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Kommentar Cyber-Angriffe auf RegierungDie Hacker, die sie riefen

Martin Kaul
Kommentar von Martin Kaul

Hacker sind ins deutsche Regierungsnetz eingedrungen. Das ist ein riesiges Problem – und Sinnbild für den digitalen Standort Deutschland.

Persönlich sind die Hacker wohl nicht vor Ort, aber sie zapfen jede Menge Daten ab Foto: imago/phototek

I m Prinzip ist es ja auch ein Akt der Völkerverständigung, ein Wissenstransfer: Da klemmen also diese Spione im deutschen Regierungsnetz und leiten beständig Informationen aus – und was tun die zuständigen Behörden? Sie lassen sie walten, sie wollen von ihnen lernen.

Das jedenfalls ist eines der Erklärungsmuster, die in Berlin seitens des Bundesinnenministeriums nun bemüht werden, seit bekannt geworden ist, dass offenbar seit Monaten Informationen aus dem besonders gesicherten Intranet von Bundesregierung und Bundestag, Außenministerium und Verteidigungsministerium gezielt angezapft werden.

Geht es nach dem Bundesinnenministerium, das für die Gefahrenabwehr zuständig ist, so sind die Angreifer „jederzeit voll kontrolliert von den Sicherheitsbehörden beobachtet worden“. Mehr noch, sagt ein Staatssekretär: „Das war eine äußerst erfolgreiche Operation.“ Wie beruhigend: Deutschland ist demnach also gar nicht Opfer, Deutschland ist Nutznießer dieses Angriffs.

Nun ist es allerdings so, dass der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Armin Schuster (CDU), noch immer von einem „veritablen Cyberangriff auf Teile des Regierungsnetzes“ spricht. Die Bundesregierung versuche, den noch laufenden Angriff unter Kontrolle zu halten.

Übersetzt heißt das: Sie weiß nicht, ob sie das schafft. Der Spionageangriff läuft noch immer. Das ist dann vielleicht doch eher ein Spionagethriller als ein Höflichkeitsbesuch. Denn bislang weiß niemand, wie lange die Angreifer bereits tätig sind und was sie alles ausgeleitet haben.

Nicht über löchrige Netze wundern

Für die deutsche Bundesregierung ist dies nun ein beträchtliches Problem. Kontrolle hieße: Spätestens jetzt, wo der Angriff bekannt ist, auch die Möglichkeit zu haben, ihn zu beenden. Nach dem gezielten und erfolgreichen Spionageangriff auf den Deutschen Bundestag im Jahr 2015 steht das Regierungsnetzwerk damit erneut unter Attacke. Dies verklären zu wollen steht sinnbildlich auch für das generelle Problem, das der digitale Standort Deutschland hat.

Einerseits will die Bundesregierung zum digitalen Antriebsmotor werden, andererseits fehlt es an einer kohärenten Strategie dafür, die über den Ausbau der Glasfasernetze in Deutschland hinausgeht. Besonders deutlich wird dies am Beispiel ihrer eigenen digitalen Sicherheitspolitik. Statt konsequent Sicherheitslücken zu stopfen und für starke Infrastrukturen zu sorgen, will die Regierung künftig selbst verstärkt Sicherheitslücken aufkaufen, um besser spionieren zu können. Wer sich daran beteiligt, muss sich nicht über löchrige Netze wundern.

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Martin Kaul
Reporter
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15 Kommentare

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  • Wer selber einen Bundestrojaner haben will, der akzeptiert damit wissentlich alle Lücken im System. Ohne die würde diese Software nämlich nicht funktionieren.

  • Dass Hacker in ein heterogenes Netz eindringen können ist nicht erstaunlich und zeigt nur, dass die diversen Verfassungeorgane in der Reichshauptstadt kein IT-Sicherheitskonzept besitzen, das dieses Namens würdig wäre. Aber daraus gleich wieder ein Lamento über den Digitalstandort Deutschland zu machen, ist dümmliches gequäke, wenn man sich mal die Highlights so fortschritlicher Staaten wie USA oder Schweden anschaut.

     

    05/2016 - The US agency plundered by Chinese hackers made one of the dumbest security moves possible

    //http://www.businessinsider.com/the-us-agency-plundered-by-chinese-hackers-made-one-of-the-dumbest-security-moves-possible-2015-6?IR=T

     

    07/2017 - Schweden: Datenleak bringt Regierung in Bedrängnis

    //http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2017-07/schweden-regierung-datenleak-stefan-loevfen

     

    Die Privatwirtschaft, besonders die in der Technologienation USA, die ja angeblich alles besser kann als der Staat, kanns auch nicht besser.

     

    02/2018 - FedEx: 119.000 Dokumente auf ungesicherten Amazon-S3-Servern gefunden https://www.heise.de/newsticker/meldung/119-000-Dokumente-auf-ungesicherten-Amazon-S3-Servern-gefunden-3972104.html

     

    06/2017 - USA: Republikaner stellten Daten aller Wähler online, ohne Passwort. https://www.heise.de/newsticker/meldung/USA-Republikaner-stellten-Daten-aller-Waehler-online-ohne-Passwort-3747865.html

     

    Hauptgrund dieser Vorfälle war entweder Dummheit (kein Passwort), Geiz (Outsourcing) oder beides (Outsourcing an einen Billig-Partner, der nur unqualifizierte Hilfskräfte beschäftigt).

  • Nur mal so:

    Die beliebteste Art solche Attacken zu starten sind Phishing-Mails. Aber eine solche Fahrlässigkeit würde doch in Deutschland im Jahr2017/ 2018 nicht mehr passieren…

     

    Die Behauptung man könne kein System sicher bekommen ist übrigends so nicht richtig. Es ist eine Frage des Aufwands den man betreiben will. Fängt bei Mitarbeiterschulungen an, geht über beispielsweise DMZs und Softwareeigentwicklung und endet bei völliger Isolierung empfindlicher Rechnernetzte.

  • Due Bundesregierung ist selbst schuld und bekommt, was sie verdient. Es gehört sich einfach nicht, im kurzen Rock auf die Straße zu gehen.

  • CDU, SPD, Grüne und FDP haben unser Land kaputtgespart.

    Die „Schuldenbremse“ (gilt eh nicht für Bankanwicklungen) muß schleunigst außer Kraf hesetzt werden, und dann muß überall investiert werden.

    • @neu_mann:

      Also

       

      Wer genau wehrt sich seit 12 Jahren gegen höhere Infrastrukturausgaben?

       

      Genau: CDU CSU FDP

       

      Wer geht trotzdem in die GrKo

       

      Genau: SPD

       

      Wer will einen schlafmützigen Vasallenstaat von Moskaus Gnaden?

       

      Genau: AfD

       

      Fazit: Wenn der Hass auf die Grünen die Realität vernebelt, kommt nur FakeNews in die Kommentare.

      • @JBS_6623:

        Finde den Unterschied

         

        Zitat von @JBS_6623:“Wer will einen schlafmützigen Vasallenstaat von Moskaus Gnaden?“ Genau: AfD“

         

        Dazu ein außenpolitischer Programmvergleich:

         

        „Die AfD setzt sich für eine Außenpolitik ein, die sich an deutschen Interessen orientiert und dem Grundsatz der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten von Staaten folgt. Ziel ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit souveräner Staaten. Das gilt sowohl für Europa als auch für die NATO, die die AfD als reines Verteidigungsbündnis unterstützt. Die Partei macht sich für eine UN-Reform stark, die auch zu einem ständigen Sitz Deutschlands im UN-Sicherheitsrat führen soll. Die OSZE soll gestärkt werden. Die USA sind aus Sicht der AfD der wichtigste Bündnispartner Deutschlands.“

         

        „Die Union sieht deutsche Außenpolitik vor allem eingebunden in die multilaterale Zusammenarbeit der NATO, der EU, der Vereinten Nationen und der OSZE. Inhaltliche Leitmotive sind dabei die Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. CDU und CSU bekennen sich zur herausgehobenen Partnerschaft mit den USA... Die CSU verlangt in ihrem Bayernplan einen Fahrplan zur Rückführung der Sanktionen und knüpft einen "flexiblen Abbau" der Strafmaßnahmen an eine Umsetzung des Minsker Abkommens.“

        (Quelle: „Tagesschau“, 29.08.2017)   

  • Solche Angriffe "unter Kontrolle" zu bekommen ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das ist kein Boxkampf, bei dem man den Gegner sehen, im Blick behalten und abwehren kann. Diese Art von Empörung kommt von der Opposition jedes mal, wenn sowas passiert. Damit demonstriert die Opposition vor allem das sie genauso wenig Ahnung vom Thema hat wie die Regierung.

  • Hey taz, habt ihr die Turnschuhhacker mit den USB-Sicks bei Euch unter Kontrolle bekommen? ;-)

  • 1914 läßt grüßen

     

    „Wir wollen und dürfen nicht ohne Feind sein, ohne starken, uns zur Wehrhaftigkeit zwingenden Gegner. In solche Gefahr wollen wir niemals mehr kommen... Rußland soll uns bedrohen, soll unser Feind sein - das wird uns zum Glücke ausschlagen... Allein die Wehrhaftigkeit, der Zwang zu ihr, gewährleistet die Gesundheit unseres Volkes.“ (aus: "Kriegszieldenkschrift des Vorsitzenden des Alldeutschen Verbandes, Heinrich Claß", September 1914)

  • Sicherheit kostet Geld und befremdet evtl. unsere amerikanischen Freunde.

    • @J_CGN:

      Wohl eher Genossenfreund Putin

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @J_CGN:

      Die nicht aber die Wähler die wollen kein Geld für Sicherheit ausgeben.

  • Also Mal ehrlich.

    Das Medientheater über das, was man alles nicht weiß, ist hochgradig lächerlich.

    Ich erwarte geradezu von der Regierung, dass diese Infos geheim gehalten werden.

    Wie dumm ist es denn, öffentlich über einen Angriff auf Regierungseinrichtungen diskutieren zu wollen?

    Sollen potentielle Angreifer lernen können und alles auf dem Silbertablett serviert bekommen?

     

    Also, liebe taz: unklares nicht skandalisieren, sondern jedes bekannte Detail als schwere Sicherheitslücke kritisieren.

    Manchmal muss man auch darauf verzichten können, die Regierung öffentlich kontrollieren zu können...

  • GroKo - ich glaub, es hackt.