Kommentar Abschuss der MH 17: Über Zweifel zur Aufklärung
Die mutmaßlich gefälschten Satellitenbilder verstärken die Zweifel an der russischen Version des Ablaufs. Dafür können wir dankbar sein.
W ir wissen immer noch nicht, wer das malaysische Flugzeug MH 17 über der Ostukraine abgeschossen hat. Mit hundertprozentiger Sicherheit können wir das nur sagen, wenn wir ein Geständnis haben und die Fingerabdrücke auf der Abschussrampe zuordnen können. Doch weil es dazu wahrscheinlich in den nächsten Jahren nicht kommen wird, muss man für jede Initiative dankbar sein, die uns einem Ergebnis zumindest näherbringt.
Die Internetplattform „Bellingcat“ hat einen Stein ins Rollen gebracht, den auch die russische Seite nicht ignorieren kann. Wenn die Glaubwürdigkeit von zwei Fotos erschüttert ist, die Teil einer Kette sind, die die ukrainische Schuld am Abschuss der malaysischen Boeing beweisen sollen, ist die Frage nach der Glaubwürdigkeit der restlichen Beweise dieser Kette legitim.
Jetzt sind erst einmal EDV-Spezialisten aller Seiten gefragt, die die Bellingcat-Ergebnisse professionell untersuchen. Russland sollte seine besten Leute aufbieten, um sich mit den Anschuldigungen von Bellingcat auf der fachlichen Ebene auseinanderzusetzen. Eine derartige Auseinandersetzung um die Satellitenphotos wird uns alle weiterbringen.
Vor dem Ergebnis dieses Disputes sollten wir keine Angst mehr haben. Besser ein schreckliches Ergebnis als die zur Verzweiflung bringende Ungewissheit.
Moskau hat drei Möglichkeiten, auf die Bellingcat–Veröffentlichung zu reagieren: es kann auf der fachlichen Ebene von EDV-Spezialisten antworten. Vielleicht wird es auch versuchen, die Plattform Bellingcat in Misskredit zu bringen.
Völlig unakzeptabel wäre jedoch, wenn Moskau einfach so täte, als gäbe es die Bellingcat-Veröffentlichung überhaupt nicht. Im Zeitalter von Internet und Satellitenfernsehen dürfte das eigentlich keine Alternative mehr sein. Trotzdem sieht es so aus, als hätte sich Moskau für die dritte Variante entschieden. Eine Suche nach Bellingcat auf der Homepage des russischen Außenministeriums liefert genau Null Ergebnisse.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin