Kommentar Bügermeisterwahl Freiburg: Ein linker Sonderfall
Oberbürgermeister Dieter Salomon verlor gegen einen parteilosen Kandidaten. Ein Ende des grünen Erfolgs im Ländle bedeutet das aber nicht.
W ahlen werden immer weniger kalkulierbar. Jetzt hat also Freiburg Dieter Salomon abgewählt, 2002 der erste Grüne Oberbürgermeister einer Deutschen Großstadt. Die WählerInnen zogen dem erfahrenen Kommunalpolitiker einen 33-jährigen Politik-Newcomer ohne große Verwaltungserfahrung vor. Eine Entscheidung, die man durchaus leichtfertig finden kann. Aber für die meisten waren offenbar 16 Jahre Dieter Salomon, der spröde und auch besserwisserisch sein kann, mehr als genug.
Bürgermeisterwahlen sind in Baden-Württemberg Persönlichkeitswahlen, und in Freiburg war es wohl vor allem eine Frage des Stils. Martin Horn, der nun Freiburg vorsteht, hat versprochen, die Stadt mit den BürgerInnen gemeinsam zu gestalten und dabei im Wahlkampf auch Widersprüchliches versprochen. Daraus muss er nun erst einmal Politik machen. Die SPD, die den parteilosen Kandidaten unterstützt hat, hofft von Horns überraschendem Erfolg bei den den Kommunalwahlen und auch im Land profitieren zu können.
Bricht also mit dem Erdrutsch von Freiburg also die Grünendämmerung in Baden-Württemberg an? Wohl eher nicht, auch wenn an Kretschmann in Stuttgart gerade eine veritable Koalitionskrise nagt. Anders als im Land wurde der Wahlkampf in Freiburg links entschieden, das zeigt schon das hervorragende Ergebnis der dritten Kandidatin Monika Stein von 24 Prozent. Ein Ergebnis, von dem die Linke im Südwesten sonst nur träumen kann.
Auch hat es Dieter Salomon nichts genützt, dass er im zweiten Wahlgang offiziell von der CDU unterstützt worden ist. Deshalb sind alle Hoffnungen, vor allem in der SPD, dass mit dem Ende von Salomon auch der Siegeszug von Kretschmann gestoppt sein könnte, eher Aberglaube als politische Analyse.
Freibug ist übrigens auch in einem weiteren Punkt ein Sonderfall. Rechtspopulismus hat im Bürgermeisterwahlkampf in Freiburg keine Rolle gespielt. Zwei Kandidaten, die mit solchen Positionen punkten wollten, spielten für den Ausgang der Wahl keine Rolle. Darauf kann die Stadt allemal stolz sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt