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Kommentar Clintons VizekandidatWarnsignal ans linke Lager

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Mit der Wahl von Tim Kaine als Hillary Clintons Vize bleibt inhaltlich alles offen. Nur Trump zu verhindern, ist als Agenda zu dünn.

Clinton hat Kaine gewählt, muss aber deutlicher machen, was sie inhaltlich will Foto: ap

A m Freitag verkündete Hillary Clinton per Twitter die Wahl ihres Vizepräsidentschaftskandidaten, am Samstag traten Tim Kaine, Senator aus Virginia, und Clinton erstmals gemeinsam auf. Kaine ist für Clinton einerseits eine offensichtliche Wahl: Der spanischsprechende Katholik kann als relativ liberaler Politiker aus einem eher konservativen Swing State Wählergruppen an sich binden, die am 8. November wichtig werden: weiße Männer, Latinos, Katholiken.

Andererseits aber ist die Wahl ­Kaines auch ein Signal an die Unterstützer des linken Bernie Sanders: Ihr habt das Wahlprogramm mitbestimmen können – aber jetzt ist es mal gut. Offenbar rechnet Clinton nicht damit, dass ihr relevante Teile der Sanders-Anhängerschaft angesichts einer Alternative Clinton/Trump die Gefolgschaft verweigern könnten.

Clinton muss den am Montag beginnenden ­Nominierungsparteitag nutzen, um die Botschaft von der geeinten Demokratischen Partei zu senden: geeint hinter ihr und gegen Donald Trump; genau das also, was Trump bei seiner Partei vergangene Woche nicht gelungen ist. Auch Clinton wird das, trotz Unterstützung durch linke Parteiikonen wie Eli­zabeth Warren und eben Bernie Sanders, nicht schaffen, wenn sie über die Befindlichkeiten der Sanders-Anhänger einfach hinweggeht. Und: Sie muss an positiven Aussagen arbeiten, muss endlich deutlicher machen, für welche Positionen und Vorschläge sie wirklich steht.

Mit der Wahl Tim Kaines bleibt inhaltlich alles offen. Natürlich stehen beide hinter Werten und Kernaussagen demokratischer Politik. Aber bislang bleiben die wichtigsten Argumente für das Duo: ihrer beider Erfahrung – und Donald Trump. Vor allem Letzterer ist ein starkes Argument. Es könnte dennoch zu wenig sein.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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4 Kommentare

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  • Die Brextiabstimmung hat deutlich gezeigt, dass mit einem "bloß nicht" keine Wahl zu gewinnen ist. Und was soll Frau Clinton Positives bieten, nachdem sie sich für einen farblosen Parteisoldaten als Vize entschieden hat? Wer soll ihr denn abnehmen, dass sie progressive Ideen umsetzen will?

  • In der Präsidentschaftswahl der USA 2012 erhielt Barak Obama 65,9 Mio. Stimmen, das entsprach 51,1% der Stimmen und Mitt Romney 60,9 Mio. Stimmen, dass entsprach 47,2% der Stimmen.

    Vergleicht man die Charaktere zwischen dem farblosen Börsenspekulanten Mitt Romney mit dem akt. Kandidaten Donald Trump, dann klaffen Welten auseinander im Hinblick auf die Eigenschaft bzw. Präsentation „Ich bin der beste Kandidat“.

    Im zweiten Schritt, muss man den Vergleich Barak Obama mit Hillary Clinton vornehmen. Sie ahnen es. Auch hier klaffen Welten auseinander, zu Ungunsten von Hillary und Zugunsten von Barak Obama.

    Dieser Vergleich der Charaktere Mitt Romney, Barak Obama, Hillary Clinton und Donald Trump löst den 5 Mio. Stimmenabstand der Demokraten zu den Republikanern in der Wahl 2012 in nichts auf.

    Wenn also ein Super Barak Obama gegen einen „farblosen Looser“ Mitt Romney die Wahl nur mit 3,9% Vorsprung gewonnen hat, dann muss die Frage gestellt werden, wie will eine weitläufig unbeliebte H. Clinton die Wahl gegen einen Vollprofi Donald Trump gewinnen?

    Ich sage voraus, gar nicht! Donald Trump wird der nächste Präsident der USA werden. Dafür spricht auch das Schweigen von Angela Merkel viel.

  • 6G
    628 (Profil gelöscht)

    Einige Positionen Trumps in punkto Außenpolitik klingen recht vernünftig. Insofern dürfte es Menschen, die sich eine weniger aggressive Außenpolitik der USA wünschen, schwer fallen, ausgerechnet Clinton zu wählen.

    Es dürfte ein enges Rennen werden. Was Trump auf die Füße fallen könnte, ist die Tatsache, dass er es sich systematisch mit allen Minderheiten verscherzt hat.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Nach den Wikileak-Veröffentlichung ist Kaine als Personalie total unwichtig. Ich bezweifle zwar, dass Bernie Sanders heute auf der DNC den Ted Cruz gibt, ich hoffe allerdings, dass er nicht einfach zur Tagesordnung übergeht.

    IMHO wurde Hillary Clinton durch diese Affäre zusätzlich beschädigt und der Rücktritt von Wasserman Schultz wird nicht viel helfen. 3-4% Vorsprung werden zu 5% Rückstand und wenn der Trump nicht einen totalen Mist baut, wird er auch gewinnen.