Kommentar Anti-Terrorismus-Gesetze: Maas ist einer der Schärfsten
Deutschland hat schon jetzt sehr strenge Anti-Terror-Paragrafen. Das geplante Ausreiseverbot für Islamisten wird da kaum ins Gewicht fallen.
W as für eine bauernschlaue Prahlerei: „Wir werden eines der schärfsten Anti-Terrorismus-Gesetze in Europa haben“, sagte jetzt SPD-Justizminister Heiko Maas. Die Aussage ist korrekt, allerdings kommt es dabei auf die geplanten Verschärfungen gar nicht an. Denn Deutschland hat jetzt schon äußerst scharfe Anti-Terror-Paragrafen. Die zusätzlich geplante Bestrafung von Reisen in Kampfgebiete fällt da kaum noch ins Gewicht.
In der Praxis wird sich nicht viel ändern. Schon heute wird jeder Islamist, von dessen geplanter Ausreise die Polizei erfährt, auf dem Flughafen verhaftet. Das gilt als polizeirechtliche Maßnahme der Gefahrenabwehr. Es fehlte bisher also nicht an einer Handhabe, die Ausreise zu verhindern. Das Problem war und ist eher, dass Polizei und Verfassungsschutz die oft sehr kurzfristige Radikalisierung der Islamisten gar nicht mitbekommen. Erst wenn die Ausgereisten auf Facebook Grüße aus dem Dschihad posten, merken die Behörden, was los ist.
Strafverfahren wird es dann erst nach der Rückkehr geben. Dass schon die bloße Ausreise strafbar sein soll, treibt die Vorverlagerung des Strafrechts zwar auf eine neue absurde Spitze. In der Praxis wird aber auch das keine große Rolle spielen. Wer mit seiner Teilnahme an Terrorcamps oder Kämpfen geprahlt hat, für den kommt es auf die neue Strafbarkeit der Ausreise nicht an.
Und wo nur die Reise belegt werden kann, muss immer noch bewiesen werden, dass bereits bei der Vorbereitungshandlung die feste Absicht bestand, einen Terrorakt zu begehen. Das hat der Bundesgerichtshof 2014 in einem ähnlichen Fall entschieden.
Diese wichtige Einschränkung kennt natürlich auch Heiko Maas, der so ohne schlechtes Gewissen als einer der schärfsten Justizminister Europas posen kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner