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Kommentar Die Debatte nach KölnPopulismus ohne Obergrenzen

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Was sagen die Politiker zu Köln? Egal – es zählt nur, dass sie es in marktschreierischer Lautstärke der erregten Volksseele darbieten.

Ab sofort heißt es: Schrei es durch die Blume! Foto: kallejipp/photocase.de

D eutschland ist verrückt geworden, komplett durchgedreht. Anders ist es nicht mehr zu erklären, was die Damen und Herren aus den regierenden Parteien seit „den Ereignissen von Köln“ so vor sich hin tröten.

„Null Toleranz gegenüber Kriminalität und sexuellen Übergriffen“, twittert etwa der SPD-Chef Sigmar Gabriel. Was für eine Hammerforderung. Fast bekommt man den Eindruck, die SPD hätte bisher für Toleranz gegenüber Verbrechern und Vergewaltigern plädiert.

Oder Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Der fordert in der FAZ, es dürfe keine Schweigespirale geben, kein Tabuisieren der Herkunft von Kriminalität. So haut er mächtig in die Kerbe der Lügenpresse-Pegidisten, obwohl er im gleichen Interview sagt, dass die Kriminalität unter Asylsuchenden nicht überproportional ist.

Und die Kurve zu des Deutschen Lieblingsthema kriegt Armin Laschet, CDU-Vorsitzender in NRW. Der will Polizei an Brennpunkten einsetzen statt beim Blitz-Marathon. Da lacht die Volksseele.

Ein Blick in die USA

Das sind nur drei Beispiele für den Mischmasch aus längst geltenden Regelungen, Selbstverständlichkeiten und rechtslastigem Blödsinn, bei dem nur zählt, dass er in marktschreierischer Lautstärke der erregten Volksseele dargeboten wird. Seht her! Wir tun was! Zumindest reden wir laut. Der Populismus kennt gerade keine Obergrenze.

Man möchte schreien. Noch lauter. Oder in Zynismus verfallen. Etwa: Wenn schon Populismus, dann richtig.

Da hilft ein Blick in die USA, wo der weltweit erfolgreichste Politclown Trump im Blödsinnfordern nur noch von sich selbst übertroffen wird. Auch wie man gegen kriminelle Ausländer vorgeht, kann man jenseits des großen Teichs lernen. Stichwort: Festnahme des Drogenbosses El Chapo mit Hilfe des Hollywood-Helden Sean Penn.

Was die deutschen Politiker daraus lernen könnten? Fordert den unmittelbaren Ausbau der hiesigen Filmindustrie, damit wir endlich deutsche Stars bekommen, die wir dann in die Asylbewerberheime schicken können, damit sie dort die Verbrecher stellen, die unsere arme, überforderte Polizei nicht überführt.

Apropos: Was macht eigentlich gerade dieser einfühlsame deutsche Kommissar mit der Megawumme? Til Schweiger, krawumm. Der hat doch für alles eine einfache Lösung.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters
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9 Kommentare

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  • Der Artikel zeigt eindrucksvoll, warum die Rechten so stark geworden sind. Wäre es doch so einfach die Krise unserer Demokratie mit so einfachen Schlagwörtern wie "marktschreierischer Volksseele Populismus" etc zu beschreiben, wir hätten andere Sorgen. Leider müssen wir in einen kritischen Diskurs gehen-jenseits ideologischer Weltbilder- um über verfehlte politische Einschätzungen in der Flüchtlings-und Integrationspolitik nachzudenken. Wer weiterhin die Augen verschließen möchte, trägt die Verantwortung für die zunehmende Radikalisierung in unserem Land und der EU. Die offene Haustür Deutschland wird sonst von Leuten zugeschlagen, die aus längst vergangener braunen Zeit zu stammen scheinen.Wer mehr Humanität will, sollte sich daran erinnern, dass es nicht Sache der Zivilgesellschaft ist, sondern der demokratisch legitimierten und ihren Wählern verantwortlichen Organe, politische Entscheidungen darüber zu treffen, ob und wie viel und unter welchen Voraussetzungen darüber hinaus als schutzbedürftig angesehene Personen vorübergehend oder dauernd aus humanitären Gründen in Deutschland aufgenommen werden sollen.

  • Wo wir gerade mal wieder beim Thema sind. "Diese Bundesregierung ist die erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung" (Merkel 2012).

    Man mag sich gar nicht mehr vorstellen, wie dann wohl eine erfolglose Bundesregierung aussehen könnte.

  • Hier ist doch wieder ein Thema, wo die Politiker ihren Marktwert steigern können. Das machen sie mit neuen Vorschlägen; Gesetzesänderungen.......! Hauptsache, sie kommen in die Presse. Zu diesen Politikern sagt man auch: Trittbrettfahrer.

    Hans-Ulrich Grefe

  • "Oder Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Der fordert in der FAZ, es dürfe keine Schweigespirale geben, kein Tabuisieren der Herkunft von Kriminalität. So haut er mächtig in die Kerbe der Lügenpresse-Pegidisten, obwohl er im gleichen Interview sagt, dass die Kriminalität unter Asylsuchenden nicht überproportional ist."

     

    Recht hat er: Sprechen wir doch offen darüber! Dann hat auch die Wahrheit eine Chance - und nicht nur die unversöhnlich propagandistisch aufbereitete Version jeder Seite.

     

    Genau das ist es doch, was die Pegidisten auf die Barrikaden bringt: Sie haben das Gefühl, dass

     

    1.medial und behördlich unter den Teppich gekehrt wird, wenn Ausländer Straftaten begehen, um

     

    2. den hohen Anteil dieser Straftaten am Gesamten zu verschleiern.

     

    Teil eins dieser Unterstellung stimmt, wie wir letzte Woche sehen mussten, wenigstens zu Teilen. Dass Teil zwei hingegen möglicherweise eine komplette Ente ist, glaubt der "Lügenpresse" jetzt kein "besorgter Bürger" mehr so ohne weiteres.

     

    Das Einzige, was dagegen hilft, ist die Wahrheit, nämlich dass es Straftäter unter den Flüchtlingen und Migranten gibt und wie viele es sind. Erst DANN kann man öffentlich und transparent auch den Populisten mit der Aussage gegenübertreten, dass diese Zahlen nicht schlimmer sind als die der Gesamtbevölkerung.

     

    Rechtspopulistische Propaganda hingegen "präventiv" mit - genauso verlogener - Gegenpropaganda bekämpfen zu wollen, ist obrichkeitliche "Der Zweck heiligt die Mittel"- Politik und macht nur angreifbar, wenn sie auffliegt.

  • "Deutschland ist verrückt geworden, komplett durchgedreht", schreibt Gereon Asmut. Und das klingt, als dürfte wieder einmal niemand Schuld sein. Es ist wie mit der Grippewelle. Die kommt und geht ja auch mit dem entsprechenden Wetter. Man kann rein gar nichts gegen machen.

     

    Aber ist es wirklich "anders [..] nicht mehr zu erklären, was die Damen und Herren aus den regierenden Parteien seit 'den Ereignissen von Köln' so vor sich hin tröten"? Hat dieser Wahnsinn wirklich keine Methode?

     

    Oh doch, die hat er. Es gibt mal wieder eine unheilige Allianz in diesem Land. Die Allianz der Möchtegern-Anführer. Ein führender SPD-Mann wurde heute Morgen in meinem Autoradio mit der frohen Botschaft zitiert, man sei sich endlich einmal einig in der Großen Koalition: Härte sei das Gebot der Stunde. Na, das ist doch schon mal was! Das ist die ganze Konfusion doch wert!

     

    Die Bild will führen. Also schreit sie. Sie weiß, dass Menschen, die geführt werden wollen, so was honorieren. Sie pauschaliert und bläst konkrete Missstände verbal zu Grundsatzproblemen auf – die sie anschließend wohlweislich NICHT löst. Sie ist ja auch nicht zuständig. Und wäre es nicht schade um den schönen Umsatz? Doch, denkt auch ihre Konkurrenz. Welt, Zeit, taz – jeder und jede ein potentieller Marktführer. Hinter so viel Führungskraft können Fernsehen und Radio natürlich nicht zurückbleiben. Und von Hollywood erwarte ich spätestens für 2017 die Blockbuster-Verfilmung der Silvester-"Ereignisse von Köln". Mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle des Retters der Belästigten. Der Preis ist schließlich heiß.

     

    Der Kunde Steuerzahler will es so. Weiß auch die Polizei. Die hat ihre Rollenbild ja auch nicht selbst erdacht. So wenig wie die Politik. Wenn die bemerkt, dass ihre eher gut gemeinten Gesetze an der Basis aus erklärbaren Gründen nicht umgesetzt werden können, machen sie einfach neue. Kost' sie ja nichts. Es zahlen wieder andere. Zumindest heute noch.

  • Das es Probleme, mit einem Teil der Migranten, geben würde, war jedem klar. Mehr oder weniger zumindest. Die Reaktion der Politik war erwartbar. Nämlich so als wäre es nicht vorhersehbar gewesen. Sigmar "das Pack" Gabriel greift sogar das "kriminelle Ausländer raus" der NPD auf. Dümmer gehts immer, so sein Motto!

    Bei Lichte betrachtet sind die Vorfälle scheußlich, aber kaum justiziabel. Zum einen wird die Zuordnung bestimmter Taten zu eindeutigen Tätern selten gelingen. Zum anderen gibt das Strafrecht nicht viel her. Sexuelle Belästigung, Diebstahl etc. gelten als Bagatelldelikte. Theoretisch zwar strafbewehrt, aber in der Praxis erfolgen nur selten Verurteilungen wegen gestohlener Handys.

    Daher sind die meisten Äußerungen aus der Politik dummes krakeelen.

    Wichtig wäre es jetzt, die Ursachen ohne Scheuklappen zu analysieren und die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen.

    Doch zeigt die Wirklichkeitsleugnung der Politiker, das sie dazu bisher nicht bereit sind.

  • Die letzte Pirouette von Trump zu Schweiger ist ganz dünnes Eis und dürfte dem Verfasser eine mentale Knöchelfraktur sowie einen dreifachen intellektuellen Bänderriss eingebracht haben.

     

    Schade eigentlich. Nu(h)r, wenn man so gar nichts und nicht mal was ansatzweise Originelles über einen deutschen Schauspieler zu sagen weiss, sollte man Schere und Kamm beiseite legen und lieber mit geschlossenem Hosenstall noch mal kurz durchatmen, bevor man sich die Hacken hinter den eigenen Ohren zusammenschlägt.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    "... nur zählt, dass er in marktschreierischer Lautstärke der erregten Volksseele dargeboten wird." - Und wer hat für die erregte Volksseele gesorgt? Medien, denen Fakten egal, aber ihre Auflagenzahlen und Einschaltquoten umso wichtiger sind.

  • Da fängt ein Kommentar gut an und ich bin gespannt, was noch kommt. Und dann kommen doch sehr verwirrt: Donald Trump, El Chapo, die deutsche Filmindustrie und Till Schweiger. Auch das passt gut zur Überschrift des Kommentars. Bitte nicht mehr dieses Niveau.