piwik no script img

Kolumne WortklaubereiDas Letzte

Kolumne
von Josef Winkler

Heute ist Ängsteernstnehmen modern. Darf man über Pegida trotzdem noch Witze machen? Nur, wenn einem noch welche einfallen.

Jaha, diese Islamisierung. Schlimm, schlimm, schlimm Bild: dpa

I ch weiß nicht: Darf man jetzt Witze über Pegida machen, oder fühlen die sich dann verunglimpft und verdoppeln sich aus lauter Trotz gleich wieder? Es heißt ja, dass man die Sorgen und Ängste dieser Bürger ernst nehmen muss. Oder war’s wahrnehmen? Annehmen? Jedenfalls irgend so was Sozpäd-„reden wir darüber“-Mäßiges, wie bei einem pubertierenden Teenager, bei dem man Angst hat, ihm allzu entschieden mit Vernunft zu kommen, weil er sonst noch komplett austickt und die Bude anzündet, in den Briefkasten scheißt oder sich was antut. Weil Pubertierende ja kein Gehirn im landläufigen Sinn haben.

Ach, Pegida. Mich regt da ja der Name schon auf. Aber was erwartet man von einer „Bewegung“ aus einem Land, in dem 60 Prozent der Bevölkerung Ronny, Peggy oder Mandy heißen. Die „Pegida-Bewegung“ – das klingt so ostig-medizinisch und, natürlich denkt man sofort an Darmbewegung und mit unschönem Geräusch verbundene Ausscheidungen, und so falsch liegt man da ja auch nicht. Dresden, Hauptstadt der Peristaltik.

Klar, früher hätte man gesagt: Jammer-Ossis, macht mal halblang! Grad mal aus der Glotze wissen, wie eine Moschee aussieht, und zwar schon mal läuten hören, dass es im Islam kein Christkind gibt und die Nase abgeschnitten wird, wenn man die Burka falschrum anzieht, aber freilich nicht in unserem Viertel, weil da gibt’s ja gar keine Muslime – aber pompös auf Bürgerrechtler machen gegen die „Islamisierung des Abendlandes“, als könnte der Islam was dafür, dass ihr zu doof wart, irgendwas aus den ca. 536 Fantastilliarden Aufbaukohle zu machen, die wir seit 25 Jahren zu euch rüberbuttern. Hätte man früher gesagt. Kann man heute nicht mehr so sagen. Heute ist Ängsteernstnehmen modern. Das sind nicht alles Nazis, werden wir ermahnt.

Wobei klar ist: Die Nazis waren ja auch nicht alle Nazis. Viele von denen waren zum Beispiel nur kackblöde Idioten. Oder verdummte Saudeppen. Auch vollidiotisierte Kniebiesler, gefühlskalte Wixer, empathiefreie Drecksäcke, frustrierte armselige Würstchen, gewalttätige Arschlöcher, selbstgerecht-zynische Brunzkacheln waren dabei, damals, und einem ähnlich breiten Spektrum menschlicher Dummbratzigkeit bietet jetzt eben Pegida ein Dach.

Man würde am liebsten...

Und da kann es dann schon reichen, ein deppertes Arschloch zu sein, und wenn man dann auf der Pegida-Demo rumsteht und vielleicht gar noch seine moosdoofe Fresse aufreißt, um einen kretinoiden Slogan zu plärren, den man sich von dem rechten Dreckspack, das die Party hier organisiert, ins Hirn hat scheißen lassen, dann könnt’s schon passieren, dass man für einen Nazi gehalten wird. Und wenn dann einer sagt, schau mal, Nazis!, dann tun sie verunglimpft und singen Weihnachtslieder, dass man am liebsten …

Ach, wenn ich überlege, mir fallen eh keine Witze über Pegida ein. Ich weiß auch, dass es unfair ist, die ganze Scheiße als ostdeutsches Phänomen darzustellen, aber hey … Es muss jetzt auch wirklich mal eine Ruhe sein. Dies war meine letzte Wortklauberei-Kolumne. Ich bedanke mir sehr fürs Lesen all die Zeit und wünsche das Beste fürs neue Jahr und weit darüber hinaus. Servus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    "Darf man über Pegida trotzdem noch Witze machen?.." Ja.

     

    P asst

    E igentlich

    G ut

    I n

    D ie

    A bfalltonne.

  • EEEEEY - was ist das denn jetzt????

     

    Einfach aus dem Staub machen, ja, wie haben wir's denn? Wir geneigten Leser erwarten eine Erklärung, mindestens unter Angabe der Adresse, bei der wir uns beschweren können!

    Zefix nochamoi!!!

  • Hoffentlich machen bei diesen Demos die Menschen nicht mit, die bei den Montagsdemos jahrelang gegen HARTZ IV protestiert hatten.

  • "... als könnte der Islam was dafür, dass ihr zu doof wart, irgendwas aus den ca. 536 Fantastilliarden Aufbaukohle zu machen, die wir seit 25 Jahren zu euch rüberbuttern. Hätte man früher gesagt. Kann man heute nicht mehr so sagen..."

     

    Das jemand zu doof wäre mit dem Geld für Ausbauost was anzufangen ist schon bissl daneben. Aber West vs Ost Deutschland geht immer.. das sollte man ernst nehmen, ja.

  • Brillant!

  • Verglichen mit der grauenhaften langweiligen Laberei, die Isolde Charim im Artikel "Der zentrale Zündstoff" abgeliefert hat, scheint hier jemand geschrieben zu haben, der wenigstens neben der erfreulich schönen Ausdrucksweise auch klar intellektuell inhaltlich im Vorteil ist.

     

    Danke dafür, dass man manchmal doch noch sich daran erfreuen darf, dass der westdeutsche Bildungsbürger noch nicht ausgestorben ist..

  • > aber hey …

    Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!

     

    Im Grunde stimmts ja, aber das mentale und rhetorische Niveau passt besser aufs Oktoberfest oder nach Dresden als in die taz.

     

    Für diesen Artikel zahle ich nicht.

    • @wazzabuzz:

      es passt aber. wie zum beispiel die faust aufs auge, oder ein grober keil auf einen groben klotz. oder meinetwegen inhaltlich und formal wütender sarkasmus auf dumpf-völkischen schwachsinn. und hey - es macht spass!