Kommentar Dämmung und Feuergefahr: Besser dämmen ist notwendig
Für neue Hochhäuser ist unbrennbares Dämmmaterial Pflicht. Wohnhäuser dürfen mit Styropor gedämmt werden. Das muss die Politik ändern.
A uch in Deutschland wird nun ein Hochhaus aufgrund von Brandgefahr durch eine gefährliche Fassadendämmung evakuiert: Durch diese Nachricht dürften sich all jene bestätigt sehen, die das Dämmen von Gebäuden generell für eine unsinnige staatliche Gängelung halten. Und tatsächlich hat die Politik einige Fehler gemacht.
Unmittelbar nach dem Brand in London erklärte das Bauministerium, eine solche Katastrophe sei wegen der strengen deutschen Vorschriften hierzulande nach menschlichem Ermessen nicht möglich. Nun räumt das Ministerium ein, dass die strengen Regeln, die nicht-brennbare Dämmmaterialien an Hochhäusern vorschreiben, erst seit 2007 gelten. Wie viele ältere Hochhäuser mit brennbaren Fassaden es in Deutschland gibt, ist unbekannt, eine generelle Nachrüstpflicht besteht nicht. Hier muss die Politik handeln – wie es in Wuppertal jetzt ja auch geschehen ist.
Keinesfalls dürfen die Brandkatastrophe von London und das erkannte Risiko von Wuppertal nun aber dafür genutzt werden, die Sinnhaftigkeit von gedämmten Häusern insgesamt infrage zu stellen. Besser isolierte Fassaden bleiben unabdingbar, um den Energieverbrauch zu senken. Nicht weniger Dämmen muss die Konsequenz sein, sondern besseres Dämmen.
Denn es ist durchaus möglich, den Wärmeverlust bei Häusern zu reduzieren, ohne Brandgefahr und Sondermüll zu produzieren. Neben Styroporplatten, die wegen des günstigen Preises trotz ihrer bekannten Nachteile weiterhin gern zum Dämmen genutzt werden, gibt es nämlich gute Alternativen. Vor allem Mineralwolle, die unbrennbar ist, länger hält und eine bessere Ökobilanz aufweist – aber, zumindest in der Anschaffung, etwas teurer ist.
Doch während für neue Hochhäuser inzwischen unbrennbare Dämmmaterialien vorgeschrieben sind, dürfen normale Wohnhäuser weiter mit Styropor gedämmt werden.
Das muss die Politik schnell ändern. Zuschüsse für Wärmedämmung sollten daran gekoppelt werden, dass die verwendeten Materialien umweltfreundlich und komplett unbrennbar sind. Das würde die bei vielen Menschen weiterhin bestehenden Sicherheitsbedenken beseitigen – und zugleich den GegnerInnen jeglicher Fassadendämmung den Wind aus den Segeln nehmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei