Kommentar Anschlag in Bangladesch: Imagepflege statt Terrorabwehr
Die Strategie der Regierung, den Einfluss des IS im Land zu leugnen, ist fehlgeschlagen. Jetzt kann nur noch gut koordinierte Polizeiarbeit helfen.
H artnäckig leugnet die Regierung von Bangladesch, dass es im Land international vernetzte Terroristen gibt. Die Geiselnehmer seien Einheimische, so der Innenminister, der Angriff sei also nicht der Terrororganisation „Islamischen Staat“ zuzurechnen. Das ist ein Scheingegensatz, denn beides ist wahr: Die Täter sind Einheimische, und sie gehörem zum IS.
Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn seit dem Aufstieg von al-Qaida organisieren sich Terrorgruppen im Franchisemodell: Sie liefern die Ideologie und die Marke, mit der sich Gruppen weltweit radikalisieren und Anschläge verüben können. So schafft es der IS, in Syrien und Irak ein Gebiet zu kontrollieren, in Bagdad einen Anschlag mit 80 Todesopfern zu verüben und in Bangladesch eine Geiselnahme mit 20 Todesopfern durchzuführen.
Die Vorstellung, all diese Angriffe seien durch eine zentrale Gruppe gesteuert, ist absurd. Doch der Regierung in Bangladesch geht es wohl vor allem um ihr eigenes Image: Sie will nicht, dass dem Land, das ohnehin vor allem mit Armut, Korruption und Naturkatastrophen assoziiert wird, nun auch noch der internationalen Terrorismus als Makel anhaftet.
Mit der Geiselnahme am Wochenende wird Dhaka aber womöglich seine Strategie ändern müssen. Die Beteuerungen der Regierung, diese Angriffe hätten nichts mit dem IS oder mit al-Qaida zu tun, nimmt kaum noch jemand ernst. Mit dem Angriff auf einen Rückzugsort der Elite ist das Image nicht mehr nur mit Propaganda zu retten: Beim Deutschland-Italien-Spiel wurde eine Schweigeminute eingelegt. Millionen haben da die Wörter „Terrorismus“ und „Bangladesch“ in einem Satz gehört.
Es gibt aber auch einen anderen Weg: Polizeiarbeit. Als 2005 landesweit koordiniert 500 Anschläge verübt wurden, nahmen Sicherheitskräfte innerhalb eines Jahres die dahintersteckenden Terroristengruppe auseinander und stellten die Anführer vor Gericht. Das würde auch das Image der Regierung bei der Bevölkerung aufpolieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid