piwik no script img

Kommentar Chinas Pläne für HongkongUnkluges Machtspiel

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

Echte demokratische Reformen dürften nicht nur Hongkongs Entwicklung fördern. Sie sollten auch Chinas politische Perspektiven aufzeigen.

Peking-freundliche Demonstration am 17. August in den Straßen Hongkongs. Bild: reuters

D ie von Deng Xiaoping für Hongkong entwickelte Formel „Ein Land, zwei Systeme“ bietet China eigentlich eine große Chance. Denn wie Deng einst mit Wirtschaftssonderzonen in der Nachbarschaft des damals britischen Hongkong mit kapitalistischen Reformen experimentierte, bevor sie flächendeckend in der Volksrepublik eingeführt wurden, bietet die heutige Sonderverwaltungsregion Hongkong die Möglichkeit, mit demokratischen Reformen zu experimentieren. Doch dafür müsste Peking sie ernsthaft wollen, statt nur Kosmetik anzustreben.

Schon bisher durften die Hongkonger ein Parlament wählen. Ein neokoloniales System sorgt dafür, dass darin stets pekingnahe Kräfte dominieren. Hongkongs Regierungschef wird bisher nur von einem pekingfreundlichen Gremium gewählt. China hat versprochen, dass ihn die Bevölkerung ab 2017 direkt wählen kann. Diese fordert das jetzt ein.

Doch inzwischen hat China deutlich gemacht, dass die Hongkonger künftig nur Personen wählen dürfen, die von Peking vorausgewählt wurden. Seit Montag wird in Peking verhandelt, wie das als gemeinsame Politik mit Hongkongs Regierung formuliert werden kann. Dabei dürfte Chinas KP kaum von ihrer bisherigen Position abweichen.

Dieses Machtspiel ist weder klug noch vorausschauend. In China ist der Widerspruch zwischen Kapitalismus und autoritärem politischem System so evident wie ungelöst. Im Krisenfall kann sich dies eruptiv entladen, weil die Bevölkerung keine wirkungsvolle Mitsprache hat. Deshalb ist es an der Zeit, hier demokratische Reformen zu entwickeln, die friedliche Krisenlösungen ermöglichen. Echte demokratische Reformen dürften deshalb nicht nur Hongkongs Entwicklung fördern, sondern auch China politische Perspektiven aufzeigen. Doch gerade das scheint von Peking auf keinen Fall gewollt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!