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Dieses ist m. E. der Kernsatz des Artikels:
"Schon unter britischer Kolonialherrschaft war es den Bürgern Hongkongs nicht möglich, ihr Stadtoberhaupt frei zu wählen."
Die Briten hatten 99.Jahre Zeit, um genau zu sein sogar 173 Jahre (denn die erste Besetzung erfolgte sage und schreibe 1841 zur Zeit des 1. Opiumkrieges), ein demokratisches System zu installieren & die Mehrheit der Bürger Hongkongs bestimmen zu lassen. Sie hatten bestimmt gute Gründe dieses nicht zu tun. Auch der letzte Gouverneur, Chris Patton, der Hongkong 1997 auf immer verließ, war nicht gewählt worden und man kann zu 100 % davon ausgehen, daß er in freien Wahlen auch niemals an die Macht gekommen wäre.
Als 1982 die Verhandlungen mit der VR begannen fiel den Briten auf einmal ein (Ironie!), daß es ja nun ja wohl endlich mal demokratische Verhältnisse in Xianggang (so der chinesische Name der Stadt in der offiziellen Pinyin-Umschrift) gebe müsse - aber erst wenn die britischen Ratten das sinkende Schiff verlassen hatten.
ein Schelm wer böses dabei denkt.
JournalistInnen wie Jutta Lietsch kommen ihrer historischen Aufgabe in keiner Weise nach, wenn sie diese fundamentalen Tatsachen bei einer Kurzdarstellung der (modernen, denn es gibt noch eine mehr als tausendjährige zuvor) Geschichte von Xianggang einfach unterschlagen (http://taz.de/Zur-Geschichte-Hongkongs/!144845/).
Felix Lee kommt immerhin das Verdienst zu, darauf zumindest einmal hingewiesen zu haben.
Darstellungen, die ihren Zeitpunkt der Darstellung schlicht auf die Zeit NACH dem Handover verlegen, um die Regierung in Beijing als die einzig Schuldigen an der Misere darzustellen, bezeichne ich schlicht als Propaganda.
Grüße vom Xie
Die Kommunistische Partei Österreichs gilt als spannendste Linkspartei Europas. Georg Kurz will seine Erfahrungen nun in Die Linke einbringen.
Kommentar Proteste Hongkong: Peking ignoriert die wahren Probleme
Die Wahlreform in Hongkong ist nach hinten losgegangen. Das Volk geht auf die Straße. Die Demonstranten wollen aber mehr als Demokratie.
Chaos in Hongkongs Finanzdistrikt. Bild: reuters
Eigentlich hatte die chinesische Führung in Peking die Wahl des Hongkonger Regierungschefs für 2017 als Zugeständnis an die Menschen in der südchinesischen Sonderverwaltungszone gemeint. Schon unter britischer Kolonialherrschaft war es den Bürgern Hongkongs nicht möglich, ihr Stadtoberhaupt frei zu wählen. Und dass die zur Auswahl stehenden Kandidaten loyal zur Volksrepublik und der Sonderverwaltungszone zu stehen hatten, verstand sich aus Pekinger Sicht von selbst. Immerhin dürfen die Hongkonger künftig mitbestimmen, so der Gedanke.
Dass nun dennoch so viele Menschen in Hongkong für mehr Demokratie auf die Straße ziehen und sogar bereit sind, mit der Blockade des Finanzviertels das Herzstück der Wirtschaftsmetropole lahmzulegen, überrascht Peking. Doch genau das ist das Problem. Die wahren Gründe, weshalb nicht nur eine kleine oppositionelle Minderheit, sondern die Menschen in Massen auf die Straße ziehen, hat die chinesische Führung nicht erkannt: Es sind die wirtschaftlichen Nöte.
Seitdem Festlandchinesen fast ohne Beschränkungen Hongkong besuchen dürfen, platzt die Metropole aus allen Nähten. Die Immobilienpreise sind ins Unermessliche gestiegen. Die Industrie ist über die Grenze aufs chinesische Festland abgewandert. Wer nicht in der Finanzbranche oder im Servicesektor für die Millionen von chinesischen Touristen arbeitet, die jedes Wochenende und an den Feiertagen die Stadt überschwemmen, findet kaum mehr ein Auskommen. Während Hongkongs Superreiche immer reicher werden, schrumpft die Mittelschicht und droht zu verarmen.
Ausgerechnet die sich offiziell als kommunistisch bezeichnende Führung in Peking hat diese verheerende Entwicklung nicht erkannt. Sie hat stattdessen die Finanzmetropole als Versuchslabor des Kapitalismus missbraucht – einiges aber am Vorgehen ihres Vorgängers nicht verstanden. So kapitalistisch die Briten Hongkong geführt und mit Steuerfreiheit das Geld aus aller Welt in die südchinesische Hafenstadt gelockt haben – Hongkong hatte immerhin zugleich eines der umfassendsten sozialen Wohnungsbauprogramme. Das sicherte den sozialen Frieden.
Hat Hongkongs Entwicklung auch Signalwirkung für das restliche China? Ja, denn auch im Rest des Landes ignoriert die KP-Führung soziale Probleme der Bevölkerung.
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Kommentar von
Felix Lee
Wirtschaft & Umwelt
war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.
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