Kommentar Afrika-Konferenz in Berlin: Für die Ärmsten ruinös
Bei der Berliner Afrika-Konferenz werden Exportförderung und Entwicklungszusammenarbeit verquickt – mit problematischen Folgen.
D ie Wirtschaft war hochzufrieden: Sie bekam Bürgschaften, günstige Kredite und einen nagelneuen Investitionsfonds. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe „alle meine Wünsche erfüllt“, sagt Stefan Liebing, der Vorsitzende des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. Zu dessen Wünschen zählte unter anderem ein mit einer Milliarde Euro ausgestatteter „Entwicklungsinvestitionsfonds“. Genau diesen hat Merkel auf der „Compact with Africa“-Konferenz am Dienstag zugesagt.
Die Bundesregierung ist fest entschlossen, den traditionell Afrika-skeptischen deutschen Mittelstand zum Jagen zu tragen. Der lockende ökonomische Gewinn ist riesig und verschmilzt mit den Hoffnungen auf eine Eindämmung der Migration per Wirtschaftshilfe.
Dass sich Entwicklungszusammenarbeit mit Exportförderung vermischt, ist nicht neu. Neu ist das Ausmaß, in dem dies geschieht: Der Privatsektor wird in den G20-Initiativen zum entscheidenden Faktor. Zu groß, heißt es, sei der Investitionsbedarf, etwa bei der Infrastruktur in Afrika, als dass die öffentliche Hand genug Geld dafür bereitstellen könnte.
Doch je stärker der Privatsektor ins Spiel kommt, desto weniger ist das maßgeblich, was Entwicklungspolitik leisten soll: Armut bekämpfen, die Grundversorgung für alle sicherstellen, Grundrechte fördern, Zivilgesellschaft stärken.
Gewiss: Keine dieser Initiativen kommt heute aus, ohne ihre Verpflichtung auf genau diese Dinge zu beschwören. Doch die wirklich armen Länder des Kontinents sind gar nicht dabei. Mitmachen hingegen dürfen Autokraten und Diktatoren, die sich mit Gewalt an der Macht halten. Was die „Reformpartner“ eint, ist, dass sie auf dem Weg zur Schwellenökonomie sind – und nun angehalten werden, ihren öffentlichen Sektor kleinzukochen und möglichst weitgehend für die Privatwirtschaft zu öffnen. Ein Rezept, das in der Vergangenheit oft ruinöse Konsequenzen hatte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers