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Kommentar Ersatzausweise für SalafistenSchwaches Symbol

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Dass kampfwillige deutsche Islamisten ihren Personalausweis abgeben müssen, ist nur ein schwaches Symbol – aber auch kein falsches.

Die Rechte des Menschen hängen an einer kleinen Plastikkarte. Bild: dpa

S ollen Islamisten möglichst rasch ausgewiesen und abgeschoben werden, damit sie in Deutschland keinen Ärger machen? Oder sollen die Behörden im Gegenteil verhindern, dass deutsche Islamisten sich im Ausland einer Terrormiliz anschließen?

Der Beschluss der Innenminister, kampfeswilligen Islamisten den Personalausweis zu entziehen, ist keine Antwort auf diese Frage. Denn einen Personalausweis haben nur deutsche Staatsbürger – die man ohnehin nicht abschieben kann.

Ob man Terrorexport wirklich verhindern will, wird sich am Umgang mit Islamisten ohne deutschen Ausweis entscheiden – und an der Frage, unter welchen Bedingungen deutsche Islamisten ihre Staatsbürgerschaft verlieren sollen. Hierzu fassten die Innenminister vorerst aber keinen Beschluss.

Der Entzug des Personalausweises ist eine technische Maßnahme ohne neue Qualität. Dass Deutsche an der Ausreise gehindert werden können, wenn sie im Ausland eine „schwere staatsgefährdende Gewalttat“ planen, ist nichts Neues. Zu diesem Zweck darf heute schon der Pass entzogen werden und darf auch jetzt bereits der Personalausweis aufs Inland beschränkt werden. Weil man eine solche Beschränkung dem Perso aber nicht angesehen hat, soll er nun gleich ganz durch ein Ersatzpapier ersetzt werden. Das Mittel ist etwas rabiater, das Ziel ist aber noch das gleiche.

Aufwändigerer Weg

Allerdings ist das neue schneidige Mittel nicht einmal sonderlich wirksam. Die meisten Islamisten, die mit dem Personalausweis über die Türkei nach Syrien reisten, standen gar nicht auf den Listen der Sicherheitsbehörden. Daran wird sich nun auch nichts ändern. Und selbst wenn ein Islamist rechtzeitig als kampfwillig identifiziert wurde, dann kann er auch in Zukunft mit Hilfe von Schleusern ins Kampfgebiet reisen. Der Weg wird nur etwas aufwändiger.

Es ist also ein eher schwaches Symbol – das deshalb aber nicht falsch ist. Einfach nur zuzuschauen, wie jemand sich einer Terrormiliz anschließt, ist auch nicht überzeugend. Wenn man es rechtsstaatlich verhindern kann, sollte man es auch verhindern.

Immerhin verzichtet die Große Koalition (bisher) auf Vorschläge, wie sie ab 2004 vom damaligen SPD-Innenminister Otto Schily kamen. Der wollte Islamisten, die man nicht abschieben konnte, einfach in Sicherungshaft nehmen. Dafür gab es zum Glück bis heute keine Mehrheiten.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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7 Kommentare

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  • Hallo Herr Rath.

     

    "Es ist also ein eher schwaches Symbol – das deshalb aber nicht falsch ist. Einfach nur zuzuschauen, wie jemand sich einer Terrormiliz anschließt, ist auch nicht überzeugend."

     

    Ich finde:

     

    1.) Jemanden seine Pässe zu entziehen und mit einem Sonderpass auszustatten, der ihn bei jeden Gebrauch im Alltag zu stigmatisieren droht, und das alles aufgrund einer von Geheimdiensten oder Polizeien intransparent vorgenommen Bewertung, das ist doch nicht nur kein "eher schwaches Symbol", sondern eine Maßnahme, die ich im Lichte deutscher Geschichte nicht erwartet hätte. Ich finde das schlimm.

     

    2.) Wer definiert denn Begriffe wie "Terrormiliz"? Kann man nicht auch die Bundeswehr und ihr Treiben in Afghanistan als "Terror" bewerten? Es ist also eine Frage der Perspektive und der Definitionsgewalt. Finde ich.

  • wenn es schon schlechte gesetze gibt rechtfertigt das, noch schlechtere zu machen?

    im paßG steht zu lesen: wenn tatsachen bekannt werden, die rechtfertigen. im personalausweisG dürfte die norm nicht sehr viel bestimmter formuliert sein.

    und nun soll als sog. tatsache was noch alles hinzukommen?

     

    technische maßnahme - herr Rath, da lugt der maßnahmestaat sehr deutlich umme ecke!

  • Personalausweisentzug für Salafisten

     

    Die BRD ist entschlossen ihr Menschenmaterial daran zu hindern sich für fremde Herrschaftsinteressen aufzuopfern und will nun per "Ersatzausweise für Salafisten" (1) verhindern, dass diese überhaupt Deutschland verlassen können. Bei heise.de wittert man gleich Methoden "wie seinerzeit" (2) um 'politisch untragbaren Personen' die Ausreise zu vermießen - natürlich im schlechteren Deutschland.

     

    Damit wird das Ausreiseverbot der Demokratie gleich identifiziert als eigentlich ganz unpassend für die bürgerliche Herrschaft und ihr wesensfremd. Wenn die BRD zu den gleichen Lösungen greift wie der Unrechtsstaat DDR dann hat diese aber natürlich 'gute Gründe', während die DDR - man ahnt es schon - damit nichts anderes erreichen wollte als die unbegründete Gängelung ihrer Bürger.

     

    In der TAZ dagegen ist man da weiter und weiß um die Grundsätzliche vereinbarkeit von Demokratie und Ausreiseverbot für Staatsfeinde - man findet es gerade von der anderen Seite her kritikabel, da gut gemeint aber ein "eher schwaches Symbol – das deshalb aber nicht falsch ist." (1). Hier hat man erkannt das man die Anhänger fremder Herrschaft, die aber zum Personal der BRD gehören, eben im Zweifelsfall mit dem Entzug des Personalausweises zu behindern hat.

     

    Link entfernt.

  • D
    D.J.

    Heute im Spiegel:

     

    "Der Bundesregierung fehlt jegliche Präventionsstrategie gegen den gewaltbereiten Islamismus", sagte die [grüne] Innenpolitikerin Irene Mihalic. "Zudem leiden sämtliche Deradikalisierungsprogramme unter ihrer starken Unterfinanzierung."

     

    Ich möchte die Beweggründe der Grünen nicht völlig in Abrede stellen. Aber waren nicht sie es, die am lautesten schrien bei der "Vermisst" - Plakat-Aktion gegen salafistische Radikalisierung? Übrigens mit dem in diesem Zusammenhang unglaublich dummen Vorwurf "Pauschalisierung"? Klingt also ein wenig nach "Haltet den Dieb".

    Übrigens sang damals auch die SPD das alberne Liedchen von der Pauschaliserung.

  • IS-Jugendliche lassen sich für den "Islamischen Staat" verheizen!

     

    Und wo bleiben die ökonomischen und politischen Maßnahmen der BDI-BDA-Deutschen Wirtschaft und der BND-GroKo-Bundesregierung und Parlamentsmehrheit, gegen die Monarchien Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate (VAE), gegen Kuwait und gegen die FIFA-WM in Katar ?

     

    Die Golfmonarchien finanzierten nicht nur die ISIS. Sie finanzieren auch in Westeuropa ihre konservativen Kultur- und Gebetseinrichtungen. Zugleich besteht für den "Islamischen Staat" keine Unabhängigkeit gegenüber den Golfmonarchien. Der IS dient den Zielen der monarchistischen Führungen in der Arabischen Welt. Die dem IS zugedachte Aufgabe besteht in der Verhinderung einer islamisch-republikanischen Alternative in der Nahost-Region. Hierfür schicken die Monarchisten auch ihre Kämpfer (einschließlich deutsche und europäische Jugendliche) nach Syrien und in den Irak.

     

    Gleichzeitig beteiligen sich die Golfmonarchien mit USD-Euro-Milliarden an der Wirtschaft in Deutschland (Deutsche Bank, Daimler, Porsche, vormals auch bei Volkswagen, Hochtief). Ebenso, am Immobilienmarkt in Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Auch die militärische Ausrüstung durch NATO-Staaten läuft weiter!

     

    Anmerkung: Beispielsweise finanzierte der bundesdeutsche Wirtschaftspartner Saudi-Arabien nicht nur den "Isalmischen Staat", sondern bemüht sich um eine verstärkte nukleare Zusammenarbeit mit Frankreich, VR China, Japan und Südkorea, -- als künftige Nuklearmacht in der Nahost-Region. #

     

    Diese Aktivitäten sind dem Bundesnachrichtendienst (BND) und der Bundesregierung bestens bekannt! // Offenbar richten sich Maßnahmen der Bundesorgane nur gegen die Aufklärung der Bevölkerung.

     

    Notwendig ist die Aufklärung der deutschen Bevölkerung über die verbrecherischen Aktivitäten der feudal-religiösen und kapital-faschistischen Golfmonarchien! -- nicht nur in der Nahost-Region. Auch deren Beteiligung an der Deutschen Wirtschaft!

  • Jetzt also auch der Herr Christian Rath -

     

    "Der Entzug des Personalausweises ist eine technische Maßnahme

    ohne neue Qualität. ;"

     

    Letzteres darf schon deswegen mit

    Fug und recht bezweifelt -

    ja als falsch bezweifelt werden,

    weil das Gegenteil der Fall ist.

     

    Die hier sogleich angeführten

    Beschränkungen basieren nämlich -

    auf Gesetzen - you get it!¿

     

    Ein " Beschluß" einer Innenministerkonferenz

    ist keine ! Rechts!grundlage für

    irgendetwas -

    (Vgl Helmuth Schulze-Fielitz

    Der informale Verfassungsstaat)

     

    Für einen Grundrechtseingriff -

    und wer wollte das nach -,sorry Schutzhaft

    und post DDR -

    in 'schland in der Sache anzweifeln -

     

    bedarf es immer noch einer

    gesetzlichen Grundlage!

     

    Anders gewendet -

    heute -

    ohne rechtliche Grundlage

    sog. Islamisten -

    (was immer das genau sein mag -)

     

    und morgen wer?

    Conclusio -

    Wehret den - nunja Anfängen!

  • Wenn es ein - schwaches - Symbol wäre, wäre es reine Symbolpolitik. Schlimm.

    Es ist aber schlimmer, nämlich die Einschränkung eines Grundrechts für eine Gesinnung, nicht für eine Tat. Das öffnet Scheunentore, auch wenn es das Mittel bisher schon gab. Jetzt wird es auf einen ganzen Personenkreis angewendet. Heute auf diesen, morgen ...