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Kolumne Wir retten die WeltWie falsch ist Richtiges von Falschen?

Bernhard Pötter
Kolumne
von Bernhard Pötter

E-Autos statt Diesel, Bio statt Quäl – schön, wenn die Menschen vernünftig sind. Aber was, wenn das aus seltsamen Motiven geschieht?

Autos für die Guten? Foto: ap

S chräg gegenüber von unserer Wohnung gibt es dieses zweifelhafte Etablissement. Zwischen Whisky-Shop und Blumenladen residiert: ein Makler. Die Nachbarn erzählen, er treibe beruflich die Mietpreise nach oben. Und neulich sah ich ihn, wie er in einen glänzenden schwarzen Wagen stieg. Einen Tesla Model S.

Seitdem grüble ich: Wenn die Falschen das Richtige tun – wird es dadurch falsch? Wenn diejenigen bei der Elektromobilität Gas geben, die man eigentlich auf dem Standstreifen parken will? Wenn der gefährlichste Wirrkopf der Welt durch sein Prahlen mit dem großen Atomknopf plötzlich Nord- und Südkorea wiedervereinigt? Wenn die AfD im Bundestag die Agrarpolitik als Ursache von Ökoproblemen benennt?

Ein altes Problem bei der Rettung der Welt: Was tun mit den Trittbrettfahrern? Lange wurde der Energiewende vorgeworfen, sie mache die Zahnärzte reich, die in Solaranlagen und Windkraftportfolios investieren konnten. Das stimmt. Den Boom bei Biolebensmitteln gebe es nur, weil sich die Bionade-Boheme damit von den armen Netto-Kunden abgrenzen wollten, hieß es dann. Stimmt zumindest teilweise.

Was ist Greenwashing? Was hilft?

Und jetzt die E-Autos. Die kann sich auch nicht jeder leisten, wenn er sein Geld nicht als Makler verdient. Sind sie angenehm, um den Abstand zum Dieselpöbel zu halten? Die Werbung propagiert jedenfalls, für die Rettung der Welt dürfe es auch mal ein bisschen mehr kosten.

Ehrlich gesagt: Ich hätte gar nichts dagegen, wenn die Society-Schnösel das grüne Leben für sich entdecken würden – statt einen Lifestyle zu propagieren, der sich einen Scheiß um morgen schert. Es wäre doch toll, wenn der Jetset nur noch in abgasfreie Flugzeuge stiege. Wenn sich Schöne und Schlanke nur noch an ökofairen Regionalbuffets bedienten. Oder wenn sie damit angäben, dass ihr CO2-Konto praktisch leer sei. Wenn im Trash-TV die Neureichen mit ihren ethischen Investments oder ihren geschützten Urwäldern prahlen würden. Oder wenn „plastische Chirurgie“ beim Kampf gegen den Kunststoff helfen könnte.

Sicher: Vieles ist Greenwashing, wo die Öko-Fassade die Zerstörung bemäntelt. Aber das dümmste Argument gegen Umwelt-Engagement war schon immer: „Die tun das nur, um Geld zu verdienen!“ Das wollen wir doch sehr hoffen, dass man mit guten grünen Ideen reich werden kann.

Im Englischen zumindest hört man keinen Unterschied zwischen „profit“ und „prophet“. Darüber kann man nun lange sinnieren. Oder sich bei Kraftwerken und Autos am kategorischen Imperativ des großen Umweltethikers Helmut Kohl (CDU) orientieren: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
Themen #Konsum
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14 Kommentare

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  • Weil man das nicht "rechnen" kann.

    Was wollen Sie da ansetzen und was ausser Acht lassen?

     

    Im Übrigen zeigt Ihr Ansatz schon den Grundfehler jedes Versuchs, da etwas rational greifbar zu machen: Sie haben eine vorgefertigte Meinung und wollen die jetzt nur irgendwie "wissenschaftlich" untermauert sehen.

     

    Vergessen Sie's. Hören Sie auf, so pseudowissenschaftlich Ihre Vorurteile bestätigt sehen zu wollen.

     

    Es geht nicht um 1000 oder 50 oder 100'000 Tote im Jahr oder um soundsoviel CO2, sondern nur darum, dass absolute Minimum and gegenseitigem Schaden erreichen zu wollen und langfristig zu MÜSSEN.

    Alles andere sind versteckte und legale Verbrechen an Ihren Mitmenschen, die wir im Moment noch fast alle vollziehen aus Unwissenheit, Sturheit und jahrlangem Öllobbyismus.

     

    Hängen Sie Ihren Rüssel mal eine halbe Stunde an Ihren Auspuff, dann lernen Sie 1:1, was Sie Ihrem Lebenraum und sich selbst antun.

  • Die Umweltfreundlichkeit von E-Autos ist in Deutschland ohnehin zu bezweifeln. Es ist bezeichnend, dass niemand Mal eine Gesamtbilanz versucht. Allein schon die Stromverluste vom Kraftwerk bis zum Motor sind erheblich. Dann wird der Strom wesentlich aus CO2-Quellen produziert.

     

    Warum rechnet das denn niemand Mal durch? Alles Politik.

  • "Wenn die Falschen das Richtige tun – wird es dadurch falsch? "

    Nein, wird es nicht.

    Denn was zählt ist das Gesamtergebnis unterm Strich, sprich der Gesamt CO2 ausstoß, wie das der einzelne persönlich tut ist in der Frage unwichtig. Ob freiwillig oder gesellschaftlich gesteuert.

    Persönlicher Verzicht ,konsequentes Handeln und persönliche Glaubwürdigkeit sind moralische Kategorien.

    Ebenso wird die soziale Frage nicht geklärt wenn jederman Makler doof findet oder gar Makler sich "sozial" verhalten wollen.

    Beides sind Probleme die nur gesamtgesellschaftlich gesteuert und gelöst werden können. Und zwar nicht durch persönliche Selbstkontrolle, sondern durch staatliche Organisationen, sprich Gesetze, Steuern und Abgaben.

    Moralisieren und persönliche Beschränkungen, um sich besser zu fühlen führen nur in der Gesamtheit zu Puritanismus und Dogmen, zu einer verstockten und engstirnigen Gesellschaft, das was genau diese Menschen eigentlich nicht wollen.

  • Ein Tesla ist nur umweltfreundlich, wenn man ihn mit einer anderen umweltschädlichen Luxuskarosse vergleicht. Und so ist es eine Frage des Standpunkts, ob der Makler jetzt vor allem umweltfeindlich mit dem Tesla protzt, oder ob einer sein umweltfeindliches protzen mit dem Tesla ein wenig weniger schlimm als möglich macht. Wer mit dem Flieger zum Ökoressort in den Urlaub fliegt, schädigt die Umwelt genauso - aber weniger als er ohne jegliches Gewissen machen würde. Wer dagegen mit dem Rad fährt verhält sich ökologisch deutlich besser.

    Wenn der Autor sich dagegen darüber beklagt, dass die "Falschen" sich ökologisch verhalten würden, so ist das ein menschenverachtendes Ausgrenzungsargument nach dem Motto: Ich mag Dich nicht und deshalb darfst Du auch nichts Gutes tun. An diesem Argument ist so ziemlich alles falsch. Leider finden wir es in unserer Gesellschaft sehr häufig - auch und gerade in der taz.

    • @Velofisch:

      Da stimme ich voll und ganz zu.

      Insgesamt zählt für die Umwelt eben nur was insgesamt an CO2 entsteht.

      Die puritanische Einstellung Gutes kann man nur tun, wenn man insgesamt nur gut ist. Ist ein ganz schlimmer Gedanke, der leider besonders oft in "linken", "alternativen", "ökologischen" oder wie man sie sonst noch titulieren will Kreisen immer wieder auftaucht und durchschimmert. Da wird ökologisches Verhalten zu einem moralischem und ausgrenzenden Dogma, besonders um sich von den vermeintlich Falschen abzugrenzen.

      Interessanterweise sind mittlerweile die größten Mülltrenner die sogenannten "Kleinbürger", während es in der sog." Mittelschicht" schon wieder hip ist, es zumindest in Frage zu stellen. Es geht eben mehr um die soziale (Abgrenzungs)frage, das Avantgarde sein, als um die Ökologie.

  • E-Autos kann sich jeder leisten, weil sie nämlich billiger sind. Nur jetzt noch nicht. Ich traue stets den Großen. Angesichts der Klage gegen Winterkorn sollten wir an die Aussage der jetzigen VW Führung denken. Vor über zehn Jahren hat der VW-Vorstand die Strategie festgelegt. Diesel oder Elektro? Das Argument war keineswegs Umwelt, sondern Umsatz und Gewinn. Die Marge bei Elektro ist geringer. Sie ist deshalb geringer, weil E-Autos länger halten. Zum großen Verdruß des Autobauers brauchen sie überdies weniger Wartung. Da sie eher für Car-sharing genutzt werden, braucht es insgesamt weniger Fahrzeuge. Da sind die importierten Zellen für die Akkus noch gar nicht eingerechnet. Doch selbst wenn die Gigafactory von Elon Musk niemals ins Rollen kommt, bei GM, Ford und Chrysler wird es klappen. Doch das ist nichts gegen Nissan, Hyundai und Toyota. Die müssen sich gegen BYD behaupten. Wie war das mit den Solarzellen? In China wurden sie unter den Herstellungskosten produziert, mittlerweile macht das Reich der Mitte wieder Gewinn. Da ein Elektroauto weniger Teile hat, wird es auch dauerhaft billiger sein als ein Verbrenner. Sobald die Fabriken für Stückzahlen da sind, werden die Konzerne einen anderen Ton anschlagen.

    • @mdarge:

      Aber ob E-Autos wirklich ökologischer sind? Stichwort Akkus, Stromerzeugung, und Verkehrsvermeidung....

      Speziell auf die Stromerzeugung gemünzt, bisher ist noch jede gute Idee durch die Realität entfremdet worden.

      Wenn das man nicht auch bei E-Autos passiert....

  • Weshalb sind Makler, Zahnärzte und der amerikanische Präsident per se "die Falschen" und ein Modeobjekt Tesla per se "das Richtige"?

     

    Eine merkwürdige Sichtweise des Autors auf die Welt und seine Umgebung.

    • @DiMa:

      Die Kategorisierung in Falsch und Richtig stellt nicht die Meinung des Autors dar. Er gibt nur wider, was andere manchmal so glauben.

      Und so etws ist keine Spezialität von "links", "alternativ" oder "ökologisch" titulierten Kreisen, sondern von unzufriedenen und verbitterten.

    • @DiMa:

      Stimmt. Einer, der Menschen in "Richtige" und "Falsche" einteilt, ist selbst ein "Falscher". Einer, der Trump verachtet und dabei doch genau so "tickt" wie Trump und seinesgleichen. Wenn so einer versucht, just am 200. Marx-Jubiläum in einem taz-Text schlauer zu sein als der Prophet/Profiteur der Kapitalismus-Analyse, muss mich das gar nicht jucken. Wenn "die Falschen" das Falsche tun, wird es davon schließlich garantiert nicht richtig. Die Erde wäre sonst bereits ein Paradies.

  • Wenn das das Ziel ist: Um besser zu sein, muss man weniger konsumieren.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Ach, wäre es doch nicht so schwer und spaßbefreit, immer das Richtige tun zu müssen, und dann auch noch aus den richtigen Gründen. Ich bin so froh, dass ich kein Grüner bin.

  • Ich habe noch nie von einem Unfall mit einem Tesla gehört, bei dem mehr als nur eine Person in besagter Luxuskarosse saß. Daran ist einfach nichts umweltfreundlich.

    • @xxxLCxxx:

      In der Tat. Teslafahren ist Greenwashing.