Kommentar: Dora Heyenns Abgang: Nach links geht es bergab
Der Austritt von Dora Heyenn aus der Linkspartei ist konsequent, überfällig und Schuld beider Seiten.

Da lag auch schon einiges im Argen: Heyenn beim Landesparteitag der Linken 2014 Foto: dpa
HAMBURG taz | Dieser Schritt ist konsequent, er ist überfällig. Wer als politischer Beobachter seit einem Dreivierteljahr Zeuge der zunehmenden Sprachlosigkeit zwischen der Linksfraktion in der Bürgerschaft und ihrer langjährigen Spitzenfrau Dora Heyenn werden musste, konnte sich eine friedliche Lösung des Konflikts ohnehin nicht mehr vorstellen. Zu verhärtet waren die Fronten, und daran waren, wie so oft im Leben, beide Seiten nicht unschuldig.
Dora Heyenn, die ihre Fraktion wie eine strenge Klassenlehrerin zu führen beliebte, hätte sicher mit etwas mehr Pädagogik schwelende Konflikte entschärfen können. Sie aber gefiel sich in der Rolle der starken Frau, denn als Everybody‘s Darling sei man auch Everybody‘s Depp, pflegte sie zu sagen, und das sei ihre Rolle nicht. Zu Recht.
Diejenigen indes in der linken Fraktion, die gegen Heyenn ein linkes Ding durchzogen, benahmen sich alles andere als sozialistisch-solidarisch: Der Sturz von Heyenn war hinterhältig. Wer seiner eigenen Spitzenkandidatin nach einem erfolgreichen Wahlkampf eben diesen zum Vorwurf macht, handelt aus Eigennutz, nicht zum Wohle von Partei oder WählerInnen. Insofern ist Heyenns Erkenntnis, die Linke in Hamburg stünde nicht mehr für Ehrlichkeit und Solidarität, nachzuvollziehen.
Die Linke in Hamburg ist strategisch verwirrt und programmatisch verworren. Das wird nach Heyenns Austritt nicht besser, im Gegenteil. An dieser Person konnte und musste man sich politisch reiben – aber eben diese Art der Standortbestimmung entfällt nun. Dora Heyenn muss das nicht kümmern, bei der Linkspartei ist indes niemand in Sicht, der diese Lücke füllen könnte.
Nach links geht es bergab. Selbst schuld.
Leser*innenkommentare
Philippe Ressing
Ja ja die gute alte taz-Hamburg. Schon in den 1980er Jahren versuchte man bei den GAL-Internen Auseinandersetzung und bereitete dem Realpolitischen Durchmarsch den Weg....
Rossignol
Dass die Linke sich zerfleischt, konnte man ja schon länger beobachten - auch dort gibt es Posten-Schnäppchenjäger und Eifersüchteleien.
Dieser Partei geschieht dieses Desaster ganz recht - vielleicht wachen die Verantwortlichen jetzt endlich mal auf.
Allerdings glaub ich das nicht - denn Selbstreflektion war noch nie deren Stärke!
Ich wünsche Dora Heyenn alles Gute - nur nicht bei der SPD oder den Grünen!
Hamburg1976 Hamburg1976
Nun geht es bergauf. Genaue Beobachter stellen ohne Probleme fest, dass Heyenn schon lange nicht mehr linke Politik vertritt und in die Fußstapfen der neoliberalen Politik der SPD erneut eingetreten ist. Nun warte ich ganz entspannt auf die Pressekonferenz zu Sylvester, dass Heyenn in ihre Mutterpartei der SPD zurück bettelt. Und bitte: Liste Links mitnehmen. Immerhin waren das in den letzten Jahren ihre noch eigentlichen Unterstützer und die braucht die Linke nun wirklich nicht. Manchmal wäre ein wenig mehr sozialistische-solidarische Politik besser gewesen, als das Herausstellen der: "starken Frau, denn als Everybody‘s Darling sei man auch Everybody‘s Depp". Hatte irgendwie leicht narzisstische Züge. Und Mut zur Lücke mit sozialistischer Politik: mind. 1 Vorstand, die von Heyenn bereits in der Vergangenheit als ihre Nachfolgerin favorisiert wurde und eine Nachzüglerin.
Käptn Olgi
@Hamburg1976 Hamburg1976 "Everybody‘s Darling ist Everybody‘s Depp": Ein Zitat von Franz Josef Strauß. Wie passend.