdum.

    "Die Stärke eines Rechtsstaates zeigt sich gerade in seinem Umgang mit Schwachen, die Menschenwürde gilt auch für diejenigen, die Gesetze nicht achten. "

    Die Menschenwürde wird durch die in dem Artikel kritisierten Maßnahmen überhaupt nicht tangiert. Das Nicht-Achten von Gesetzen führt zu Sanktionierung, und die Sanktion der Wahl für illegalen Aufenthalt sollte die Ausweisung sein. Alles andere wäre eine legitimierte Duldung eines Rechtsbruchs, was widersprüchlich ist und die Rechtssicherheit verletzt.

    • @Philbert:

      "Mit welchem Argument sollte man denn Menschen, die gegen das Gesetz verstoßen und sich illegal in Deutschland aufhalten..."

       

      Inwiefern illegal? Auf welche Paragraphen berufen Sie sich?

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        §§ 57 und 58, Aufenthaltsgesetz.

        • @Philbert:

          Dann lesen Sie aber auch §§ 60 und 60a.

  • "Zunächst arbeiten Merkel und die Länderchefs mit einer handfesten Unterstellung. Viele Flüchtlinge suchen doch gar nicht Schutz, sie wollen etwas bei uns abgreifen – unseren Reichtum, unser Geld, unsere Sozialleistungen."

    Soso... Arbeitet auch jeder Mieter mit einer handfesten Unterstellung, wenn er seine Wohnungstür abschließt? Oder der Zoll, wenn er Reisende am Flughafen kontrolliert? Mal ganz davon abgesehen, dass dieses Unterstellungsargument schon deshalb völliger Unsinn ist, weil es Leistungserschleichung ebenso wie Schmuggel und Einbruchsdelikte empirisch nachweisbar gibt, geht es darum, die Möglichkeiten zur Begehung einer solchen, die Allgemeinheit schädigenden Straftat so stark wie möglich einzuschränken.

    "Wer so denkt, sollte sich kurz vor Augen führen, wie tief empfunden Not sein muss, wenn Menschen freiwillig ihre Familie, ihre Freunde und ihre Heimat zurücklassen, um auf eine lebensgefährliche Reise zu gehen."

    Wer meint, man sollte sich ohne handfeste Daten seiner Fanatsie hingeben und auf dieser Vorstellung beruhend dann sein Handeln begründen, verhält sich irrational. Warum sollen denn jetzt auf einmal tatsächliche Unterstellungen zu Gunsten des Asylbewerbers handlungsleitend sein, während auf empirischen Daten beruhende Prophylaxe von Straftaten unerwünscht ist?

    "Der Staat wird Asylbewerber bis zu sechs Monate in völlig überfüllte Erstaufnahmeeinrichtungen sperren, nicht nur drei wie bisher."

    Erstens sind Asylbewerber nicht eingesperrt, und zweitens sollte es selbst der taz-Redaktion zu Ohren gekommen sein, dass die Menge an Unterkünften begrenzt ist. Die bloße Zahl an Asylbewerbern zwingt den Staat zu diesen Maßnahmen. Die Alternative wären Enteignungen, die wiederum gegen das Grundgesetz verstoßen.

  • Wann checkt ihr endlich, dass alles was Merkel tut, neoliberaler Zynismus ist? Diese Revolution von oben, die sich mit dem Euro das geeignete Machtinstrument geschaffen hat, um ganze Volkswirtschaften auszuplündern (im Namen eines geeinten Europas), wird auch die Flüchtlinge bloß als Verfügungsmasse wirtschaftlicher Interessen sehen und behandeln.

  • Was faellt den Fluechtlingen aber auch ein, dass sie eine menschenwuerdige Zukunft suchen - und dann auch noch bei uns! Wir ruinieren die Wirtschaft in den sog. Entwicklungslaendern mit subventionierten EU-Exporten und wundern uns, wenn die Perspektivlosen dann zu uns kommen. Zwei Moeglichkeiten: Entweder die Randstaaten der EU erledigen fuer uns die Dreckssarbeit der Abschreckung, oder es kommt zu einem EU-Todesstreifen mit Schiessbefehl. Abschiebung von nicht Asylberechtigten (nach deutschem Recht) in Staaten mit menschenunwuerdigen Lebensbedingungen sind die Vorstufe dazu.

  • „Eine Idee aber ist besonders abstoßend. Merkel und die Länder wollen abgelehnten Asylbewerbern, die nicht freiwillig ausreisen, jede Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz streichen – bis auf das ‚unabdingbar Notwendige‘. Will der Staat in Zukunft also verzweifelten Menschen, die sich ihm nicht unterordnen, das Existenzminimum kürzen?“

     

    Jemand, der kein Recht hier zu sein hat und damit nach den bestehenden Gesetzen eine Straftat begeht zu alimentieren ist besonders abstoßend und ein Schlag ins Gesicht jedes Asylbewerbers, der tatsächlich hilfsbedürftig ist. Was ich nicht verstehe ist, warum diese Leute dann nicht zwangsabgeschoben werden und sie auch noch alimentiert in staatlicher Komplizenschaft im Land bleiben dürfen.

    • @Beinemann:

      Dann lernen Sie einfach rechnen, dann verstehen Sie das vielleicht.

      Wenn Sie wissen, was eine Zwangsabschiebung kostet, dann überlegen Sie es sich evtl. noch mal.

    • @Beinemann:

      ich bin für: sofort alle verpappen und einfahren lassen!

  • "Etwas Besseres als den Tod finden wir überall.." War`s der Esel, der das sagte? Und dann trauten sie sich doch in die Räuberbude.

  • Welche Sanktionen zwecks welcher Fehlanreize sonst noch möglich wären, bleibt eine Theorie, die durch die Praxis längst überholt wurde. Geschriebene Gesetzesregelungen gibt es dafür nicht, stattdessen aber einen fast schon unüberschaubaren Berg an Gummibandauslegungen, von denen rege Gebrauch gemacht wird. Das betrifft aber keineswegs nur Asylanten, sondern ebenso Einkommensschwache und Langzeitarbeitslose quer durch alle Bereiche. Der Dreh ist ständig der gleiche: Wem ein unrechtmäßiger Bescheid oder eine dauerhafte Nichtbearbeitung nicht paßt, der kann ja klagen. Und mit viel Glück bekommt man dann in 1 oder 2 Jahren ein Sinnlos-Urteil, weil inzwischen vollendete Tatsachen geschaffen wurden, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

  • Wenn über "Fehlanreize" geredt wird, fallen mir nur die Fehlanreize ein, die es einem Politiker schmackhaft machen, nach seiner Amtszeit zu irgendwelchen Lobbyisten zu wechseln.

    5 Jahre Sperrzeit und Rückzahlung aller Bezüge, die während der Amtszeit kassiert wurden als Strafe bei Nichteinhaltung, DAS wären die richtigen Anreize, damit Politiker sich weniger um die Kapitalsäcke als um die Sorgen der Bürger kümmern...

    • @sputnik1969:

      Ich wäre vorsichtig wenn ich im Zusammenhang mit Flüchtlinge die Politik auffordern würde die "Sorgen der Bürger" ernst zu nehmen.

       

      Ich hab nämlich noch nie gehört dass sich jemand sorgt, dass zu wenige kommen.

      • @Thomas_Ba_Wü:

        Netter Versuch. Ihre besorgten Montagabend-Freunde sind damit nicht gemeint.