Kommentar Flüchtlinge in Berlin: Kalkulierte Abschreckung
Die Zustände am Lageso sind nicht neu. Die Eskalation während der Hitzewelle dürfte dem CDU-Sozialsenator zupasskommen.
S teigende Flüchtlingszahlen stellen die Bundesländer seit Monaten vor die Herausforderung, Asylsuchende schnell und menschenwürdig unterzubringen. Dass die Lage am Wochenende in Berlin „eskalierte“, ist deshalb nicht neuen Rekordzahlen geschuldet, sondern schlicht den Temperaturen.
Vor dem Lageso, dem in Berlin für die Versorgung von Asylsuchenden zuständigen Amt für Gesundheit und Soziales, litten Hunderte Flüchtlinge, darunter Kinder, Durst und Hunger bei Temperaturen von 38 Grad, hieß es seit Donnerstag in sozialen Netzwerken. Das führte zu einer Welle der Hilfsbereitschaft für die dort Wartenden, und zu einem öffentlichen und medialen Interesse für die Lage vor dem Amt, von dem abzuwarten bleibt, wem es am Ende nützt oder schadet.
Denn: Außer dem Wetter war an diesem Wochenende nichts anders als in den vergangenen Monaten. Das überforderte Amt lässt Menschen tagelang ohne Obdach auf die Erstversorgung warten, oder schickt sie mit Übernachtungsgutscheinen weg, die von vielen Hostels nicht mehr akzeptiert werden, weil die Behörde auch mit dem Bezahlen nicht hinterherkommt.
Wer ist schuld an diesen Zuständen? Warum musste es überhaupt soweit kommen? Das fragen nun noch mehr Menschen. Auffällig ist, dass mit der öffentlichen Aufmerksamkeit an diesem Wochenende die gut 500 wartenden Menschen plötzlich sehr schnell in einer neu eröffneten Unterkunft untergebracht werden konnten. Es geht also, wenn die Politik nur will.
Zu befürchten ist: Sie wollte die Bilder von der Notlage. „Kommt nicht her!“ – diese Botschaft verbreitet die Bundesregierung seit neuestem in einem Abschreckungsvideo, dass sich speziell an potentielle Flüchtlinge aus Südosteuropa richtet. Bilder obdachloser Asylsuchender in Deutschland, die Durst leiden, die von Polizisten mit Reizgas zurückgedrängt werden – das passt gut in die Abschreckungspolitik der CDU, der auch Berlins Sozialsenator Mario Czaja angehört.
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