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Macron profitiert von der zersplitterten Opposition. Selbst wenn es eine numerische Mehrheit gegen ihn gäbe, würde es sehr schwierig werden eine Mehrheit links oder rechts von ihm zu finden. So kann er dann wohl auch mihilfe des französischen Mehrheitswahlrecht weiter regieren. Und für die nächsten Präsidentschaftswahlen zeichnet sich bisher kein wirklicher Gegenkandidat ab, weder links noch rechts. Die einzige, die Macron gefährlich werden könnte, ist Marion Maréchal Le Pen, wenn es ihr gelingt ein Bündnis zwischen Rechtskonservativen und Frontisten zu schmieden. Allerdings kann sie damit auch die Arbeiterwähler vergraulen, die dann eher Mélenchon wählen würden, wovon Macron natürlich profitieren wird. Die Linke muss die Wähler der progressiv eingestellten Bourgeoisie zurückgewinnen und gleichzeitig die sozial Abgehängten mobilisieren. Hamon hatte das versucht mit seinem bedingungslosen Grundeinkommen, wurde aber von seiner Partei im Stich gelassen. Mélenchon lehnt das bedingungslose Grundeinkommen ab, weil er durch Arbeitszeitverkürzung und massiven öffentlichen Investitionen vor allem in erneuerbare Energien Arbeitsplätze für eine Vollbeschäftigung schaffen will. Die Vollbeschäftigung erscheint ihm der einzige Weg, um die Schulden dauerhaft abzubauen. Das sieht die Rechte auch so, allerdings will diese den Sozialstaat massiv abbauen und die Prekarität erhöhen.
@82236 (Profil gelöscht) Ein echter Tausendsassa dieser Macron. Unabwählbar, Respekt !
Unabwählbar solange der Block von ehemaligen Sozialistenwählern und Republikanerwählern hält. Macron ist dabei seine "Linke" zu verlieren,denn laut jüngsten Umfragen in Le Monde und le Figaro/Le Point stellen 72% der Befragten Macron in die rechte Ecke und halten ihn für sozial ungerecht und 60% wollen, dass er nicht wieder antritt.
Er kann also nur wiedergewählt werden, wenn er seine "Linke"mobilisiert -die ehemaligen sozialistischen Wähler machen 2/3 seiner Wählerschaft aus. In Toulouse sind beispielsweise alle sozialistischen Wahlkreise an En Marche Kandidaten gegangen - . Eine andere Möglichkeit, die Wahlen zu gewinnen, wäre, wenn er seine Asylpolitik noch weiter verschärft, dann kann er auf Wähler vom Front National hoffen. Sein Innenminister geniesst jetzt schon ein sehr hohes Ansehen bei den Frontisten.
Eben ein taktischer Tausendsassa, wenn es mit den ehemaligen Sozis nicht klappen sollte, nimmt er halt enttäuschte Wähler von Marine. Hauptsache ist, dass er seine Freunde vom Arbeitgeberverband weiter bedienen kann.
@82236 (Profil gelöscht) Touluse ? Was bitte soll das denn sein ? Frankreich, das ist Paris. Und dort regiert Macron, der Tausendsassa. Und wird regieren !!!
Die Forderungen von AfD und BSW sind realitätsfremd. Statt sich vor ihren Karren spannen zu lassen, sollten die Demokraten sie lieber regieren lassen.
Kommentar Ein Jahr Emmanuel Macron: Die Zustimmung bröckelt
Seit einem Jahr, seit seiner Wahl zum Präsidenten, missachtet Macron die Bindeglieder zwischen Staat und Gesellschaft. Das wird er bereuen.
Dämmerts? Foto: ap
Ein Jahr nach seiner Wahl zum französischen Präsidenten kann Emmanuel Macron sich rühmen: Mit einem gewaltigen Tritt zerstörte er die französische Parteienlandschaft wie einen Ameisenhaufen, aus dem man in alle Richtungen floh. Die traditionellen Parteien wurden zerschlagen; von den Anführern der sozialdemokratischen Parti Socialiste (PS) und der konservativen Republikaner (LR) ist derzeit nichts zu hören, und die Gewerkschaften haben momentan weniger ein Problem damit, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen als überhaupt eine Stimme zu finden.
Die stark zentralisierte Verwaltung des Landes, mit MinisterInnen, die lediglich Befehlsempfänger sind oder gar nicht erst existieren, und Bindegliedern zwischen Staat und Gesellschaft – also Gewerkschaften, Parteien und Interessengruppen –, die verachtet, wenn nicht gar links liegen gelassen werden, scheint momentan von einer – hauchdünnen – Mehrheit der Franzosen gebilligt zu werden.
Aber wie lange noch? Eines ist klar: Der eher linke Teil der Bevölkerung, welcher sich Macrons Lechts-Rinks-Motto („en même temps“) gegenüber offen gezeigt hatte, nach dem wirtschaftliche Reformen und eine solidarische Sozialpolitik kein Widerspruch sein sollten – diese Leute beginnen nun, ernsthaft zu zweifeln. An dem Schicksal nämlich, das den Prekärsten, den am meisten Abgehängten, und nicht zuletzt den durch das kürzlich verschärfte Asyl- und Einwanderungsgesetz geschwächten Migranten, vorbehalten ist.
Am Sonntag dann warnte Laurent Berger, Generalsekretär des größten französischen Gewerkschaftsbundes Confédération française démocratique du travail (CFDT), die Umsetzung der von Macron geplanten Reformen stehe auf dem Spiel: „Wenn wir ernsthaft erwägen, das ohne soziale, wirtschaftliche und lokale Akteure durchzuziehen, werden wir einen ziemlichen Reinfall erleben.“
Und der Mann ist weit entfernt davon, ein einzelner Wutbürger zu sein. Die Unterstützung, die Emmanuel Macron in der Öffentlichkeit bislang noch genießt, wird nicht ewig anhalten, betrachtet man einmal die Gesamtzahl der Unzufriedenheiten, die hier und da aufkeimen. An jenem Tag, an dem sich der Bruch endgültig vollzieht, wird Macron jenen Zeiten bitterlich nachtrauern, in denen er noch auf die Unterstützung derer zählen konnte, die qua Berufung als Puffer zwischen der Macht und dem Volk fungieren.
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Schwerpunkt Emmanuel Macron
Kommentar von
alexandra Schwartzbrod
57, ist stellvertretende Chefredakteurin der Libération. Daneben ist sie prämierte Autorin von Thrillern (Grand prix de littérature policière). Auf Deutsch erschien der Jerusalemkrimi „Denn es rächt sich alle Schuld“ (Blanvalet).
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