Kommentar Deutsche Türkeipolitik: Es braucht eine klare Ansage
Seit Angela Merkel regiert, gibt es keine Türkeipolitik. Deutschland muss klären, wie das Verhältnis der Türkei zu Europa aussehen kann.
S eit Langem, das heißt, so lange, wie Angela Merkel regiert, hat die Bundesregierung keine Türkeipolitik. Ihr Vorgänger Gerhard Schröder hatte zuvor mit seinem Außenminister Joschka Fischer entschieden, die Türkei nach den Anschlägen von 9/11 in die EU zu holen, um zu zeigen, dass der Westen keinen Krieg gegen den Islam, sondern gegen eine Terrororganisation führt, die auch islamische Länder bedroht.
Das war ein geopolitisch nachvollziehbarer Ansatz, dem Merkel zwar nicht widersprach, den sie aber auch nicht weiter umsetzte. An die Stelle einer EU-Mitgliedschaft setzte sie die „privilegierte Partnerschaft“, und ließ ansonsten die Beitrittsbemühungen der Türkei ins Leere laufen.
Merkel hatte keine Beziehung zu den 3 Millionen türkischen Einwanderern in Deutschland und konnte mit der Türkei als möglichem Partner nichts anfangen, was nicht nur den damaligen Ministerpräsidenten Erdoğan, sondern einen großen Teil der türkischen Bevölkerung enttäuschte. Mittlerweile hat sie erkannt, welche Rolle die Türkei international – die Stichworte sind Syrien, Flüchtlinge, Nato und Russland – und in der deutschen Innenpolitik spielen kann.
Doch immer noch will sie in Sachen Türkei vor allem in Ruhe gelassen werden. Erdoğan soll die syrischen Flüchtlinge zurück- und sich aus der deutschen Innenpolitik heraushalten. Dafür zahlt sie mit Geld und einigen devoten Besuchen.
Was die Türkei erwartet, ist, dass Deutschland gemeinsam mit Frankreich klärt, wie das Verhältnis des Landes zu Europa aussehen kann. Wenn man Einfluss nehmen will auf die Achtung der Menschenrechte, die Pressefreiheit und eine unabhängige Justiz, muss man etwas anbieten und das kann nicht nur Geld sein. Es braucht eine klare Ansage, ob eine Anbindung an die EU erwünscht ist, wie diese aussehen kann und was die Voraussetzung dafür ist. Das betrifft nicht nur Erdoğan, sondern würde auch für die Opposition die Verhältnisse klarstellen.
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