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Kolumne PressschlagGott hinter Gittern

Kolumne
von Markus Völker

Der Präsident des FC Bayern München wankt nach dem Urteil im Münchner Steuerprozess. Fallen wird er nicht. Gut so!

Für den FC Bayern nicht totzukriegen: Uli Hoeneß. Bild: dpa

N ach Meinung der Münchner Schickeria besteht die größte Verfehlung von Uli Hoeneß nicht darin, Steuern hinterzogen zu haben, sondern Button-Down-Hemden mit Schlips zu tragen. Wie geschmacklos!

München ist anders, das weiß man nicht erst seit dem Steuerprozess gegen Hoeneß. Unter dem weißblauen Firmament haben die Amigos, Gschaftlhuber, all die Großspurigen und Bauernschlauen schon immer ihr Refugium gefunden. Hoeneß war einer ihrer Anführer.

Als Würstlbaron und Fußballpatriarch hatte er ein besonderes Gespür für die klimatischen Bedingungen in diesem bajuwarischen Biotop. Dass er nicht ganz korrekt angezogen ist und ein paar Millionen unversteuert ließ, ja mei. Das wird ihm irgendwann verziehen werden hinterm Weißwurstmeridian. Oder doch nicht?

Der Mann, der es so brillant verstanden hat, Rücksichtslosigkeit mit Gefühlsduseligkeit zu verquicken, ist nun seine Posten los. Er hat sich in einer Erklärung von ihnen losgesagt, will „diesem großartigen Verein“ aber verbunden bleiben.

Mia san mia

Die Fans und Vereinsmitglieder, die über 75 Prozent an der FC Bayern München AG halten, haben ihren Boss trotz der Anklage auf Händen getragen. Erst als die Millionensummen immer abenteuerlicher wurden, sind sie ins Grübeln gekommen. Ist unser Uli vielleicht doch nicht der beste Mann? Mia san mia, okay, aber ist der Uli noch einer von uns?

Aber ja doch, darf man dem Dutzend zweifelnder Bayernfans auch nach diesem Knast-Urteil zurufen: Der Uli Hoeneß ist noch ganz der alte. Seine Rolle als Macher, Lenker, als Hansdampf kann er jetzt nicht ganz so ausfüllen wie gewohnt, aber auch die Chefs des Corleone-Clans haben hinter Gittern die Fäden in der Hand behalten.

Hoeneß ist den geleckten Herren der Deutschland AG, die der FC Bayern ja mittlerweile ist mit den Beteiligungen von Audi, Adidas und Allianz in der Aktiengesellschaft und VW, Unicredit sowie der Telekom im Aufsichtsrat, zuvorgekommen. Er bleibt die Verkörperung des roten Münchner Fußballs. Ein überdimensionales Maskottchen, das weiter von den Fans vergöttert wird.

Er hat da gute Vorbilder. Auch ein Franz Beckenbauer hat Steuern hinterzogen. Das hat seiner Strahlkraft als Lichtgestalt kaum geschadet. Bei Uli Hoeneß wird es ähnlich sein. Einer wie Hoeneß hört nicht unten auf, wie er einmal gesagt hat. So einer macht nur oben Schluss. Auch wenn es mal ein bisschen länger dauert.

Ein paar Lenze werden ins Land ziehen, und spätestens dann wird von diesem Prozess nicht mehr viel übrig sein als ein paar verblichene Flecke auf der Weste von Hoeneß. Er sollte dann vielleicht ein gestärktes Hemd mit Tabkragen darunter tragen, klassisch mit Krawatte.

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22 Kommentare

 / 
  • aber mal ehrlich, sind nicht beide Uniformversionen total spießig?

  • dass jetzt ein eine Kanzlerin öffentlich ihren Respekt kundtut, wenn ein Straftäter "freiwillig" seine Strafe auf sich nimmt, DAS schlägt wohl dem Fass den Boden aus, das ist obszön, das ist...mir fehlen die Worte

    • @luma:

      wir sollten nicht vergessen das es sich hier nur um Geld handelt, ein Gut das wir doch alle erhoffen, das doch nicht mit Verbrechen in einem Atemzug genannt werden darf. Schließlich sind wir, je mehr wir haben, desto wichtiger als öffentliche Moralinstanz. Er wollte ja nicht dem Karl-Heinz, oder Matthias, das Messer in die Brust rammen, er wollte lediglich sein Häuschen etwas ausbauen oder solche Dinge erledigen. Aber mal ehrlich, ist irgendjemandem klar warum der Wulff so tyrannisiert wird? War da vielleicht ein Richter der SPD zugange?....

  • N
    Nichtvergesser

    Wir sollten alle mal nicht vergessen, dass Herr Hoeneß zur Selbstanzeige schritt, als er von den Journalistenrecherchen erfuhr. Und er wollte denen zuvor kommen. So begann dieses Geschehen.

     

    Von wegen aufrecht und so weiter.

  • P
    paul

    Das Urteil ist und bleibt skandalös - niedrig. Zur Erinnerung:Es geht hier um 28 000 000 € inklusive einer erst auf Druck entstandenen Selbstanzeige bzw. des Versuchs der Vertuschung. Vielleicht vielleicht geht's um noch mehr.

     

    Aber wenn er rauskommt,berichtet Bild, gibts ein großes Spalier, 'ne Fahrt im offenen Cabrio und anschließend die Heiligsprechung vom Pabst oder ersatzweise von Seehofer. Von den "Fans" sowieso.

     

    Ich jedenfalls verstehe das nicht mehr. Mit Gerechtigkeit hat das nix zu tun.

  • S
    SchlafWeiterDeutschland

    Die Wellness-Oase,

     

    in der er wohnen darf

    (mit Zwiebeltürmchen)

     

    können sich die meisten nicht mal

     

    nach Lebenslanger Arbeit leisten.

     

    Ein Hort der Exclusivität.

     

    Schön, dass Hoenes Rechtsstaatlichkeit geniesst:

     

    Erst Urteil, dann Strafe.

     

    Harz4er haben dass nicht:

     

    Erst Obdachlosigkeit und Suppenküche,

     

    dann Verfahren (falls die Gerichtspost Einen noch erreicht).

     

    Du,

     

    Du mein Leser,

     

    bist näher an Hartz4 als an Hunderten von Millionen an Vermögen!

     

    ,

  • S
    Satiricus

    Nein – Sorgen braucht sich niemand um ihn. Nachdem wohl im Interesse aller Beteiligten „Kurzer Prozess“ gemacht wurde, bereitet er sich auf seine neuen Aufgaben und dem daraus resultierenden Tagesablauf vor. Frühstück im Einzelzimmer oder gemeinsam mit den Insassen. Anschließend leistet er Trainerarbeit bei der neu gegründeten Gefängnis- Fußballmannschaft U.H. Zelle. Nach dem Mittagessen benötigt er etwas Ruhe um seine tägliche Autogrammstunde zu bewältigen. Ein paar Zeilen für den Ghostwriter für sein Buch „Nach dem Knast ist vor dem Knast“ müssen auch noch drin sein – Vor dem Abendessen interessieren Ihn besonders die Absatzzahlen seiner neuen Produktlinie „Gitter – Rostbratwürstchen“ welche vor und in den Stadien verkauft werden. Durch seine hier neu entstandenen „Kontakte“ spart sich die Gesellschaft die Kosten für die Resozialisierung – denn jetzt weiß er wie man es das nächste Mal “Richtig" macht !

  • 4G
    442 (Profil gelöscht)

    Ich verstehe die Aufregung nicht. Nach meinen Informationen hat Uli Hoeneß doch längst einen neuen Job - in der JVA-Landsberg am Lech:

     

    Uli Hoeneß vor neuer Management-Aufgabe

    http://www.polenum.com/politik_energie_umwelt_meinung/uli-hoeness-vor-neuer-management-aufgabe-jva-318/

  • M
    MS

    Selbst jetzt, da Hoeneß, den einige für den Schwerverbrecher schlechthin halten, Größe zeigt, ergötzt man sich in Häme und Verleumdung.

     

    Was sagt das eigentlich über euren Charakter aus?

    • @MS:

      Mit 3,5 Jahren ist er glimpflich davongekommen. Der BGH ist meistens weniger zimperlich. Hoeneß weiß das und macht nun einen auf reuigen Sünder zwecks Imagepolitur.

       

      Das zu erkennen, sagt übrigens nichts über den Charakter, aber ein bisschen was über den Geist aus ;-)

  • Da schau her -

     

    Verzicht auf Revision=Anstand

     

    geht's noch?

    erst Elfmeter - dann Millionen versemmeln!

     

    aber jetzt -

    kaum ist das Pulver verraucht -

    einen auf dufte machen!

     

    Uli - vergiss'es!

     

    Den Rechtsmittelverzicht kann/wird

    man wohl ganz anders lesen müssen;

     

    in einem Revisionsverfahren könnte sich

    nämlich sehr schnell erweisen,

    daß außermunic dem BGH

    das milde Strafmaß sauer aufstoßen könnte;

    das Verböserungsverbot auszuhebeln

    ist einem Obersten Bundesgericht dieses

    Zuschnitts - eine leichte Übung;

    (schwerer Fall/noch mehr Mio/grawierender

    Aufklärungsmangel etc)

     

    genau das - du Krachleder-Baazi

    werden dir deine

    durchblickenden Anwälte

    schnell und deutlich

    klar gemacht haben;

     

    ergo: der Runde muß ins Eckige;

    (& einfach mal den Rand halten;

    denk einfach mal an deine Familie)

    • @Lowandorder:

      Bingo!

  • BS
    Branco Schuck

    Ich gehöre auch zu denjenigen, die sich jetzt fragen, nachdem UH keine Revision einlegt, ob da vielleicht noch viel mehr rausgekommen wäre. Aber egal, das Thema ist jetzt mal durch.

    Nicht durch ist jedoch die Botschaft an alle, auf die der deutsche Fiskus ja noch setzt, die über das Istrument der Selbstanzeige zur Steuerehrlichkeit zurückkehren und vor allem die Kohl nachzahlen sollen. Die Botschaft lautet nämlich: Lass es besser sein, das ist wie russisches Roulette mit nur einer leeren Patronenhülse. Die deutschen Oberlehrer und Piefkes die von Gerechtigkeit träumen während sich Tausende weiter die Taschen vollstopfen, werden bei den nächsten Steuererhöhungen daran erinnert, dass es am Ende weniger um Haftstrafen als vielmehr um die Steuereinnahmen von allen gegangen wäre.

    • E
      Emilliano
      @Branco Schuck:

      UH hätte es ja auch wie Alice Schwarzer machen können: Aus eigenem Antrieb heraus eine vollständige Selbstanzeige abliefern.

       

      Was hat UH gemacht? Angesichts der drohenden Ermnittlungen, ausgelöst durch Nachforschungen des STERN, hat er in einer Nacht- und Nebelaktion, eine unvollständige Selbstanzeige gebastelt, die jetzt - wohl zurecht - nicht als strafbefreiend akzeptiert wurde. So what?

    • GN
      Gehts noch?
      @Branco Schuck:

      Hoeness hat sich erst unter dem Druck journalistischer Ermittlungen, von denen er befürchten mußte, daß sie seinen Namen zu Tage fördern würden, zu einer Selbstanzeige durchgerungen. Das hat mit der geforderten Freiwilligkeit nichts zu tun.

       

      Er hat anschliessend nur unzureichend Auskunft gegeben, wesentliches fast ein Jahr bis zwei Wochen vor Prozessbeginn zurückgehalten, so daß die Anklage zunächst nur 3,5 Mio Hinterziehung nannte. Das hat nichts mit der geforderten Offenheit zu tun.

       

      Er hat dann selbst zum Auftakt des Prozesses 18,5 Mio "zugegeben" - und dabei wiederum fast 9 Mio verschwiegen. Das hat mit Ehrlichkeit und Läuterung nichts zu tun.

       

      Zudem hat er sich vor seiner Enttarnung in Fernseh-Talkshows jahrelang mit äußerster Vehemenz für ein Steuerabkommen mit der Schweiz eingesetzt. Ein Abkommen, welches seine Verbrechen im Nachhinein legalisiert hätte.

       

      Man stelle sich da mal einen Prominenten vor, der Straffreiheit für Raubüberfälle fordert und dann kommt heraus, daß der Herr selber jahrelang Raubüberfälle begangen hat. Und er stellt sich hin und sagt: "Ja, sorry, da war so ein Drang in mir, aber jetzt bin ich drüber weg..."

       

      Nein, für jemanden der den Staat über Jahre hinweg betrügt und gleichzeitig noch seine Firma arm rechnet um zusätzlich Steuergeld zu erhalten, für den kann es nur eine lange Gefängnisstrafe ohne Bewährung geben. Sieben oder acht Jahre mit Hafterleichterungen nach frühestens der Hälfte der zu verbüßenden Strafe wäre angemessen gewesen, zusätzlich Pfändung aller Konten, Aktien, Immobilien, etc.

       

      So einer muss noch mal anfangen, und zwar von ganz unten.

  • AH
    Arnold Herzog

    Ich war 43 Jahre Vorsitzender eines Sportvereins in Württemberg.

    (VfB-Anhänger) Die Leistung von Uli Höneß habe ich immer bewundert

    und war deshalb maßlos über seinen Steuerbetrug endtäuscht. Was er allerdings jetzt gemacht hat (Rücktritt,geht ins Gefängnis)verdient uneingeschränkten Respekt. Wer hätte das sonst gemacht?

    • @Arnold Herzog:

      "..Wer hätte das sonst gemacht?.."

       

      „Das hätte jeder gemacht!" (Uli-Hoeneß-Traditional)

      Denn: Lieber mit 62 max 24 Mon. real absitzen als mit 64 vllt. sogar mehr. Verblödet ist er noch nicht. Und der Rücktritt war doch unausweichlich. Dann macht selbst U.H. das „freiwillig".

      • M
        M.
        @lichtgestalt:

        SO ISSES

        >> Jetzt kann man (er sich vielleicht selbst auch) wünschen, dass die Staatsanwaltschaft NICHT !! auch die Revision verwirft..

        --dann bleibt UH in nder Sicht der Öffentlichkeit generell als wirklich reuiger Mensch zurück

        --die Gefahr, dass es zu einer höheren Strafe kommt,ist gering...sogar Chance auf geringere -ohne dass er selbst dafür gekämpft hat

        --er kann noch ca 1 Jahr zu Hause bleiben und sein Leben dort neu ordnen

    • R
      rotekarte
      @Arnold Herzog:

      Wer hätte das sonst gemacht? Na alle Kriminellen, die zu einer Haftstrafe verurteilt wurden.

  • W
    Wolfgang

    Richtig wäre die Gleichbehandlung:

     

    1. entschädigungslose Enteignung

     

    2. geschlossene Haft, nicht unter 9 Jahren - ohne Bewährung!

     

    3. danach in den offenen Hartz-IV-Strafvollzug für Arbeitslose:

     

    Regelleistung bzw. gesetzliche Grundsicherung / Sozialhilfe bis zum Lebensende, unter den Bedingungen der ALG-II - "Eingliederungsvereinbarung", u. a. Meldepflicht am Wohnort, regelmäßige Vorlage aller Kontoauszüge, kontrollierte Minijobs im Alter.

     

    Gleichstellung mit vier Millionen Armutsrentner/innen - aus der vormals wert- und mehrwertschöpfenden werktätigen Bevölkerung!

  • Na erstmal abwarten. Bis zur nächsten Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof in ca. einem Jahr bleibt er ja frei. Bis dahin haben die Medien ja vielleicht was anderes zu tun und das ganze wird vergessen...

     

    Sieht irgendwer den Hoeneß im Knast?

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Der Kommentator:

      Die Revision halte ich für nicht mehr als einen Aufschub, am Urteil wird sie nicht viel ändern.

      Dass die Hoeneß-Geschichte bis dahin aus den Schlagzeilen verschwunden sein wird, ist verkraftbar.

      Und, ja ich sehe ihn schon im Knast - allerdings mit Freigang, für seine Hobbys.