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Kommentar Energiepolitik auf dem BalkanEingefroren im Gestern

Erich Rathfelder
Kommentar von Erich Rathfelder

Die meisten Balkanstaaten haben keine Gasreserven. Jetzt zeigt sich, was die russichen Zusicherungen wert sind, dass die Gaslieferungen sicher seien.

D ie Ärmsten trifft es wieder mal am stärksten. Weil das Geld fehlte, haben die Politiker der meisten Balkanstaaten keine Gasreserven anlegen können. Die Serben haben sogar ihre gesamte Energieversorgung einem russischen Konsortium anvertraut und den staatlichen Energiekonzern für fast nichts verscherbelt. Nun müssen sie erleben, was die russischen Zusicherungen wert sind, ihre Gas- und Ölversorgung sei sichergestellt.

Bild: taz

Erich Rathfelder, 60, betreut seit über 15 Jahren in dem Dreieck Berlin, Split, Sarajevo die Region Südosteuropa. Sein jüngstes Buch: "Schnittpunkt Sarajevo. Bosnien und Herzegowina zehn Jahre nach dem Krieg" (Schiler Verlag, 2006).

Auch in Bosnien, Mazedonien und dem Kosovo ist die Stimmung auf einen Tiefpunkt gesunken. Für die nächsten Tage sind Minuswerte unter 20 Grad prognostiziert. Jetzt den Gashahn abzudrehen, offenbart, wie berechnend die Machtpolitik des Kreml sein kann. Und wie verletzlich die eigene Energiewirtschaft ist.

Doch grundsätzliche Konsequenzen zu ziehen, ist die Sache der balkanischen Politiker nicht. Ihr Rat lautet: Heizt mit Holz! Insbesondere für Städter mutet das zynisch an. Auch auf die durch Georgien geplante Gaspipeline aus Kasachstan zu warten, hilft den Kindern, Alten und Kranken in diesem Winter nicht. Und sie sind die ersten Opfer der Kältewelle. Jetzt müsste man Wärmestuben und warmes Essen organisieren. Aber zu solch sozialen Taten schwingen diese Volksvertreter sich niemals auf.

Wer am liebsten Atomkraftwerke bauen will und darauf nur verzichtet, weil das Geld fehlt, interessiert sich eben nicht für zeitgemäße Lösungen. Statt auf die Entwicklung der erneuerbaren Zukunftsenergien zu setzen und damit auch moderne Industrien und Know-how im eigenen Land zu fördern, bleibt man lieber der Rattenschwanz Europas.

Aber nicht nur die Politiker sind schuld an diesem Zustand. Auch die Öffentlichkeit hat versagt. Die Medien müssten neue Ideen verbreiten, anstatt unverwandt mit Skandalen und Desinformation Auflagen zu erzielen. Die Abwanderung der klügsten Köpfe tut ihr Übriges dazu. Dabei hätte die Region aufgrund ihrer geografischen Lage gute Chancen für eine positive Entwicklung. Auch für eine nachhaltige Energieversorgung.

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Erich Rathfelder
Auslandskorrespondent Balkanstaaten
Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.
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2 Kommentare

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  • IN
    Ihr Name Hans Kleiner

    Dreifaches Bravo Herr Rathfelder zu Ihrer aufschlußreichen Analyse über akute Energieprobleme in Bosnien. Medien sind in bosnien und Serbien lahm und zu wenig fordernd für Notwendigkeiten zugunsten der Bevölkerung. Hauptsache, Politiker und andere Großkopferte rasen täglich mit Blau-und Rotlicht und Sirenen (!!) über die Straßen nach Hause und zur Arbeit.Ihr Wohl ist gesichert, sollen die anderen frieren und warten - worauf? Bessere Zeiten werden noch Jahre ausbleiben - Balkan bleibt halt Balkan...

  • K
    Klaus

    Schöne, Neue Welt auf dem Balkan! Windmühlen und Solaranlagen substituieren russisches Gas bei eisiger Kälte, Flaute und und trübem Winterhimmel! Und wie fördert man dort bei leeren Kassen die Regenerativen? Vielleicht durch Solis des deutschen Erneuerbaren-Industriellen-Komplexes? Deren Produkte stehen doch an der Wettbewerbsschwelle. Fragen über Fragen ... was hätten wohl die alten Griechen dazu gesagt?