Kommentar Bannon und Syrien-Politik: Trump wird Republikaner
Erst entmachtet er Stephen Bannon, dann zeigt Trump Mitgefühl gegenüber syrischen Giftgasopfern. Fährt der US-Präsident einen neuen Kurs?
I n eigenwilliger Gleichzeitigkeit sorgen der tödliche Giftgasangriff in Syrien und die Eskalation des Machtkampfs im Weißen Haus dafür, dass die Welt in diesen Tagen eine wieder neue Version des unberechenbaren Donald Trump kennenlernt. In Syrien, wo der US-Präsident bislang das Assad-Regime billigend in Kauf genommen hat, drohen die USA jetzt mit unilateralem Eingreifen.
Und im Weißen Haus ist der ultrarechte Nationalist Stephen Bannon, der wegen seines Einflusses auf Trump den Spitznamen „Präsident Bannon“ bekommen hat, degradiert worden. Er bleibt zwar „Chefstratege“, aber im Nationalen Sicherheitsrat rücken nun wieder die Militärs und Geheimdienstler auf die zentralen Plätze.
Beide Ereignisse suggerieren Rückkehr zum US-amerikanischen Normalzustand, in dem militärischer Interventionismus immer eine Option ist und Technokraten die Schaltstellen im Weißen Haus besetzen. Bei den Republikanern ist die Erleichterung über diese Wende deutlich zu spüren. Sie waren weder mit Trumps angekündigten Rückzügen aus internationalen militärischen Engagements noch mit dessen nationalistischem Berater einverstanden.
Nun können sie die Misserfolge der Trump-Präsidentschaft auf Bannon schieben. Trump selbst zeigt in der ersten großen internationalen Krise seiner Amtszeit plötzlich Mitgefühl mit Opfern in Syrien, aber zugleich folgt er seinem üblichen niederen Instinkt. In seiner Reaktion machte er seinen Amtsvorgänger für den Giftgasangriff verantwortlich. Tatsächlich hat Barack Obama seine „rote Linie“ nicht durchgesetzt, als Assad sie verletzte. Aber Trump selbst hat bislang nicht einmal „rote Linien“ definiert – sondern dem Diktator in Damaskus auf verschiedene Arten den Rücken gestärkt. Und in einer besonderen Härte gegenüber den Opfern des Krieges schottet er sein Land komplett gegen Flüchtlinge aus Syrien ab.
Berechenbar wird die Außen- und Militärpolitik des Weißen Hauses auch jetzt nicht. Bannons Degradierung zeigt aber, dass der republikanische Apparat, der monatelang von Trump entmachtet wirkte, doch noch mitzureden hat. Dass an die Stelle des radikal rechten Nationalisten Bannon, bei dem Chaos und „Dekonstruktion“ Programm sind, jetzt verstärkt Trumps Familienangehörige treten, ist ein kleineres Übel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja