Kommentar Elektronische Fußfessel: Besser Fessel als Knast
Wer „Gefährder“ nicht einfach in Präventivhaft stecken will, muss über Alternativen diskutieren. Zum Beispiel über GPS-Überwachung.
A uch wer einen GPS-Sender, eine elektronische Fußfessel, trägt, kann einen Lastwagen klauen, damit in einen Weihnachtsmarkt fahren und unzählige Menschen töten. Der Täter kann die Fußfessel vorher entfernen – oder sie bei dem Anschlag einfach anbehalten. Dennoch werden Innenminister de Maizière und Justizminister Maas am Dienstag wohl vorschlagen, die elektronische Fußfessel auch für sogenannte Gefährder, also potenzielle Terroristen, zuzulassen.
Wer absolute Sicherheit will, muss „Gefährder“ hinter Gitter stecken oder abschieben – soweit das möglich ist. Da es sich aber um Personen handelt, die noch keine Straftat begangen haben, ist es legitim, über mildere Mittel nachzudenken.
Die elektronische Fußfessel ist zwar kein Instrument, das Anschläge wirksam verhindert. Es kann aber die Vorbereitung erschweren, weil es zum Beispiel sichtbar macht, wenn sich jemand mehrfach einen Bahnhof ansieht, ohne auch nur einmal zu verreisen. So wäre zumindest bessere Kontrolle als heute möglich.
Auf der anderen Seite wird kritisiert, dass eine elektronische Überwachung von „Gefährdern“ rechtsstaatliche Prinzipien verletze. Auf die Unschuldsvermutung wird hier jedoch zu Unrecht verwiesen. Denn diese gilt nur bei der Strafverfolgung, nicht aber bei der Gefahrenabwehr.
Zum Rechtsstaat gehört auch die Schutzpflicht des Staates für Leib und Leben der Bevölkerung. Insofern kann es der Staat nicht ignorieren, wenn kleine Gruppen von islamistischen Fanatikern ersichtlich beginnen, über die Begehung von Massenmorden nachzudenken.
Wer nicht wie einst Otto Schily und Wolfgang Schäuble alle „Gefährder“ zeitlich unbegrenzt in Präventivhaft stecken will, muss über Alternativen diskutieren. Eine davon ist die elektronische Aufenthaltsüberwachung per GPS-Sender.
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