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Kommentar EU-Flüchtlingsdeal für AfrikaMenschen und Probleme abschieben

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Die EU-Kommission will Staaten belohnen, die Flüchtlinge zurücknehmen. Besonders für Afrika könnte das verheerend sein.

In der EU nicht gewollt: eine Mutter und ihr Kind im Flüchtlingslager Dabaab, Kenia Foto: dpa

D ie Rolle rückwärts in der europäischen Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik erreicht nun auch Afrika. Nachdem EU-Staaten wie Großbritannien, Frankreich oder Belgien gegenüber afrikanischen Zuwanderern lange einen liberalen Kurs fuhren, fordert Brüssel nun plötzlich eine harte Linie.

„Schotten dicht für illegale Migranten“ heißt das neue Motto, das die EU-Kommission ausgegeben hat. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ihr fast jedes Mittel recht.

Für jene Staaten, die „ihre“ Auswanderer brav zurücknehmen, soll es künftig Zuckerbrot in Gestalt von Finanzhilfen und Investitionen geben. Wer sich querstellt, muss hingegen mit der Peitsche rechnen – dann drohen Mittelkürzungen. Sogar Wirtschaftssanktionen werden in Brüssel erwogen. Dabei würden sie das Elend in Afrika noch vergrößern und den Migrationsdruck weiter erhöhen.

Dass die EU-Kommission nicht zimperlich ist, zeigt auch die Liste der Staaten, die in den „Migrationspakt“ aufgenommen werden sollen. Der „failed state“ Libyen gehört ebenso dazu wie die brutalen Regimes in Niger, Eritrea und sogar im Sudan, wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden.

Gewiss, zunächst will man es mit „vorzeigbaren“ Partnern versuchen. Doch auch dort steht nicht etwa die Bekämpfung der Fluchtursachen im Vordergrund, wie die EU-Politiker in Sonntagsreden gern behaupten. Vielmehr sollen Grenzen „gesichert“ und Fluchtwege abgeschnitten werden. Es geht um die Verhinderung der Flucht, nicht um die Lösung der Konflikte.

Dass für das neue Programm ausgerechnet der schmutzige Deal mit der Türkei Pate steht, zeigt, wie tief die EU schon gesunken ist. Sie versucht nicht einmal mehr, eine selbständige, kohärente Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik zu konzipieren, wozu zwingend auch sichere und legale Fluchtwege zählen müssten. Stattdessen setzt sie auf Verdrängung und Abschiebung – erst der Probleme, dann der Menschen.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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20 Kommentare

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  • "..EU-Kommission nicht zimperlich"

    Das Ganze sieht eher wie ein Verzweifelungakt aus - man weiss nicht, wie man die Migrantenflut in den Griff bekommen kann. Afrikas Demografie, sowie die oft hoffnungslose Situation in vielen Ländern Afrikas ist und wird ein grosses Problem für Europa bleiben, die Auswanderungswelle wird anhalten.

  • @Georg Dallmann : Die Alternative zur Bezahlung von Despoten und Diktatoren wäre echte Aufbauhilfe und Abbau bei der eigenen Wirtschaft, die die Wirtschaft der Flüchtlingsherkunftsstaaten bedrängt.

    Dazu ein Beispiel: Europäische Fischfangflotten leeren die Ozeane vor der westafrikanischen Küste gegen eine Lizenz, die bei den Despoten aber nicht bei den Fischern erworben wurde. Entweder kauft die EU bei einheimischen Fischern oder zahlt die Lizenzgebühren direkt an die Fischer.

  • "Es geht um die Verhinderung der Flucht, nicht um die Lösung der Konflikte."

     

    Es wäre ja schon viel gewonnen, wenn der Westen endlich aufhören würde Konflikte in Drittstaaten lösen zu wollen.

    • @A. Müllermilch:

      da passt denn auch: "es geht um Schürfrechte, nicht um Menschenrechte"

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Failed union.

  • Ich denke kongruent mit Erics Argumentation. Das gleich vorweg. "Dass für das neue Programm ausgerechnet der schmutzige Deal mit der Türkei Pate steht, zeigt, wie tief die EU schon gesunken ist". Und das ist (mir) ein Kernsatz: Immer tiefer in den Ethikkeller, immer offener menschenrechts- und überhauptmenschenfeindlich (wenns Kaufkraftschwache betrifft) und immer akzentuierter corporationfreundlich. Her Master's Voice.

    Die Zeit (denke ich) ist längst erreicht, dass sich Europäische Menschen ihre einende und demokratisch-sozial ausgerichtete, denn diskriminierende und tötende Europa zurück erkämpfen/befreien.

    By any means neccessary! Denn mensch hat es nicht mit Sänger- oder Waisenknabe zu tun. Dort in den Führungsbunkern zu Brüssel.

  • 7G
    73176 (Profil gelöscht)

    Was ist die Alternative, wenn der große Teil der europäischen Bevölkerung die bisherige Flüchtlingspolitik ablehnt?

    Umfrage des Pew Research Centers (Artikel auf Welt-online):

    94% der Griechen, 88% der Schweden (!!!), ... und fast 70% der Deutschen lehnt die bisherige Flüchtlingspolitik der EU ab.

    Ein weiter so, führt zu einem Ende der EU.

    • @73176 (Profil gelöscht):

      Die EU ist sowieso am Ende: Vom Neoliberalismus zerfressen.

    • @73176 (Profil gelöscht):

      Die Frage war: "Sind Sie zufrieden mit dem Umgang der EU mit der Flüchtlingskrise?"

      http://www.welt.de/politik/ausland/article156046381/Europaeer-lehnen-die-Fluechtlingspolitik-entschieden-ab.html

       

      Und das ist einfach eine ziemlich blöde Frage. Denn ich würde auch sagen, dass ich damit unzufrieden bin. Nur sind meine Gründe dafür völlig andere, als die eines AfD-Anhängers z.B. Also sagt diese Studie am Ende eigentlich gar nichts aus.

       

      Und gerade in einer solchen Frage, wo es um die Menschenrechte geht, erwarte ich von den Verantwortlichen, dass die nicht einfach populistische Politik machen, sondern den Menschen erklären, warum es so viele Flüchtlinge gibt und es auch für uns wichtig ist, zu helfen.

      • 7G
        73176 (Profil gelöscht)
        @LiebeSonneScheine:

        Erstmal ist egal, warum die Menschen die EU in dieser wichtigen Frage für unfähig halten. Es hat Auswirkungen auf die Zustimmung der Menschen zur EU insgesamt.

        Die Ergebnisse der Rechten bei Wahlen und Umfragen lassen bei der Interpretation der Studie aber einen eher geringen Spielraum.

        • @73176 (Profil gelöscht):

          Das ist Ihre Interpretation. Bis jetzt sind aber die Rechten noch nicht über 50 % gekommen, während die Umfrageergebnisse eindeutig über diesem Wert liegen.

    • @73176 (Profil gelöscht):

      Die Flüchtlingspolitik abzulehnen heißt nicht automatisch, dass man Flüchtlinge ablehnt. Viele Deutsche waren auch sehr unzufrieden darüber, wie man mit den Flüchtlingen umgegangen ist und das die deutschen Behörden beispielsweise teilweise völlig überfordert waren.

       

      Man sollte so einfache Fragen wie "Lehnen Sie die Flüchtlingspolitik ab" einfach nicht stellen. Sie sind zu sehr interpretierbar.

  • Wenn das uns' Erich noch erlebt hätte!

     

    Nicht auszudenken, was ein geschickter Taschenspieler wie Alexander Schalck-Golodkowski aus dieser Steilvorlage der bundesdeutsch geführten EU gemacht hätte! Die DDR hätte sich womöglich finanziell, ökonomisch und sogar politisch vollständig saniert mit Hilfe des westlichen Wohlwollens, das sie sich angesichts der vielen Botschaftsflüchtlinge 1989 an die rote Fahne hätte heften können, hätte sie nicht nur um Berlin herum eine Mauer mit Selbstschussanlagen und Schäferhunden gebaut, sondern ums gesamte Land, besser noch um den gesamten Ostblock!

  • Das Problem an der Geschichte ist, daß es ohne all diese - wirklich schmutzigen (!) - Deals nicht geht!

    Das ist das DILEMMA in welchem die Handelnden Politiker stecken. Auch das muß man einfach zur Kenntnis nehmen, ob es einem gefällt oder nicht.

    Was KONKRET ist denn die - realitische und sofort real umsetzbare und mehrheitsfähige (!) ALTERNATIVE?

    Nie liest man dazu einen Vorschlag! Dagegen ist einfach! Aber WOFÜR bitte KONKRET?

    Die Probleme sind so komplex dass sie - praktisch - nicht lösbar sind, das ist die Wahrheit.

    Die vielbeschworenen europäischen "Werte" taugen hierfür NICHT.

    Was sollen die Europäer denn tun?

    Sollen sie - im Hinblick auf ihre "Werte" 60 oder 100 Millionen Menschen aufnehmen aus aller Herren Länder? Das wäre die Lösung, wenn man die "Werte" zur Grundlage macht. Ist das realistisch umsetzbar? NIEMALS!

    Was also soll man jetzt tun? Wen läßt man rein und wen nicht und falls ja warum und wie viele und woher und wie und wann und überhaupt?

    1000 -Fragen OHNE plausible Antworten.

    Das menschliche Leid der betroffenen Menschen ist - natürlich - FURCHTBAR!

    Aber was ist die Lösung, die wir HEUTE brauchen? HEUTE!

    Wie kann man HEUTE mit real umsetzbarer und konsensfähiger (!) Politik den WERTEN gerecht werden?

  • "Es geht um die Verhinderung der Flucht, nicht um die Lösung der Konflikte"

    Das wundert vermutlich auch Niemanden, angesichts der Tatsache, dass die Bekämpfung der Probleme, Bekämpfung der Reichen bedeutete.

    • @HerrvonSinope:

      Welche "Reiche" meinen sie denn?

      Die "Reichen" die anstatt den Armen zu helfen lieber ein Sportwagen kaufen oder die "Reichen" die anstatt Armen zu helfen lieber alte Bilder in teure Häuser hängen und was von Kultur labern?

  • Ist doch aber alles in allem eine sinnvolle Sache. So baut man die Länder auf, vemeidet brain drain und beherrscht die Flüchtlingskrise besser.

     

    Ich kann beim besten Willen daran nichts negatives finden.

    • @Nobodys Hero:

      "So baut man die Länder auf, "...?? Wie denn? Mit Finanzhilfen wenn im Gegenzug Flüchtlinge zurück genommen werden? Und was passiert wohl mit den Flüchtlingen dann? Was passiert mit den "Finanzhilfen"? Investitionen als Belohnung für das Zurücknehmen von Flüchtlingen? Welche Investitionen, in was?

       

      Das ist doch alles ganz einfach ein riesengroßer Schmarren! Wenn den Ländern geholfen werden soll, dann ist das bestimmt nicht schlecht. Aber doch nicht, indem autokratischen, korrupten Machthabern Geld gegeben wird, um ihre Machtstellung zu festigen.

       

      Migranten, die in westlichen Industrieländern leben und Geld nach Hause schicken, helfen der Wirtschaft in manchen Ländern vielleicht mehr und vor allem effektiver und direkter als solche Finanzmittel, die an Politiker und westliche Unternehmer gehen für einen fragwürdigen "Aufbau". Natürlich ist es aber wunderschön bequem, sich zurückzulegen und zu denken: "die da oben machen schon das Richtige". Nur später will's keiner gewesen sein.