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Kommentar Fatah-Hamas-AbkommenVersöhnung mit Hindernissen

Kommentar von Susanne Knaul

Wenn Palästinenserpräsident Abbas je wieder eine Chance haben will, braucht er einen Erfolg. Da kommt das Abkommen mit der Hamas gerade recht.

Wie geht's weiter? Palästinenserpräsident Mahmud Abbas Foto: Reuters

D üstere Zeiten stehen Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und der Hamas bevor, sollte der Versöhnungsprozess zwischen der Fatah und der Hamas erneut scheitern. Das Volk ist es leid, den Preis für den seit zehn Jahren andauernden Machtkampf zu zahlen. Die Palästinenser wünschen sich nicht nur bessere Lebensumstände, sondern ein demokratisches Mitspracherecht und die Möglichkeit, die Politiker, die ihre Interessen vertreten, selbst an die Macht zu wählen.

Wenn Abbas jemals wieder eine Chance haben will, dann braucht er jetzt einen Erfolg. Die Palästinenser im Westjordanland mochten nicht, wie Abbas den Gazastreifen mit Sanktionen knebelte. Nur ein gelungenes Zusammengehen mit der Hamas könnte die harten Maßnahmen rückwirkend rechtfertigen.

Für die Hamas steht die Gunst der Ägypter auf dem Spiel. Ein Scheitern der Verhandlungen würde Kairo nicht ungestraft durchgehen lassen. Dann drohte dem Gazastreifen die erneute Blockade durch die Schließung der ägyptischen Grenze.

Beiden Seiten fordert die Annäherung drastische Zugeständnisse ab. Die Hamas gibt sich moderater, sie signalisiert die Bereitschaft zu einer Lösung mit Israel, auch wenn es nur übergangsweise wäre, und spricht nicht mehr von einem Vernichtungskrieg. Weltweit sind die Islamisten auf dem Rückzug, das bekommt auch die Führung im Gazastreifen zu spüren.

Dennoch will sie nicht von den Waffen ablassen. Die Kämpfer, die vor zehn Jahren das Gewehr auf die Sicherheitsbeamten der Fatah richteten, sollen künftig Seite an Seite mit ihren früheren Feinden Dienst tun. Ein riskantes Unternehmen, bei dem alte Feindschaften aufbrechen und rasch erneut eskalieren können.

Die Einheit im Gazastreifen ist schwierig und doch um vieles leichter als der nächste Schritt im Westjordanland. Dort kooperieren die Fatah-nahen Sicherheitsleute seit zehn Jahren mit Israel gegen den gemeinsamen Feind: die Hamas. Abbas wird sich entscheiden müssen, welcher der beiden Partner das kleinere Übel darstellt.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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1 Kommentar

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  • Mit der Formulierung "spricht nicht mehr von einem Vernichtungskrieg. " gibt Susanne Knaul zu, daß die Hamas bisher bisher die Vernichtung des Judenstaates und der Juden, also einen zweiten Holocaust anstrebte. Wie kann man vor diesem Hintergrund als Deutscher eine Annäherung von Hamas und Fatah begrüßen? Zumal in Deutschland immer behauptet wird, man habe aus der Vergangenheit gelernt.

    Nein, diese Annäherung kann allenfalls dann begrüßt werden, wenn sie de facto eine Kapitulation der Hamas bedeutet. Erfreulicherweise gibt es auch Anzeichen, die in diese Richtung deuten, insbesondere die Tatsache, daß diese angebliche Einigung zustande kam, nachdem die palästinensische Autonomiebehörde gegenüber Hamas kräftig die Dauemnschrauben angezogen hatte. So hatte sich die palästinensische Autonomiebhörde geweigert, weiterhin die Rechnung für israelische Stromlieferungen an das Gazagebiet zu bezahlen. Offenbar hat das bei Hamas ein gewisses Umdenken und möglicherweise die Bereitschaft bewirkt, die Gewalt- und Willkürherrschaft der Hamas über den Gazastreifen aufzugeben. Wenn sich das so bestätigt, ist das positiv; gleichwohl ist weiterhin äußerstes Mißtrauen gegenüber der Hamas angesagt.