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Kommentar Datenschutz und DSGVOEin Schwert zur rechten Zeit

Kommentar von Tanja Tricarico

Schluss mit Hetze und Manipulation: Mit der Verordnung hat Europa ein Mittel gegen die Machtposition der Techkonzerne gefunden.

Im Netz wird mit so manchen persönlichen Daten gehandelt Foto: reuters

D er Handel mit Daten, der Austausch und die Verwertung privater Informationen sind ein lukratives Geschäftsmodell. Daten sind das Rohöl des 21. Jahrhunderts, dem Datenhandel Herr zu werden ist nahezu unmöglich.

Die Europäische Union versucht es derzeit trotzdem. Aus keinem geringeren Grund als zum Schutz unserer Grundwerte. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani sieht die sozialen Medien als große Bedrohung für die Demokratie. Er äußerte sich besorgt darüber, dass Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Diskriminierung jeglicher Art über Plattformen wie Facebook oder Twitter verbreitet würden. Die politischen Entscheidungen der Nutzer würden so massiv beeinflusst. Es seien manipulative Kräfte im Netz aktiv, die die Demokratie ernsthaft ins Wanken brächten. Nächster Angriffspunkt, so seine durchaus begründete Befürchtung: die Europawahlen im kommenden Jahr.

Gegen die unsichtbare Gefahr aus dem Netz setzt Brüssel nun auf die Macht demokratischer Instrumente. Das EU-Parlament lud Facebook-Chef Mark Zuckerberg am Dienstag vor – um im Fall Cambridge Analytica Rede und Antwort zu stehen. Daten von Millionen Facebook-Nutzern gelangten in die Hände der britischen Analysefirma. Sie spielte eine entscheidende Rolle im US-Präsidentschaftswahlkampf und bei der Brexit-Entscheidung in Großbritannien.

In Brüssel entschuldigt sich Zuckerberg routiniert für seine „Datensünden“. Anderes hätte man von ihm auch nicht erwartet. Doch anders als in den USA kennen sich die EU-Abgeordneten mit Micro-Advertising, mit Algorithmen, mit Fakeprofilen bestens aus. Der Fragenkatalog an den Facebook-Chef hatte es in sich. Was nicht live beantwortet wurde, soll Zuckerberg nachliefern. Floskeln reichen nicht, die EU-Abgeordneten fordern konkrete Zusagen. Denn: Es geht ihnen um mehr als die Aufklärung einer einzelnen Datenaffäre. Es geht ums große Ganze, den Wertekanon, den der Datenhandel auf die Probe stellt.

Zuckerberg sollte jede Woche antanzen

Die Volksvertreter haben recht damit, das Thema moralisch anzugehen. Mark Zuckerberg sollte am besten jede Woche vor den Parlamentariern antanzen und sich ihren Fragen stellen. Denn schließlich beherrscht er wie kein anderer den Online-Markt und hat damit Macht über Daten von Millionen Nutzern. Bisher konnte der Facebook-Chef, zu dessen Konzern auch der beliebte Messenger-Dienst Whatsapp gehört, nicht überzeugend klarmachen, dass er sein Geschäftsmodell ändert oder den Schutz privater Daten tatsächlich ernst nimmt.

Doch das sollte er besser. Anhörungen im Parlament, die Datenschutzverstöße ab und an kurz mal ins Rampenlicht rücken, mögen vor allem symbolischen Wert haben. Aber sie sind ein demokratisches Mittel, um auch Unternehmer wie Zuckerberg, die eine Monopolstellung innehaben und freudig Steuerschlupflöcher nutzen, in die Mangel zu nehmen.

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Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Seit dieser Woche hat die EU auch noch eine Spezialwaffe in der Tasche. Geboren in Brüssel, mit eindeutigem deutschem Fingerabdruck, gilt seit 25. Mai die Datenschutz-Grundverordnung – kurz DSGVO. Damit schlägt die EU zurück – oder besser: Sie hält dagegen – gegen die lukrativen Geschäftsmodelle der großen und kleinen Techfirmen, die die kostbare Ware Daten so sorglos behandeln. Rund zehn Jahre dauerten die Vorbereitungen zur DSGVO­ an. Ihr Anspruch: Den Verbrauchern die Hoheit über ihre Daten zurückzugeben. Firmen, die gegen das Regelwerk verstoßen, müssen mit hohen Geldstrafen bis zu vier Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes rechnen.

Mit der DSGVO gibt es endlich einen Hebel, mit dem man bisher scheinbar unangreifbaren Unternehmen Verstöße nachweisen und diese auch ahnden kann. Noch nie zuvor haben die EU-Staaten den Schutz privater Daten ihrer Bürger so ernst genommen. Das Regelwerk kommt zur rechten Zeit – nun liegt es an den Staaten, das bürokratische Monster als scharfes Schwert einzusetzen.

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8 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • “Er äußerte sich besorgt darüber, dass Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Diskriminierung jeglicher Art über Plattformen wie Facebook oder Twitter verbreitet würden.”

     

    Es ist unglaublich wie dumm auch Menschen sein können, die es so weit gebracht haben. Diese autoritäre Denke wird noch der Sargnagel unserer Demokratie sein. Wer im blinden Kampf gegen das vermeindlich Böse Zensurinstrumente schafft der hätte im Geschichtsunterricht besser aufpassen sollen.

     

    “Hass” ist auch nur eine Meinung und kein Verbrechen, wie viele Meinungs-Faschisten hier immer wieder gerne Behaupten. Er wird explizit von der Freiheit zur Meinungsäußerung gedeckt, solange nicht zu Straftaten aufgerufen wird und das ist auch gut so. Denn die Frage ist immer wie “Hass” und “Hetze” definiert werden.

    Auch in der taz lässt sich viel finden was sicher als Hass und Hetze interpretiert werden könnte. Und auch wenn mich die Artikel von Hengameh und Co nicht selten zur Weißglut treiben will ich doch nicht das sie zensiert werden, nur weil sie "Hass" verbreiten.

     

    “Die Volksvertreter haben recht damit, das Thema moralisch anzugehen.”

     

    Ja weil das ja in der Vergangenheit so gut funktioniert hat! Nicht!

     

    Insgesamt hat die DSGVO schon viel verändert. Man kann nun, bei quasi allen großen Anbietern, darüber entscheiden wem Daten zugänglich gemacht werden und wie. Natürlich ist das keine absolute Kontrolle aber es ist allemal besser als der Ausgangszustand.

     

    Ich bin auch deshalb ein echter Fan der DSGVO, weil es ein super Job-Programm für alle ist die etwas mit IT-Sicherheit zu tun haben.^^

  • Was hat den cambridge analytica eigentlich Böses gemacht?

    Das die soziale medien ihre Daten zu Verfügung stellen ist bisher immer als was spannend neues dargestellt worden. Man denke nur an die Begeisterung beim Obama Wahlkampf, über seine Aktivitäten bei FB. Die werden keine andere Daten genutzt haben. Warum wird Obamas Wahlkampf nicht angeklagt?

     

    Oder wie kommen die Grafiken Zustände die zeigen welche Accounts bei Twitter der AFD nahe stehen?

    Das waren grosse Artikel die auf Basis von Daten die Twitter zu Verfügung stellt.

     

    Mir wurde bisher nicht klar, wo cambridge analytica anders gehandelt hat. Aber alle Berichte tun so, als ob alles ganz klar wäre.

  • Erste Einschläge der DSGVO: Max Schrems, der österreichische Jurist, der schon gegen Facebook gepunktet hat und das "Safe-Harbor"-Datenabsaugabkommen zwischen EU und US zu Fall brachte, hat heute pünktlich zum Inkrafttreten der DSGVO mit seiner neuen Datenschutzorganisation https://noyb.eu Beschwerde eingelegt gegen Facebook, WhatsApp, Instagram und Google. Der Streitwert beträgt zusammen knapp 8 Mrd €.

     

    Weitere Treffer: Die LA Times und die übrigen Publikationen des zugehörigen Konzerns sind aus der EU derzeit nicht erreichbar: http://www.tronc.com/gdpr/latimes.com/ Also in USA ist gerade Stimmung wegen der DSGVO.

     

    Weiter so. Da fehlen noch viele. Alle, die jetzt auf Tauchstation gehen oder mit ab jetzt illegalen Bannern und Mails ankommen und Zustimmung verlangen, outen damit, dass sie unsere Daten zweitverwerten. Ihr braucht ganz entspannt nichts davon zu bestätigen (denn ab jetzt gilt das Kopplungsverbot der DSGVO). Das Spam-Aufkommen dürfte drastisch abnehmen in nächster Zeit. Und falls ein Laden droht, den Account zu sperren, wenn man nicht zustimmt - direkt Screenshot und CC an die nächste Datenschutzbehörde.

     

    Vielleicht kann sich die EU über die DSGVO

    a) einen Teil der Kohle zurückholen, die sich die großen Monopolisten durch ihre Datenhehlerei von Europäern ergaunert haben.

    b) dafür sorgen, dass die in Zukunft ein Geschäftsmodell brauchen, das nicht darauf basiert, die ganze Welt zu plündern.

  • „Mit der DSGVO gibt es endlich einen Hebel, mit dem man bisher scheinbar unangreifbaren Unternehmen Verstöße nachweisen und diese auch ahnden kann.“

     

    Schön wär's ja! Ob die DSGVO tatsächlich ein scharfes Schwert sein und gegen wen es dann letztlich geführt wird, kann man doch jetzt noch gar nicht beurteilen. Das muss erst die Praxis offenbaren. Ich sehe nicht, wodurch da die Ohnmacht der Kleinen überwunden sein soll. Die Macht der Großen ist und bleibt aber vor allem die Ohnmacht der Kleinen.

    • @Rainer B.:

      Was glauben Sie denn, wieso so viele Leute ums Verrecken (der anderen) zu "Großen" werden wollen? Ich meine: Wer unterwirft sich einem solchen Scheißspiel feiwillig? Doch nur der, der nicht mehr daran glaubt, dass es auch anders geht. Bei sowas macht nur mit, wer sich in Wahrheit klein und hilflos fühlt. Aber dann wieder die Klappe, aufreißen wenn andere das Wort "alternativlos" verwenden...!

      • @mowgli:

        Ok,- aber was wollen Sie m i r jetzt damit vermitteln und welche Rolle spielt die DSGVO dabei?

         

        - Dass alle Kleinen auch groß werden wollen?

        - Dass sie dies nicht freiwillig wollen?

        - Dass sie nicht mehr daran glauben, es könnte auch anders gehen?

        - Dass sie nur mitmachen (beim Großwerden?), weil sie sich klein und hilflos fühlen?

        - Dass sie felsenfest an die „Alternativlosigkeit“ glauben, nur dieses Wort nicht ertragen können?

         

        Klären Sie m ic h auf!

  • Gute Aktion der EU - weiter so.

  • Was für ein Mittel hat man denn gefunden ???

     

    Entweder, man stimmt dem gesamten Blabla der Geschäftsbedingungen zu, oder man ist von dem Dienst ausgeschlossen. Das ist nicht nur bei den Großen so, sondern ebenso bei den meisten kleieren Diensten, und sinnensprechend teilweise sogar bei den Programmen, die man auf seinem Rechner hat.

     

    Natürlich gibt es auch die Alternative, nämlich, daß die Anbieter auf andere Weise an ihr Geld kommen. Dann wird eben eine saftuge Gebühr fällig, die sich schon wegen der benötigten Menge verschiedener Dienstanbieter oder der Anzahl benötigter Programme mindestens jeder zweite gar nicht leisten kann.

     

    Unter dem Strich ist wohl eher zu erwarten, daß der Datenschutz in der Weise konsequent "beachtet" wird, indem paralles dazu das davor Übliche besonders trickreich fortgesetzt wird.