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Kommentar Antisemitismus-VorwürfeSeltsame Querfronten

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Dass die Freie Universität eine Dozentin aufgrund höchst fragwürdiger Vorwürfe quasi suspendiert, ist skandalös. Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut.

Ist die Hochschule noch ein Ort der freien Meinungsäußerung? Henry-Ford-Bau der Freien Uni Berlin Foto: imago/Schöning

M an kann sich darüber streiten, ob es historisch angebracht ist, Israel als einen „Kolonialstaat“ zu bezeichnen oder von „Apartheid“ zu sprechen, um dessen Politik gegenüber den Palästinensern zu beschreiben. Und man kann sich darüber streiten, ob es moralisch angebracht ist, den Staat Israel zu boykottieren oder sogar für einen Israel-Boykott zu werben. Nicht streiten kann man sich aber darüber, dass man darüber streiten darf. Denn Meinungsunterschiede muss man in einer Demokratie aushalten. Das gehört zur Meinungsfreiheit, die durch das Grundgesetz geschützt ist.

Israels rechte Regierung möchte solche Debatten unterbinden. Sie betrachtet die internationale Boykottbewegung gegen ihr Land als eine ernste Gefahr, und manche ihrer Anhänger nutzen den Vorwurf des Antisemitismus, um ihrer Gegner zu diffamieren. Da ist inzwischen eine seltsame Querfront entstanden, die israelische Rechte und evangelikale Christen mit deutschen Linken vereint.

Dass die Freie Universität Berlin jetzt eine Dozentin quasi suspendiert, weil sie ihre Meinung zum Nahostkonflikt anstößig findet, ist ein Skandal. Und dass sie die „Antisemitismus“-Vorwürfe, die von obskurer rechter Seite gegen sie erhoben werden, auch noch durch eine wissenschaftliche Untersuchung adeln möchte, kommt fast schon einer Vorverurteilung gleich. Denn offen ist, wer genau diese „Untersuchung“ durchführen soll. Und offen ist auch, wer die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion auswählen soll, die dem Institut zu diesem Fall vorschwebt und die von den Betroffenen nur als eine Art Tribunal empfunden werden kann. Denn es besteht die Gefahr, dass sich die Ankläger hier auch zum Richter aufspielen.

Der Vorgang erscheint ziemlich beispiellos – und wenn man Vergleiche aus der jüngeren Geschichte sucht, dann fallen einem da etwa die Anhörungen vor dem „Komitee für unamerikanische Umtriebe“ in den USA der McCarty-Ära ein. Das ist keine gute Tradition, an die die ihrem Namen nach „Freie Universität“ anknüpft.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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17 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Wir haben es hier mit super-geschulten Propaganda-Leuten zu tun, die sich #hasbara fellows nennen (siehe im web 'Hasbara Fellowship')

     

    Außer Israel kenne ich keinen Staat, der solche #hasbara-Gruppen (auch #sayanim genannt) im Ausland einsetzt.

     

    Desmond Tutu: Boykottiert Israels Apartheid.

     

    Jimmy Carter-Buch/amazon: 'Frieden statt Apartheid'

     

    Ben White/amazon: Israeli-Apartheid-Beginners-Ben-White

    u.v.a.m.!

     

    In USA, Kanada, D, CH, A, Europa, .. haben Juden und Nichtjuden die gleichen Rechte; in Israel/Palästina nicht!

     

    Das ist der Punkt!

     

    Daher sprechen israelische Wissenschaftler von "zionistischer Ethnokratie" und nicht von Demokratie (zB Shlomo Sand)

     

    jew-only-Strassen, jew-only-Wohnungen, jew-only-Siedlungen, jew-only-Jobs, ... in Israel läßt sich nicht in Abrede stellen.

     

    Details: http://www.twitter.com/Vienna360

  • [...]



    Deshalb versuche ich es jetzt anders:







    1) Nein, Israel ist kein Apartheid- oder Kolonialstaat. Siehe dazu z. B. hier: http://elderofziyon.blogspot.com/p/eoz-posters-for-apartheid-week.html







    2) Nein, Israel verübt keinen Genozid an den Palästinensern.







    3) Diese Behauptungen sind nicht nur falsch, sondern fernab jeder Realität.







    4) Jemandem, der solche Behauptungen vertritt, muss man die wissenschaftliche Qualifikation absprechen, und folglich ist so jemand als Lehrperson ungeeignet.

     

    Kommentar gekürzt. Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen. Hinweise, Lob und Kritik an der Moderation können Sie gern an kommune@taz.de schicken. Danke, die Redaktion

  • Kommentar entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich.

     

    Danke, die Redaktion

  • "Man kann sich darüber streiten, ob es historisch angebracht ist, Israel als einen „Kolonialstaat“ zu bezeichnen oder von „Apartheid“ zu sprechen..."







    Klar, man kann über vieles streiten, z. B. auch darüber, ob Israel den Palästinensern das Wasser klaut oder ob es toten Palästinensern die Organe klaut oder ob es willkürlich Palästinenser tötet, nur weil sie zufällig ein Messer in der Hand halten, oder ob es an den Palästinensern einen Genozid verübt oder ob die Juden die westlichen Medien und Regierungen kontrollieren oder oder oder...







    [...]

    Dazu ein sehr treffendes Zitat von Leszek Kolakowski:



    "Der Antisemitismus ist ein Mangel an Kultur und Menschlichkeit, etwas, was im Gegensatz zu Theorie und Wissenschaft steht. Davon hat sich jeder überzeugt, der Gelegenheit hatte, mit einem Antisemiten eine jener hoffnungslosen Diskussionen zu führen, die immer dem Versuch ähneln, einem Tier das Sprechen beizubringen."

     

     

    Kommentar bearbeitet. Bitte bleiben Sie sachlich.

    Danke, die Redaktion

  • Wo ein Kommentar ist, kann der optimalerweise vorhergehende Bericht doch nicht weit sein, oder? Gibt's einen Link? Ich versteh nämlich gar nicht, worum genau es geht. Das, was Herr Bax andeutet, ist allerdings wirklich bedenklich. V.a. die Entlassung, weniger eine fair geleitete ? Diskussion.

    • @JuR:

      Der steht woanders: https://www.taz.de/Meinungsfreiheit-an-Berliner-Universitaet/!5372052/

       

      und dort kann ich gleich einen der unteren Kommentare von Jim Hawkins empfehlen, in dem ein Artikel verlinkt ist, der zur Abwechslung mal auf die tatsächlichen Blogtexte besagter Dozentin Bezug nimmt und die auch verlinkt. - Meine Güte! Informationsbeschaffung ist heutzutage eher ne Schnitzeljagd durch's Internet. Und ich hielt's einst für umständlich, in einer Bibliothek Archivzettel auszufüllen und BIS ZUM NÄCHSTEN TAG auf das Buch zu warten ...

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Schon eine kurze Recherche zeigt, dass Frau Roldán Mendivíl eine hartgesottene antiisraelische politische Aktivistin ist.



     

    [...]

    Kommentar bearbeitet. Bitte bleiben Sie sachlich.

    Danke, die Redaktion

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Wer sich selbst ein Bild von den Vorwürfen von "obskurer rechter Seite", also etwa dem Referats für Antifaschismus des AStA der FU Berlin und der Gruppe gegen jeden Antisemitismus machen will kann sich hier einen Eindruck verschaffen:

    https://de-de.facebook.com/gegenjedenasfuberlin/

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Danke für den Link. Er liefert wirklich mehr Details als der taz-Artikel. Da wird auxch gleich die Entscheidung des OSI nachvollziehbarer.

      • @rero:

        Da lesen Sie aber unkritisch. Ich habe den Bericht der "Jüdischen Rundschau" gelesen und finde darin hautsächlich Paranoia. Dass Frau Mendivil sich unter vielen anderen Dingen auch mit "Palästina" beschäftigt hat, wird ihr angekreidet und mit einem süffisanten (sic!) versehen, soll heißen : diese Frau ist so kriminell, dass sie von einem Land spricht, das nicht einmal in Gedanken existieren darf. Sie hat damals zur Zeit eines der beiden Gazakriege (zur Erinnerung: 1. "Krieg" 1300 Tote vs 13 Tote, 2. "Krieg" 2400 Tote vs 70 Tote) eine harmlose Petition unterschrieben (die hab ich hoffentlich auch unterschrieben), ein weiterer "Beweis" ihres von der Verfassung angeblich nicht mehr gedeckten Israelhasses. Dass sich die Petition an Länder richtet, die mit Israel eng" kooperieren" (wahrscheinlich Deutschland und USA) interpretiert die JR so, dass hier eine jüdische Weltverschwörung suggeriert würde. Wie bitte? Natürlich kooperiert Deutschland mit Israel, das würde dich auch Frau Merkel so ausdrücken! Unter welcher Paranoia muss man leiden, um dieses Wort im Kontext einer Petition antisemitisch zu finden.

        Ja , ich finde auch, die Bezeichnung von Israel als "Kolonialstaat" ist so nicht haltbar. Aber diskutabel durchaus. Denn dass es sich im Westjordanland de facto immer noch im eine Besatzung handelt oder jedenfalls nicht um einen von Israel unabhängigen Staat, steht doch außer Frage. Meine Meinung ist, dass sich die Journalist/innen der Jüdischen Rundschau, die wahrscheinlich nichts dagegen haben, wenn man die Existenz eines palästinensischen Volkes in Frage stellt, in einer Art Blase befinden, aus der sie nicht mehr herauskommen, weil sie immer fürchten, der jüdische Staat Israel könne in Gefahr geraten. Ich verstehe das einerseits, aber ich finde, niemand sollte sich davon um seinen gesunden Menschenverstand bringen lassen.

        • @JuR:

          auf der verlinkten Facebook Seite sind ganz konkrete Einzelbeispiele aufgelistet, es wurde danach das Gespräch mit der Dozentin gesucht und die hat ihren Standpunkt bestärkt, der insbesondere auch die Messerangriffe legitimiert. Das reicht mir zunächst mal.

  • Auch die Vertragsfreiheit ist ein hohes Gut. Es ist der Uni als Einrichtung des öffentlichen Dienstes sicher erlaubt, Leute nicht beschäftigen zu wollen, die Gewalt legitimieren.

    Einen Privatdozenten Höcke würde ich zum Beispiel auch nicht gern an einer Uni lehren sehen, eigentlich auch nicht an einer Schule....

    • @Dr. McSchreck:

      Ein mehr als von de Haaren hergezogener Vergleich. Israel und seine 'Sympathisanten' gehen überall gegen die sog. Boykotteure vor, weil sie Angst haben, dieser Boykott (wegen illegalen Siedlungen) könnte immer weiter Schule machen...

      • @Thomas Kniep:

        in Deutschland ist man eben vorsichtig mit Leuten, die "Kauft nicht beim Juden" sagen. Aus Gründen, an die Höcke sich nicht mehr gern erinnern will. Insoweit finde ich den Vergleich nicht so weit hergeholt.

         

        Es wäre etwas seltsam, wenn man jemanden in dieser Tradition im Staatsdienst beschäftigt. Meine Meinung.